Marcha en Upala

von 13 josina  



Mittwoch Vormittag bekamen mein Mitfreiwilliger und ich die Nachricht, dass wir am nächsten Mittag gegen halb zwei abgeholt werden und am Freitag irgendwann zurück kommen werden. Soweit so gut, denn langsam ist man es gewöhnt mit wenigen Informationen Vorlieb nehmen zu müssen - oder zu dürfen? Wer will schon immer genau wissen was ihn erwartet..? Immerhin wussten wir, dass gelaufen wird (daher: nicht nur FlipFlops mitnehmen) und dass Transport, Unterkunft und Essen übernommen wird. Ist das nicht ausreichend?

Mittwoch Nachmittag kamen Suray und Wilmar (die (Mit-)Gründer FEDEAGUAs) vorbei. In einigen Telefonaten, die hauptsächlich Suray tätigte, konnte ich aufschnappen, dass es nach Upala (nördliches Costa Rica) geht. Außerdem handelt es wohl "irgendwie von Wasser". So sammelt man sich seine Infos nunmal nach und nach zusammen..

Von unserem Chef bekamen wir noch den Hinweis, dass es dort „sehr kalt“ ist. Na gut, dann kommt eben ein Extra-Pulli mit. Außerdem sollten wir Bettlaken, Sonnencreme und eine Kopfbedeckung mitnehmen.

Donnerstag Mittag, 13:30 Uhr, geplante Abfahrt. Mit dem Wissen, dass die ticos die Pünktlichkeit etwas anders auslegen, stehen wir ganz entspannt 20 Minuten später abholbereit an der Straße – es war abzusehen, dass wir noch weitere 25 Minuten warten mussten. Aber was soll’s? Wir haben keinen Zeitdruck.

Unterwegs werden noch einige Personen eingesammelt, sodass wir schließlich 25 Leute in dem Kleinbus sind. Ich werde dabei das Gefühl nicht los, dass sich die Großfamilie auf dem Weg zu einem Ausflug in den Freizeitpark befindet.

Nach guten zweieinhalb Stunden sind wir am Ziel: Canalete - nahe Upala. Wir waren bereits sieben Kilometer an unserem Ziel vorbei gefahren, als der Hinweis aus dem hinteren Teil des Busses kam, dass wir nach Canalete müssen. Da stellt man sich schon die Frage: Was wird vorher mit dem Fahrer abgesprochen? Warum besteht er nicht darauf zu erfahren, wo er eigentlich hinfahren soll? Jaja, der Informationsfluss mal wieder..

Naja, wir sind ja trotzdem angekommen. Und zwar direkt am Salon Comunal – der mehr einer Lagerhalle als etwas Vergleichbarem wie einem Gemeindehaus ähnelt. Ansonsten gibt es hier nicht viel mehr außer des obligatorischen Fußballplatzes in der Ortsmitte, einer Kirchen, einigen Bars, verschiedenen Pulperias (Kleiner Kiosk) und eines Supermarktes. Ein Rundgang durch den Ort ist somit auch schnell erledigt. Danach beginnt die große Zeit des Wartens, keiner scheint zu wissen was als nächstes passiert.
Langsam steigt bei einigen ein Hungergefühl auf, welches nach einiger Zeit zu zunehmender Unzufriedenheit führt. Andere vertreiben sich schon frühzeitig die Wartezeit in einer der Bars mit einem „Imperial“ (Nationalbier Costa Ricas).

Da in der Zwischenzeit einige Schaumstoffmatten auftauchen, ist anzunehmen, dass wir an diesem wunderschönen, gemütlichen Ort wohl wirklich unser Nachtlager aufschlagen würden.

Kurzes Resumée: 3 Duschen für ca. 40 Frauen (bei den Männern war es ähnlich), leider zwei davon abgeschlossen, zudem keine Beleuchtung der sanitären Anlagen. Ich finde die Situation absolut nicht schlimm, aber einige ältere Damen empören sich und beklagen, sie würden lieber an einem sauberen Ort schlafen – nachvollziehbarer Weise. Aber auch sie geben sich nach kurzer Zeit mit den vorgefundenen Umständen zufrieden.

Da war es aber immer noch: das Problem Hunger! Gegen halb acht trifft ein Pick-Up mit einer Menge Plátanos (Kochbananen), Reis, Bohnen und Limonen ein. Darauf folgt zwangsläufig das Kleinschneiden: zwischen fünf und zehn Leuten sind nun damit beschäftigt das Essen für rund 75 Personen zuzubereiten – das dauert aber seine Zeit. Der Hunger ist in der Zwischenzeit bei einigen so groß, dass 'agua dulce' zubereitet und verteilt wird. Die Mischung aus dem Saft aus Zuckerrohr und heißem Wasser soll sehr nahrhaft sein und war für die arme Bevölkerung des Landes lange Zeit das einzige Süßungsmittel, welches sie besaßen, erzählt mir eine der älteren Damen. Um neun Uhr abends ist es dann endlich soweit, das Essen ist zubereitet und die Teller in kürzester Zeit wieder leer gegessen.

Danach wird das Frühstück vorbereitet, denn um sieben Uhr morgens soll es losgehen! Es wird sogar explizit erwähnt, dass alle pünktlich fertig sein sollen. Merkwürdig, kennt man gar nicht!

Nachts regnet es so stark, dass man davon mehrmals aufwacht. Regen? Den gibt es in Guanacaste seit Mitte Dezember nicht mehr – im April verirrten sich nun die ersten, vereinzelten Schauer in der Gegend um Nicoya. Er wurde von vielen bereits sehnsüchtig erwartet.

Am nächsten Morgen klingeln die Wecker ab fünf Uhr. Trotz der Dunkelheit trauen sich die ersten schon unter die kalte Dusche, andere bereiten das Frühstück zu. Für die große Anzahl an Personen läuft alles ziemlich gesittet ab und siehe da, um 7:10 Uhr ist tatsächlich Abfahrt! Es geht ca. drei Kilometer Richtung Upala zu dem Startpunkt der Demonstration.

Es ist eine Demonstration gegen ein Großprojekt: der Fluss in der Nähe soll aufgestaut werden um dadurch Elektrizität aus einem Wasserkraftwerk zu gewinnen. Die Partizipanten der Demo sehen das Leben in ihrem Fluss gefährdet, außerdem müssten oberhalb des Staudamms etliche Familien umgesiedelt werden, da ihre Wohngebiete überflutet werden würden.
Weitere Informationen zur Wasserkraft, sowie deren Vor- und Nachteilen sind hier nachzulesen


Demonstrationszug auf dem Weg.


Als es endlich losgeht, machen sich knapp 100 Leute auf den Weg. Nach und nach kommen immer mehr hinzu, sodass am Ende etwa 300 Demonstranten marschieren. Die Strecke von fünf Kilometern dauert etwas mehr als 3,5 Stunden. Ausreichend Zeit um das Geschehen fotografisch festzuhalten ..

An dieser Stelle frage ich mich aber: wo ist die Unterstützung der Lokalbevölkerung? Etliche Teilnehmer waren aus verschiedenen Teilen Costa Ricas angereist, sogar aus dem „Sur Sur“, dem äußersten Süden des Landes. Wenn die alle nicht gekommen wären, wäre die Teilnehmerzahl der Veranstaltung doch sehr überschaubar geblieben.

Der Umzug bleibt insgesamt sehr ruhig. Erst gegen Ende, als immer mehr Teilnehmer hinzuströmen, werden die Schlachtrufe von Trommeln begleitet und das Ganze gewinnt an Stimmung. Zuvor war es eher ein Gefühl des Spazierengehens gemeinsam mit einer Gruppe aus vielen Leuten.


Besichtigung am Fluß


Nachdem wir unser Ziel, die municipalidad (eine Art Rathaus) Upalas erreicht haben, geht das große Warten wieder von vorne los. Keiner weiß was als nächstes passieren wird. So geht es etwa eine Dreiviertelstunde ehe unser Kleinbus auftaucht. Mit dem fahren wir einige Kilometer zurück zu einem Waldstück. Auch die anderen Personen werden zu Hunderten angekarrt und so marschieren wir gemeinsam bis zu dem Fluss, um den es die ganze Zeit geht. Aber an einer Stelle geht es nicht weiter - Sackgasse sozusagen. Der Großteil sieht sich fragend um, die meisten mal wieder auf der Suche nach etwas Essbarem. Es war vorher die Rede von einer großen Finca, auf der ein gemeinsames Mittagessen stattfinden sollte. Andere nutzen die Gelegenheit und machen es richtig und springen in den Fluss, um sich abzukühlen.

Dann kommt er wieder, der Pick-Up mit dem Essen: und wieder sind Reis und Bohnen, Plátanos, etwas Salat und Eistee dabei. Es bildet sich schnell eine nicht zu enden scheinende Schlange mit vielen hungrigen Mündern, die alle gestopft werden wollen.

Ich bekomme die ehrenvolle Aufgabe den fresco (Eistee) auszuschütten und obwohl die Schlücke, die ich in die Becher fülle, immer kleiner werden, reicht es vorne und hinten nicht aus, sodass die Letzten sich ohne etwas zu trinken zu bekommen zufrieden geben müssen. Immerhin reicht das Essen aus. Jedoch nicht die Teller, und so werden kurzerhand Bananenblätter auf die bereits benutzten Teller gelegt – eine sehr clevere Art den Mangel an Geschirr zu handhaben.

Ich versuche möglichst viele Teller, die zurückgehen, anzunehmen und geordnet zu stapeln, um ein größeres Chaos auf der überschaubaren Ladefläche des kleinen Transporters zu vermeiden.

Nachdem alle gesättigt sind, löst sich die Menge rasch auf. Und so geht es auch für uns Richtung Heimat. Etwas erschöpft sind wir zwar, aber eine interessante Erfahrung mit vielen verschiedenen Eindrücken war es auf jeden Fall!

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1 Kommentar

Kommentar von: Magda [Besucher]

Wow, eine Dusche für 40 Mädels… gut dass ihr da nicht längere Zeit geplant hattet^^ Aber ansonsten klingt das alles ja aus deiner Sicht ziemlich entspannt. Find ich cool;) Hier läuft aber ja bei solchen Großveranstaltungen auch nicht immer alles rund:) gerade bei der Verpflegung oder dem Ablauf.


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