Meine erste Konferenz

von 13 fabian  


Im Konferenzsaal

Von 7. bis 10. April fand in Costa Ricas Hauptstadt San José eine internationale Konferenz zum Thema "Zahlungen für Umweltdienstleistungen von tropischen Wäldern" statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Welternährungsorganisation (FAO), der Internationalen Tropenholz-Organisation (ITTO) und der costaricanischen Regierung.

Unter "Zahlungen für Umweltdienstleistungen" versteht man finanzielle Vergütungen für Eigentümer von Flächen, auf denen die Natur "Dienstleistungen" für die Menschheit bereitstellt, für die ansonsten niemand bezahlt. Das bedeutet, dass zum Beispiel Eigentümer von Wäldern finanzielle Ausgleichszahlungen bekommen, wenn sie den Wald nachhaltig bewirtschaften und für Vielfalt sorgen, weil dieser Wald wichtige Sachen für die Menschen "produziert" (z.B. frische Luft, Lebensraum für Tiere, Bodenschutz, Trinkwasserschutz, landschaftliche Schönheit etc.). Diese Zahlungen sollten von den Nutzern dieser Umwelt-Dienstleistungen finanziert werden. Oft werden Umwelt-Dienstleistungen in vier Kategorien unterteilt:
1) bereitstellend (Nahrung, Wasser) 2) regulierend (Kontrolle von Klima und Schädlingen) | 3) unterstützend (Nährstoffkreisläufe, Bestäubung von Nutzpflanzen) | 4) kulturell (Spiritualität, Erholung)

Ein konkretes Beispiel aus Japan: Die Einwohner einer Stadt zahlen eine Art von Steuer. Mit diesem Geld kauft die Stadt Gebiete, die für die Trinkwasserversorgung der Stadt wichtig sind. Dort wird dann ein Mischwald gepflanzt, um den Boden vor Erosion zu schützen. Die Bäume verbessern zudem die Filterwirkung des Bodens. Landwirtschaftliche Tätigkeiten sind in den Gebieten verboten, damit keine Pestizide oder Düngemittel das Trinkwasser verunreinigen. Die Einwohner der Stadt sichern sich so eine saubere und sichere Trinkwasserversorgung. Ein anderes Beispiel ist die ökologische Landwirtschaft: als Konsument zahlt man einen höheren Preis und dafür praktiziert der Landwirt eine umweltschonendere Art von Landwirtschaft, von der z.B. Trinkwasserqualität und Biodiversität profitieren, was letztlich wieder ein wichtiger Service für alle Menschen ist.

Meine Mitfreiwillige Corinna und ich hatten die Möglichkeit an dieser Konferenz teilzunehmen, da die Teilnahme kostenlos war. Man konnte sich sogar für ein Sponsoring für ein Hotelzimmer bewerben (die Konferenz fand in einem 5-Sterne-Hotel statt). Leider war dafür aber die Frist schon abgelaufen und so kamen wir wie immer im "Casa Ridgeway"-Hostel unter. Daher mussten wir jeden Morgen mit dem Bus ca. 45 Minuten fahren, um die knapp vier Kilometer zur Konferenz zurückzulegen. Das Resultat von zu engen Straßen, zu vielen Autos, Taxis und Bussen und teilweise chaotischem Verhalten der Verkehrsteilnehmer. Zu Fuß hätten wir laut GoogleMaps sogar etwas kürzer gebraucht... Von dem 5-Sterne-Hotel haben wir trotzdem profitiert, da es vor- und nachmittags jeweils eine Kaffee-/Teepause mit Häppchen und mittags ein sehr leckeres und reichhaltiges Buffet gab. Somit war die ausreichende Zufuhr von Nährstoffen auf jeden Fall sichergestellt und wir wurden während den Vorträgen und Diskussionen nicht von Hunger abgelenkt.


Ablenkung vom Konferenzgeschehen (Photo: Corinna)

Für manch anderen Teilnehmer konnte es gar nicht genug Ablenkung geben: es gab freies W-LAN und viele haben viel Zeit mit Smartphone, Tablett-PC oder Laptop verbracht. Unser Sitznachbar schien sich gar nicht für die Konferenz zu interessieren und verbrachte die meiste Zeit auf Facebook, auf Nachrichten-Seiten oder mit Spielen(!). Ich habe unseren Nachbar auf der anderen Seite, ein Deutscher, der für die UN arbeitet, gefragt, ob es normal ist, dass so viele nicht den Vorträgen oder Diskussionen folgen. Er meinte, hier sei es sogar noch relativ gut, auf anderen Konferenzen seien es noch mehr, die sich anderen Sachen widmen. Oft nähmen Leute nur an einer Konferenz teil, weil sie dafür bezahlt werden, aber in Wirklichkeit interessieren sie sich nicht für das Thema, haben nichts damit zu tun oder können wegen sprachlichen Barrieren nicht folgen.

Für mich war es der erste Besuch einer Konferenz, daher habe ich mich sehr darauf gefreut. Und da wir auch keine Aufgaben oder Erwartungen erfüllen mussten, konnten wir auch relativ entspannt teilnehmen. Natürlich habe ich keinen Anzug mit nach Costa Rica genommen, daher kam ich mir am ersten Tag schon ein bisschen fehl am Platze vor, aber ich habe meine eher legere Kleidung mit meinem vergleichsweise niedrigen Alter gerechtfertigt und mich dann auch gleich besser gefühlt. Die Mehrheit der Teilnehmer schätzte ich älter als 40 ein. Neben uns Mittzwanzigern waren noch ein paar andere Studenten in unserem Alter da, auch zwischen 30 und 40 waren ein paar Teilnehmer dabei. Insgesamt waren es etwa 150 Teilnehmer aus ca. 60 Ländern, der Großteil vom amerikanischen Doppelkontinent, aus Afrika und Asien/Ozeanien. Aus Europa waren nur etwa 10 Teilnehmer vertreten, darunter allein 4 Niederländer, die man spontan vielleicht nicht gerade mit Tropenholz verbindet.

Thematisch war die Konferenz in fünf Teile gegliedert, die jeweils einen halben Tag einnahmen: 1) Umweltdienstleistungs-Zahlungen für nachhaltiges Waldmanagement, 2) Entwicklung von innovativen Finanzierungsmechanismen, 3) Wie kann man gewährleiste, dass lokale Gemeinden/Gemeinschaften profitieren?, 4) Etablierung von robuster Regierungsführung und institutionellen Vereinbarungen, 5) Der Weg für die Zukunft von Umweltdienstleistungs-Zahlungen.

Für jeden Themenbereich wurden jeweils einige Vorträge gehalten, danach fand eine offene Diskussion statt, in der jeder Teilnehmer eigene Erfahrungen oder Fragen teilen konnte. Die Redner haben danach auf die Einwände oder Fragen geantwortet. Am Anfang fiel es mir nicht leicht, bei den Vorträgen und Diskussionen richtig mitzukommen, weil es viele spezifische Begriffe, Abkürzungen und Ausdrucksweisen gibt. Fast kam ich mir vor, als müsste ich erst mal eine neue "Sprache" lernen. Spanisch und Englisch waren die Hauptsprachen und es gab Simultan-Übersetzer, die man sich per Empfangsgerät direkt ins Ohr stöpseln konnte. Manche Sprecher waren besser, manche schlechter zu verstehen, die Übersetzer leider auch nicht immer gut zu verstehen. So habe ich öfters zwischen Spanisch und Englisch gewechselt, was das Verständnis auch nicht gerade gefördert hat.


Exkursion in Baumplantage (Gmelina)

Nach dem zweiten Tag hatte ich endlich das Gefühl, endlich relativ gut mitzukommen, aber da war das Ganze auch schon fast wieder vorbei. Denn am dritten Tag wurde eine Exkursion zu zwei Projekten gemacht, die diese Zahlungen erhalten: eine Baum-Plantage zur Holzproduktion (siehe Foto) und einen sehr vielfältigen Wald, in dem nur drei Bäume pro Hektar und Jahr mit möglichst minimalen Eingriffen geerntet werden.


Artenreicher Regenwald von innen ..



... und von aussen.

ar eine gute Abwechslung zum eher trockenen Konferenzalltag. Vor allem war es interessant die Praxis zu sehen. Vormittags sind alle zusammen nass geworden, weil es einen kurzen, kräftigen Schauer gab. Die Regenponchos kamen leider ein bisschen zu spät, wurden aber trotzdem dankbar angenommen (siehe Foto). Der Stimmung hat das erstaunlich gut getan, danach waren alle etwas lockerer und offener. Man hat gesehen, dass alle anderen doch auch nur Menschen sind und genauso nass werden, egal was für eine wichtige Position sie in einer internationalen Organisation auch innehaben mögen. Das war dann für mich auch eine der wichtigsten Erkenntnisse: dass Titel oder Positionen oft sehr unnahbar wirken, die Menschen es dann aber meist gar nicht sind und sich freuen, wenn man sie anspricht (vor allem, wenn es jemand jüngeres ist!).


Abschlussfoto mit dem Umweltminister Castro

Nach dem Ende der Konferenz hat sich das dann nochmals bestätigt, als ich den Umweltminister von Costa Rica, René Castro, um ein Foto bat. Er hat sofort zugestimmt und hat sich noch kurz mit uns unterhalten und erzählt, dass er selbst schon einige Male in Deutschland war.






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