Das wundersame Tierleben unserer Finca, Teil 4

von 13 fabian  

Im vierten Teil des "Wundersamen Tierlebens" soll es um ein paar Tiere gehen, die bei den meisten vielleicht nicht gerade große Sympathie hervorrufen. Doch viele Menschen sind auch fasziniert von ihnen. Diese Mischung aus Angst und Faszination macht diese Tiere so interessant.

Fangen wir mit einer eher harmlosen Tiergruppe an: die Fledermäuse. In Deutschland sind sie immer mehr bedroht, weil ihnen Lebensräume fehlen. Hier auf unserer Finca ist das nicht der Fall. Wir teilen unsere Behausung solidarisch mit einer Gruppe von Fledermäusen. Da die Häuser hier sehr offen gebaut sind, lassen sie sich auch nicht wirklich draußen halten. Aber sie richten ja keinen Schaden an. Manchmal erschrecken sie einen etwas, wenn sie einem fast ins Gesicht fliegen, während sie davon fliegen, weil sie von einem selbst erschreckt wurden.


Fledermaus an der Bürodecke

Manchmal machen sie auch etwas Arbeit: Exkremente oder Nahrungsreste müssen entfernt werden, die sie von ihrem Hänge-Platz aus fallen lassen. Dafür hoffen wir, dass sie die Insekten- und Schädlingspopulation hier einigermaßen gering halten. Nachts kann man sie an der Straßenlaterne beobachten, wo sie die Insekten erbeuten, die vom Licht der Lampe angezogen werden. Moskitos fressen sie glaube ich leider nicht, sonst wären wir im Moment nicht so verstochen! Zugegeben, die Fledermaus auf dem Bild sieht ein bisschen fies aus, aber eigentlich sind sie ganz in Ordnung!

Die zweite Tiergruppe löst sehr gemischte Gefühle bei den Menschen aus. Manche greifen automatisch zum Schuh, um das tierische Problem zu "lösen". Andere beobachten begeistert oder holen ihre Kamera. Ich gehöre eher zur zweiten Gruppe. Es geht um Spinnen. In Deutschland bekommt man ja meist keine spektakulären Exemplare zu sehen. Aber auch hier in Costa Rica habe ich leider noch kaum große oder dicke Spinnen gesehen. Um die Ehre der Tropen zu retten - und deren Ruf als Region, die von Monster-Spinnen besiedelt ist - tritt bei uns die Geißelspinne an. In unserer Küche und im Bad wohnen einige Exemplare, die von meinen (weiblichen) Mitfreiwilligen auf den liebevollen Namen "Endgegner" getauft wurden.


Geißelspinne

Vor einiger Zeit hat es sogar Nachwuchs gegeben und man kann einige Miniatur-Ausgaben beobachten. Geißelspinnen sind recht dünn und flach, mit Beinen und Geißeln können sie aber durchaus handtellergroß werden. Auf dem Bild sieht man im Vergleich dazu eine 0,33-Liter-Dose. Die Größe allein wäre aber noch nicht so beeindruckend, wären da nicht die angsteinflößenden Fangzangen, die sich vor ihrem Kopf befinden. Damit legt sie sich nachts auf die Lauer und ertastet mit den langen Geißeln ihre Umgebung und etwaige Beute.

Wie man sieht, hat die Spinne nur drei Beinpaare. Das vierte, vorderste Beinpaar hat sich im Laufe der Evolution zu Tastorganen ("Geißeln") entwickelt. Die Geißelspinnen sind sehr scheu und verkriechen sich schon bei geringen Erschütterungen (oder wenn man sie anpustet) hinter Schränken oder Brettern, wo sie sich auch tagsüber versteckt halten. Ein Biss dieser Spinne ist anscheinend recht schmerzhaft, aber nicht wirklich gefährlich, denn sie besitzen keine Giftdrüsen. Hier gibt es ein bisschen mehr über sie zu lesen: Geißelspinnen bei Wikipedia.

Die dritte Tiergruppe ist um einiges unauffälliger und seltener anzutreffen als Fledermäuse und Spinnen, aber auch gefährlicher. Schon in der Geschichte der Vertreibung aus dem Paradies wird die Schlange als "das Böse" dargestellt und auch heute noch haben viele Menschen panische Angst vor diesen Tieren. Dass diese Angst vor allem hier in Costa Rica so präsent ist, hat mich überrascht. Ich habe eher erwartet, dass die Menschen hier weniger Angst haben, weil sie wissen, wie man sich verhalten muss, um Begegnungen mit Schlangen und deren Bisse zu vermeiden.

Hier gibt es 140 Schlangenarten, davon 19 giftige. Schlangenbisse bei Touristen sind sehr selten. Meist werden Plantagenarbeiter gebissen, die aufgrund schneller und guter Versorgung normalerweise überleben. Natürlich können Schlangenbisse bei falscher oder zu später Behandlung sogar tödlich enden. Es wird geschätzt, dass es etwa 800 Bisse von Giftschlangen pro Jahr gibt, wobei nur etwa ein Prozent der Fälle tödlich enden.


Schlange in der Dusche

Bei uns Freiwilligen sind bisher zum Glück alle Begegnungen gut ausgegangen. Ich habe bisher nur wenige Schlangen gesehen, giftige und ungiftige. Alle waren nicht länger als eineinhalb Meter und recht dünn. Was mich sogar ein bisschen enttäuscht, da ich erwartet hatte auf ein paar richtig große Schlangen zu treffen. Aber vielleicht ist es ja auch besser so. Ein Mal haben wir eine Schlange in der Dusche gefunden. Nachdem wir unseren Chef William geholt haben, meinte er, dass es eine giftige Schlange sei, die immer in Paaren unterwegs ist und die zweite Schlange sicher nicht weit sei. Aber kurz darauf hat sie sich auch schon wieder durch den Abfluss verkrochen und wurde nie mehr wieder gesehen.


Boa in Lauerstellung in unserer Küche

Das zweite Treffen gab es in unserer Küche, wo wir eines Abends eine kleine Boa zwischen Dach und Wand entdeckt haben. William meinte, dass die Boas friedlich sind und wir sie einfach in Ruhe lassen sollen. Als es dann dunkel war, haben wir gesehen, dass sie sich neben dem Kühlschrank nach unten hängen ließ, als sei sie auf der Lauer. Und tatsächlich war ihr Kopf nicht weit von der Kante entfernt, auf der immer eine Maus oder Ratte entlang läuft. Ich habe mich gefreut, dass sich endlich jemand um dieses Problem kümmert.


Boa mit Beute (Foto: Josina)

Am nächsten Abend war sie wieder in der selben Stellung, als ich in die Küche kam. Ich hörte ein Geräusch hinter dem Kühlschrank und wusste, dass es die Ratte ist. Daher habe ich von der anderen Seite einen Besen hinter den Kühlschrank geschoben. Und tatsächlich flüchtete die Ratte, genau dort entlang, wo die Boa lauerte. Und blitzschnell schoss der Kopf der Boa nach unten, in den Spalt zwischen Wand und Spüle, und tauchte mit der Ratte im Maul wieder auf. Sofort wurde die Ratte umschlungen, wenige Momente später war sie auch schon tot. Die Boa machte sich daran den Nager zu verschlingen, was sich als sehr langwierig herausstellte.

Dieses Ereignis zählt auf jeden Fall zu meinen aufregendsten, ganz nach dem Motto: Eine Schlange im Zoo fressen sehen: 10 Euro. Eine Schlange während einer Safari fressen sehen: 2000 Euro. Eine Schlange in der eigenen Küche die Ratte fressen sehen, die einen schon so lange nervt: unbezahlbar!

Link zu früheren Beiträgen übers Tierleben auf unserer Finca:
Teil 1
Teil 2
Teil 3

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