Kühe im Regenwald und der Papageienweg in der Teakplantage

von 13 fania  

Wir haben innerhalb weniger Monate hunderte Cacaobäume, sowie etliche Cashew-Bäume und andere Fruchtbäume gepflanzt, die dem Cacao Schatten spenden werden und selbst noch eine wichtige Nahrungsquelle für Tiere sind. Ist das genug? Nein, denn wir sind noch nicht fertig.

El Nino macht sich bemerkbar. Ein Wetterphänomen, das alle 8 bis 10 Jahre auftaucht und alles durcheinanderbringt. Bis Ende des Jahres werden 50-60 % weniger Niederschlag vorausgesagt. So eine Dürre wie in Guanacaste, wo Dominica und Maria meine Mitfreiwilligen ihren Dienst machen, ist hier in El Sur zwar nicht, aber selbst mitten im sub- bis humiden Regenwald ist es schon komisch, wenn es an einem Mittag nicht regnet.


Fassadenmalerei in San José

Natur-Kultur-Wandel
Aber wie können wir die frisch gepflanzten Bäumchen und Samen vor dem Sterben in der Trockenzeit retten? Hier in der Region, in der ich und meine Mitfreiwilligen Corinna und Martin arbeiten, war und ist ein Refugium für Generationen von Landwirt_innen, die ihre Ursprungsregionen und Länder verlassen haben, um Land für Weidewirtschaft und somit zum Überleben zu finden. Doch Kühe im Regenwald? Das passt auf den ersten Blick nicht zusammen. Denn die Erde wird durch die starken Wurzeln der Regenwaldbäume stabilisiert. Wenn die Bäume samt Wurzeln dem Grasland in großem Umfang weichen müssen, kann sich die Erde nicht mehr halten. Durch den Tritt der Tiere kommt der ganze Boden ins Rutschen. Außerdem befindet sich der größte Nährstoffanteil in den Tropen im organischen Laubabfall und wird durch starke Regenfälle ausgewaschen. Doch auch sozio-kulturell kam durch den Wechsel der Landnutzung einiges ins Rutschen.


Suche nach Freiheit

Verschwinden des kulturellen und naturbezogenen Bewusstseins
Die Kultur der Indigenen in dieser Gegend ist leider nicht mehr bis kaum vorhanden, aber dennoch spürbar. Kult- und Grabstätten und ein paar wenige Personen, die die indigene Kultur aktiv auch trotz (oder wegen) der zwar sympathischen, im Vergleich noch sehr jungen Costa Ricanischen „Pura Vida“-Mentalität aufrecht erhalten wollen. Die alte Kultur der Indigenen, in der Feldfruchtanbau in kleinem Umfang betrieben wurde und Menschen ihre Nahrungsweise an ihre Umgebung dem Regenwald angepasst haben, wurde verdrängt. Um prestigeträchtige Projekte mit hohem Flächenverbrauch ( z.B. Tourismus, Abbau von Erzen etc.) zu etablieren, wurden Gebiete unbewohnbar gemacht. Wo blieb und bleibt der Widerstand? Manche Gemeinschaften sind bis heute nicht an das Versorgungsnetz angeschlossen oder Informationen wurden weder transparent genug weitergegeben noch diskutiert. Das Ausmaß des sogenannten wirtschaftlichen Fortschritts und vor allem die rechtlichen Einflussmöglichkeiten sind vielen Menschen nicht bis kaum bewusst. Der Einfluss der Mehrheitsgesellschaft ist groß. Der einfache, sichere sprich der Lebensstil der Mehrheit wird der Auseinandersetzung mit den eigenen Wahlmöglichkeiten und ungelebten Freiheiten vorgezogen. Ich kann in der kurzen Zeit vielleicht die Oberfläche betrachten und versuche die Symptome zu erkennen. Einerseits leben Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Lebensweisen in Costa Rica mittlerweile meist friedlich miteinander. Auf der anderen Seite werden Indigene auf Grund ihrer Herkunft diskriminiert z.B. im Arbeitsleben oder wenn ihnen das Recht auf die Rückkehr in ihre Ursprungsregionen verwehrt wird.


Teakplantage am Papageienweg

Der Papageienweg
Um es noch komplizierter zu machen: was mache ich als auf den ersten Blick privilegierter und gut ausgebildeter Europäer hier? Ich pflanze Cacao und Fruchtbäume. Verkehrte Welt? Unsere Arbeit als Freiwillige in einer costaricanischen Nichtregierungsorganisation wird hier sehr wertgeschätzt und zumindest ein paar Menschen sehen die Vorteile, gemeinsam mit uns, die natürlichen Gegebenheiten zu nutzen, zu verstehen und gleichzeitig die Natur zu schützen. Doch es geht noch weiter. Ein paar Menschen sind durch die jahrzehntelange Umweltarbeit in Costa Rica sensibilisiert und denken kritisch. Auf einem gemeinsamen Spaziergang ins nächste Dorf wurden wir auf ein Schild aufmerksam gemacht: „Corrédor Ecológico - Paso de Lapas“ „ökologischer Verbund - Weg der Papageien“. Dann wurde unser Blick auf die Teakplantage direkt daneben gelenkt. „Es un chiste – Das ist ein Witz“, kommentierte mein Kollege nur. Denn Teak als reiner Nutzholzbaum ist außer für ein paar bestäubende Insekten, für Papageien und viele andere Tiere als Wanderweg oder sogar Lebensraum überhaupt nicht interessant. Ignoranz zieht sich durch alles hindurch. Die Folge ist, dass kulturelle, natürliche und persönliche Identifikationsmöglichkeiten verschwinden. Übrig bleibt ein ökologisch angestrichenes Wunschdenken ohne Beziehungsgeflecht zu den natürlichen und sozio-kulturellen Gegebenheiten. Und am Ende denke ich, geht es nicht darum, irgendetwas zu konservieren, sondern es geht vielmehr darum Verständnis und Respekt vor dem Gewachsenen zu zeigen – natürlich alles mit einer guten Portion kritischer Nachfragen. Überall.

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2 Kommentare

Kommentar von: Sarah [Besucher]

Wie sieht es denn aus ? Hat El Nino schon viel kaputt gemacht oder kann man das jetzt noch nicht sagen?

Kommentar von: fania [Besucher]

Hallo du, einigen bäumchen geht es nicht so gut. einige Moringas, eine für den Cacao wichtige stickstoffspeichernde Schattenbaumart, sind leider gestorben. die Cacaobäumchen werden umhegt und umpflegt. bis auf einige stellen, die sehr sonnig oder trocken gelegen sind und den täglichen Tierchenattacken, geht es den kleinen Cacaobäumchen, den Cashews und Guava soweit gut. wir bereiten gerade eine neue Cacaoanzucht in der Baumschule vor. Der Sommer naht mit noch weniger Regen, wir werden dann in den nächsten Wochen sehen, welche Zeichen die Natur uns gibt und wie wir die Bäumchen retten können.
saludos fania


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