Schon das Ende?

von 13 benedikt  

Um es vorwegzunehmen, nein, es ist noch nicht das Ende. Mir fehlt noch ein Monat bis ich in meine Heimat zurückkehre und mich wieder dem deutschen Leben stelle. Es ist allerdings trotzdem schon der Zeitpunkt um einen kleinen Rückblick zu starten.

Die ersten unserer Gruppe haben das Land schon wieder verlassen. Grund ihrer verfrühten Abreise ist der Beginn eines Studiums. Also hatten wir kürzlich unser Abschlussseminar. Wie immer bin ich dazu aus meinem Projekt im Süd Osten Nicaraguas nach San José, der costaricanischen Hauptstadt, gereist, bin zum selben Hostel gegangen, in dem wir direkt nach der Landung waren und in dem die meisten unserer Seminare stattfanden. Kam es mir zu Beginn noch unheimlich und fremd vor, ist es inzwischen eine zweite Heimat geworden, ein sicherer Hafen.

Auch San José selbst macht auf mich nicht mehr den Eindruck einer furchteinflößenden, großen, fremden Stadt. Inzwischen kenne ich mich im Kerngebiet aus, laufe gerne durch die Straßen, gehe gerne in die Parks und genieße es hier zu sein.

Im Abschlussseminar geht es, zumindest nach Willen der Organisation, darum zu reflektieren, erkennen wo die Fehler lagen und der Organisation zu helfen, die Fehler auszumerzen. Eine weitere Aufgabe ist einen Blogeintrag zu schreiben, z. B. einen verfrühten Rückblick obwohl man noch einen ganzen Monat vor sich hat. Das wichtigste am Seminar ist allerdings, sich von den Leuten zu verabschieden, die als Fremde mit einem in ein fremdes Land gingen... nun sind einige Freunde unter ihnen, die man eigentlich nicht mehr missen will und ungern verabschiedet.

Das Ende einer Ära steht bevor, sei es in einem Tag oder, wie bei mir, in einem Monat. Das letzte Jahr war trotz vieler Sorgen relativ sorglos. Ein Nonsense Satz? Nein. Ich durfte lernen, wie man mit Entäuschung zurecht kommt, davon gab es viele. Wie man auf Menschen zugeht, alleine reist, sich keine Sorgen mehr macht und vor allem den Tag lebt, sich keine Sorgen über das Morgen macht. Und dann ist da die große Rückkehr nach Deutschland... ein Land in dem einen in den Zügen gesagt wird auf welcher Seite sich der Bahnsteig befindet, damit man auch keine Sekunde an Orientierung verschwenden muss.

Das Leben wird beginnen, die Zukunft lässt sich nicht mehr verdrängen, es beginnt ein Lebensabschnitt, dessen einzige Legitimation in der Sicherung der eigenen Zukunft besteht. Wie soll man da den Tag leben und keinen Gedanken an Morgen verschwenden, was wiederum unweigerlich Sorgen mit sich bringt. Es ist kein zuspätkommen mehr erlaubt, wenn man eine halbe Stunde zu spät ist, wundert sich keiner warum man so früh dran ist, stattdessen wird man getadelt oder der zu Treffende ist garnichtmehr da. Auf der anderen Seite ist Logik wieder allgegenwärtig, Effizienz wieder an der Tagesordnung und Zusagen und Abmachungen wieder verlässlich (meistens jedenfalls).

Allein schon die praktischen Dinge werden wieder so anders ablaufen. Teilweise begrüße ich das, wie z.B. bei Dingen wie fließend Wasser, warmes Wasser, Abwechslung bei den Mahlzeiten oder einfach wieder Toilettenpapier in die Toilette werfen. Auf der anderen Seite fürchte ich mich vor der Kälte, ich habe ein Jahr lang keinen Gedanken an eine Jacke verschwendet, mich warm anzuziehen oder gar irgendeine (natürlich nicht vorhandene) Heizung aufzudrehen.

Was hat mir dieses Jahr gebracht, was hat der Empfängerorganisation meine Anwesenheit gebracht? Für meine persönliche Entwicklung war das Jahr absolut genial, die Erfahrungen, die ich gemacht habe waren unglaublich und haben mich unlaublich weitergebracht. Arbeitstechnisch war das Jahr eher eine Entäuschung aufgrund von Problemen im Projekt. Trotzdem bereue ich nichts.

Auch interessant wird sein, wie sich meine Erfahrungen, die ich gesammelt habe, in Deutschland anfühlen werden. Mir wurde gesagt den wahren Umfang des Erlebten, der gemachten Erfahrungen und den Einfluss auf einen selbst realisiert man erst wenn man wieder zurück ist.

Ich weiß nicht welche Zukunft mich in Deutschland erwarten wird, aber ich freue mich auf meine Rückkehr, auf die Menschen, die ich dort zurücklassen musste, auf meinen Hund, mein schnelles Internet und meinen noch schnelleren PC. Doch mir wird Nicaragua auch fehlen, es ist ein wunderschönes Land mit liebenswerten Bewohnern und das Leben ist dort um einiges einfacher, ob das Segen oder Fluch ist möchte ich nicht beurteilen.

Jetzt genieße ich aber erstmal noch meinen letzten Monat bevor ich mich dem Ernst des Lebens stelle, dieses Jahr schon beende, obwohl es sich wie gestern anfühlt als ich in Frankfurt am Flughafen stand und mich verabschiedete. Wo ist die Zeit nur hin?

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