Kaffeekranz mit Bundespräsident Wulff

von kathrin_10  

Da besucht unser Herr Bundespräsident das Land, in dem ich gerade arbeite und hinterher liest man in der Presse, er sähe Costa Rica als weltweites Vorbild für Umweltschutz und den Einsatz erneuerbarer Energien. Ich kann mir vorstellen, ihm und seiner Frau wurde in der kurzen Zeit des Aufenthalts ein guter Eindruck vermittelt, denn wenn man einen Staatsgast zu Besuch hat, präsentiert man sich im besten Licht.

Man hebt die positiven Dinge hervor und verschweigt Probleme. Die Ticos verstehen sich gut darauf und haben viel Erfahrungen in diesem Vortäuschen einer heilen Welt. So haben viele Touristen einen vollkommen anderen Eindruck vom Land als wir Langzeitvolontäre. Weder Abfallproblematik noch Menschenrechtsverletzungen oder der exzessive Plantagenanbau fallen dem Kurzbesucher ins Auge.

Ich habe gewisses Verständnis dafür, dass man als Politiker vorsichtig mit Kritik umgehen muss und des guten Verständnisses wegen auch mal etwas in gutem Licht erscheinen lässt, was nicht ganz so toll ist. Aber ich begreife nicht, warum er dann gleich von einem „Vorbild“ sprechen muss? Ich lese O-Ton: «Wir brauchen dieses Land als Vorbild, dass man sehr schnell Energie erzeugen kann aus regenerativen Energien. Das wird anderen Mut machen.»(www.ftd.de) und da frage ich mich: War er in demselben Costa Rica wie ich und wer sind die „anderen“?

Wäre es etwa möglich, dass dies eine Anspielung auf Japan ist? Braucht man zu erneuerbaren Energien mehr Mut als zu Atomstrom? Sicher nicht, aufgrund der weithin bekannten Gefahren und Nebenwirkungen ist Nuklearenergie unberechenbarer und müsste somit mehr Mut erfordern. Kritisch betrachtet kommt es aber darauf an, wie man agiert, denn wie die Costaricaner ihre Wasserkraftwerke erbauen, erfordert Mut und ein ausserordentliches Maß an Unverschämtheit: Am Beispiel des Wasserkraftprojektes „Diquís“ zeigt die costaricanische Regierung ihr wahres Gesicht. Mit Sorglosigkeit werden eine riesige Fläche wertvoller Natur zerstört und die Rechte der dort lebenden Indianer aufs Gröbste verletzt.

Denn nicht nur der Umweltaspekt ist ein Problem: Costa Rica missachtet die Rechte der dort angesiedelten Indianer. Ohne diese angemessen in die Projektplanung einzubeziehen, sollen 700 Hektar ihres Territoriums überflutet werden. Da hätte der Herr Bundespräsident - schließlich ist er auch mein höchster Repräsentant - mal besser hinhören müssen. Informationen über diesen Missstand waren ihm vor der Reise zugegangen.

Meine Bitte an den Bundespräsidenten wäre, sich ruhig einen Tag mehr Zeit zu nehmen. Das sollte schließlich bei einer solch weiten Reise möglich sein. Und dann auch mal in die abgelegeneren Gebiete des Landes zu fahren. Durch den Besuch im Präsidentenpalast und einem nahe gelegenen Nationalpark kann man sich kein Bild machen von den Umständen im Land, das man dann wenigstens auch nicht zum Ökoparadies verklären sollte.

Weitere Info auch bei www.pro-regenwald.de

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1 Kommentar

Kommentar von: Nette [Besucher]

ja, wahrscheinlich ist es zuviel verlangt sich nach dem nun fast abgenickten Atomausstieg auch noch kritisch mit anderen Formen der Energiegewinnung auseinanderzusetzen… wie so oft geht es bei Staatsbesuchen weniger darum Infos einzuholen, als wirtschaftliche Beziehungen zu stärken… - man kann nur versuchen, durch Demonstrationen darauf hinzuweisen, dass nicht alles Gold ist was glänzt.


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