Alle guten Dinge sind 3

von 14 dario

Mich haben in letzter Zeit ungefähr alle gefragt, was ich denn jetzt so mache. Das hier ist der offizielle euch-nicht-mehr-warten-lassen-Artikel!

Seit ich hier bin, ist einiges passiert, das für mich vorgesehene Projekt, hat kurz nach meiner Ankunft hier sein Freiwilligenprogramm auf Grund interner Probleme suspendiert. Glücklicherweise hätte ich es mit meinem neuen Arbeitsplatz nicht besser treffen können. Als Teil meiner Partnerorganisation kann ich mich auf vielfältige Art und Weise einbringen und tatsächlich auch konkret etwas bewegen: Ich arbeite für eine NGO namens FUNDECONGO, ausgeschrieben und übersetzt „Costaricanische Stiftung für den Schutz der natürlichen Ressourcen in Guanacaste“ mit Sitz in Santa Cruz, in der Provinz Guanacaste. Wie der Name bereits andeutet, wirkt FUNDECONGO im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit hier in der Region und das äußerst erfolgreich, seit mehr als 20 Jahren.

Die Hauptproblematik der Region ist dabei Folgende:
1. Mangel an Umweltbewusstsein: Die Rede ist von einem Teufelskreis; Unwissen und/oder Ignoranz von Seiten der staatlichen Institutionen haben über Jahrzehnte hinweg zu einem Mangel an Regulationen auf der einen Seite, sowie zu einem Mangel an Interesse bzw. Unterstützung für nachhaltige Verhaltensweisen in Wirtschaft und Gesellschaft auf der anderen geführt. Das wiederum verhindert eine Sensibilisierung großer Teile der Bevölkerung, es haben sich über die Jahre hinweg fatale Angewohnheiten etabliert: das Verbrennen von Müll vor der Haustür mangels Müllabfuhr, die achtlose Entsorgung von Abwässern, die Inbrandsteckung von Ländereien um Platz für andere Kulturen zu schaffen, Wasserverschwendung, die übermäßige Verwendung von Chemikalien in der Landwirtschaft; die Liste ist länger als meine Puste es mir erlaubt zu schreiben; ein Hin- und Her zwischen institutioneller Vernachlässigung und individueller Unmündigkeit.
2. Mangel an finanziellem Spielraum: Es gibt hier nichtsdestotrotz viele Menschen, die sich gerne einbringen würden, aber an die Möglichkeiten ihres Portemonnaies gebunden sind, das Problem ist selbsterklärend. In diesem Zusammenhang verwundert folgende Information eigentlich: Stand Costa Rica 1987 mit einer (für ein Land in diesen Breiten äußerst niedrigen) Waldbedeckung von 21% vor dem ökologischen Kollaps, sind heute (2010) stolze 52,4% des Landes als Wald klassifiziert. (1) Irgendetwas muss also in der Zwischenzeit passiert sein.

ONGO ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine produktive Zusammenarbeit zwischen Staat und Nicht-Regierungsorganisationen Wunder wirken kann. 1993 gegründet, hat sich FUNDECONGO drei Kernaufgaben gesetzt, die es möglich machen, nachhaltige Veränderungen in der Region anzustoßen:

1. P.S.A.: PSA steht für "Zuschuss für Umweltdienstleistungen" und ist ein staatliches Programm, dass Farmern/Landbesitzern eine Art Subvention zuschreibt, wenn sie a) Wald besitzen und diesen erhalten, anstatt ihn zu bewirtschaften b) Brach/Weideland besitzen und dieses der natürlichen Regeneration überlassen oder c) Wiederaufforstungsmaßnahmen durchführen. PSA als wirtschaftlicher Anstoß gegen die systematische Vernichtung von Biosphären zugunsten von Viehhaltung und Monokultiven ist einer der Hauptgründe für die atemberaubend schnelle Erholung der Wälder hier. Der Haken ist allerdings der enorme bürokratische Aufwand, für die meisten Landwirte hier eine kaum zu stemmende Aufgabe.


"Equipo FUNDECONGO": Von links nach rechts: Flor, Gründungsmitglied und Präsidentin von FUNDECONGO ; ich; Milagros, Sekretärin bzw. Herrin über die Aktenschränke; Luis, Gründungsmitglied und Vorstandschef. Unten: Jóse,Techniker im Feld

An dieser Stelle kommt FUNDECONGO ins Spiel und übernimmt die Formalitäten, sodass sich der belastende Papierberg reduziert. Dadurch öffnet sich für viele, die wenig bis kaum finanziellen Spielraum, dafür aber Umweltbewusstsein und viel Motivation haben, eine völlig neue Tür. Auf diese Weise konnten in der ganzen Region hier schon rund 6000 Hektar Wald dauerhaft geschützt werden. Das sind insbesondere vielversprechende Zahlen, da direkt vor der Haustür der Nationalpark "Diriá" liegt (nochmal 5426 Hektar). Zusammen mit den Ländereien der Lokalbevölkerung konnte ein für diese Region gewaltiger biologischer Korridor geschaffen werden, das größte zusammenhängende Schutzgebiet Guanacastes. Der "Corredor Biológico Diriá" ist ein Bollwerk zur Sicherung und Regeneration der Artenvielfalt, zur Vermeidung von Erosion und Bodenverödung, zur Verbesserung der Luftqualität und nicht zuletzt auch überlebenswichtig für alle umliegenden Städte und Gemeinden, denn alle Flüsse und Grundwasserleiter, die die regionale Wasserversorgung sichern, werden vom Diriá gespeist.

2. Feuerwehr: In den letzten anderthalb Jahren hat FUNDECONGO mit Hilfe von Mitteln der Vereinten Nationen massiv in die Ausbildung und Ausrüstung von "Brigadas Forestales", Feuerwehrbrigaden mit Spezialisierung auf Waldbrände, investiert. Grund ist, dass Guanacaste als heißeste Provinz Costa Ricas mit einer durchschnittlichen monatlichen Höchsttemperatur von 32-36°C (2) Jahr für Jahr von gewaltigen Feuerstürmen heimgesucht wird. Es ist daher Teil der Strategie FUNDECONGOs Wald nicht nur passiv (durch PSA), sondern auch aktiv zu schützen. Der Erfolg ist durchschlagend: Sind 2013 noch 25.000 ha. Wald niedergebrannt, waren es 2014 nur noch 17.000. (3) Solche Zahlen sind natürlich immer klimatischen Schwankungen unterworfen, ein dermaßen signifikanter Unterschied ist allerdings nur durch eine wesentlich schnellere Antwort der (jetzt vorhandenen) Feuerwehr zurückzuführen.


"BrigadasForestales": nach dem Kurs "Basistechniken zur Bekämpfung von Waldbränden"

Ich bin einer der frisch ausgebildeten Feuerwehrmänner und als solcher auch im Bereitschaftsdienst tätig. Ein "Brigadista Forestal" zu sein, bedeutet allerdings mehr als mit Machete, Schaufel und 20 Liter Wasser auf dem Rücken ein Feuer zu bekämpfen. In erster Linie heißt es sich sowohl in seinem Schaffen, als auch im Privaten für das gemeinsame Wohl von Mensch und Umwelt einzusetzen; es ist eine Einstellung. Öffentlichkeits/-Aufklärungsarbeit, das Sammeln von Spenden, Wiederaufforstung (bspw. im Stadtpark oder in niedergebrannten Gebieten) sowie Lobbyarbeit in der Lokalverwaltung zu Gunsten eines Gleichgewichts zwischen dem Schutz der natürlichen Ressourcen und dessen wirtschaftlicher Nutzung verstehen wir genauso als Teil der Arbeit.


Vortrag in der "Universidad de Costa Rica", knapp 40 unbeschriebene Blätter spitzen die Lauscher- ein schönes Gefühl.

3. Umweltbildung: Schlüssel für FUNDECONGOs langfristige Nachhaltigkeitsstrategie ist, den Fokus nicht nur auf die Natur zu richten, sondern auf die Menschen. Werden Angewohnheiten wie oben beschrieben, von Generation zu Generation weitergegeben, wird eine umweltbewusste Minderheit kaum Fortschritte erreichen. Ziel einer kleine Gruppe engagierter Menschen muss es also sein das Rad bzw. die Lawine ins Rollen zu bringen. FUNDECONGO kommt diesem Grundgedanken nach, in dem wir auch jene kommende Generation mit einbeziehen: Diesen Oktober wurde das erste große interinstitutionelle Programm zur Umweltbildung in der Region aus der Taufe gehoben, initiiert und getragen von FUNDECONGO, dem Ministerium für Umwelt und Meere (abk. MINAE), der Stadtverwaltung von Santa Cruz (die Stadt in der ich arbeite), der Administration des Nationalparks Diriá und der "Universidad de Costa Rica".


Wie schützt man sich am besten vor einem Feuer?

Ziel ist es mittels Aufklärungsarbeit in Grundschulen einen Antagonismus zu den (teilweise!) fatal überholten Praktiken (siehe oben) zu schaffen, die sie aus ihren Elternhäusern mitbekommen. Priorität haben dementsprechend die Schulen der ländlichen Region. Wir haben es dieses Jahr bereits geschafft 6 davon zu besuchen, mit einer Beteiligung von insgesamt 132 Schülern. Da genau jetzt der Auftakt der Waldbrand-Saison bevorsteht, lag der Fokus auf den "Ursachen und Folgen der Waldbrände in Guanacaste", so das Thema unter dem unsere Besuche standen. Nächstes Jahr wird dieses Programm selbstverständlich fortgesetzt und um thematische Breite, sowie verschiedene Arten von Aktivitäten erweitert werden (geplant sind bspw. ökologische Gruppen in Schulen, Ausflüge mit Kindern in den Nationalpark, eine große "Grüne Messe" mit ca. 500 Teilnehmern, Re- bzw. Upcyclingprojekte und Einiges mehr).

Das alles ist zusammen mit der Arbeit als Mitglied und Co-Koordinator der Feuerwehrbrigaden eine meiner Hauptbeschäftigungen hier: Ich bin als Repräsentant FUNDECONGOs verantwortlich für die Planung, Durchführung und Auswertung des gesamten Umweltbildungsprogrammes, koordiniere die Zusammenarbeit mit den oben genannten Institutionen und agiere auch als Redner, wenn wir eine Schule besuchen. Daneben, wenn ich nicht gerade an einem dieser Punkte arbeite, helfe ich bei der elektronischen Datenverarbeitung (sprich an Excel-Tabellen rumwurschteln, eine Internetseite entwerfen), kümmere mich um FUNDECONGOS Öffentlichkeitsarbeit (die erst vorhanden ist, seit ich eine Facebook-Seite eröffnet habe) und bin last but not least Herr über die Zubereitung des Kaffees hier im Büro, eine nicht zu unterschätzende Machtposition. Herzlichen Glückwunsch an alle die es bis hierher geschafft haben, ihr seid die Härtesten!

Liebe Grüße!

Quellen:

  1. http://www.minae.go.cr/recursos/documentos/cobertura-forestal/mix-cobertura-forestal-1940- 2010-2.pptx
  2. http://www.sonnenlaender.de/costa-rica/klima-costa-rica/klimatabellen-Guanacaste/
  3. laut Oskar Hernández Gonzaléz, Regionalkoordinator „Nationale Agenda zur Handhabung von Waldbränden“

BlogNo:02

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