Reise zum neuen Lebensmittelpunkt

von 14 katja


Paradiesisch und artenreich: Halbinsel Osa

Wie die Zeit vergeht ... hier nun ein paar Absätze Rückblick: Nachdem ich mich im Wiederaufforstungprojekt von Arbofilia ein wenig an das Klima gewöhnen konnte, ging es Anfang Oktober in Richtung Halbinsel Osa, genauer in die Gemeinde Puerto Jiménez im Südosten derselben. Dort ist die Verwaltung des sich auf der Halbinsel befindlichen Nationalparkes Corcovado als auch des sich daran anschliessenden Waldschutzgebietes Golfo Dulce angesiedelt.

Mein Tätigkeitsbereich sollte in Zusammenarbeit mit letzterem liegen. Doch bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich einige Informationen zur Geschichte der Halbinsel erzählen. Sie haben mir selbst geholfen, den Kontext, in welchem ich mich während meiner Arbeit bewege, zu verstehen - in meinen Augen eine der Grundvoraussetzungen bevor man in die aktive Umweltschutzarbeit einsteigt.

Die Halbinsel Osa umfasst eine Fläche von rund 150.000 Hektar, ist zu rund 70 Prozent bewaldet und beherbergt das letzte zusammenhängende Gebiet feuchten tropischen Regenwaldes Mesoamerikas. Das Waldschutzgebiet Golfo Dulce (Reserva Forestal Golfo Dulce = RFGD), gegründet per Dekret 1978, umfasst eine Fläche von ca. 60 000 Hektar, gliedert sich an den Nationalpark Corcovado an und dient zum einen als Pufferzone für diesen und zum anderen als biologischer Korridor, der die Nationalparke Corcovado und Piedras Blancas sowie das ebenfalls unter Naturschutz stehende Feuchtgebiet Térraba Sierpe verbindet. In der RFGD leben derzeit permanent rund 4.000 Personen.

Die Erstbesiedlung Anfang des 20. Jahrhunderts erfolgte überwiegend durch panamenische und nicaraguanische MigrantInnen, die sich der Kultivierung von Reis und der Viehzucht widmeten. Ein grosser Anreiz für die ersten SiedlerInnen lag ebenfalls in den auch heute noch vorhandenen Goldvorkommen in den Flüssen im Bereich des heutigen Nationalparks und der RFGD. Die Compañía Bananera de Costa Rica (Teil der United Fruit Company) begann 1936 mit der Kultivierung von Bananenplantagen in dieser Region, was zu einer wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung führte, die fast ausschliesslich von diesem Unternehmen abhing und in der Folge kam es mit dem Einstellen der unternehmerischen Aktivität 1984 zu einer grossen sozialen und wirtschaftlichen Depression.

Laut einer 2013 durchgeführten Erhebung des sozialen Entwicklungsstandes liegen die drei Distrikte, in welche die Halbinsel gegliedert ist, im nationalen Vergleich von 477 Distrikten auf den Plätzen 405 (Puerto Jimenez), 418 (Drake) und 466 (Sierpe). Trotzdem der Tourismus rund um den Corcovado Nationalpark und das biologische Reservat Isla del Caño erhebliche Geldmengen generiert und die Besucherzahl des Nationalparks zwischen 2010 und 2013 um 50 % gestiegen ist, konnte weder eine Verringerung der Arbeitslosigkeit oder Armut, noch ein Anstieg im Einkommen der durchschnittlichen Bevölkerung registriert werden. Dies sind nur einige Fakten, um zu veranschaulichen in welchem historisch geprägten Kontext der Wirkungsort meiner Arbeit liegt.


Besichtigung Familienprojekt: Hier gibt es Zuckerrohrhonig und -Bonbons

Vor diesem geschichtlichen und sozialen Hintergrund ist es Ziel des Projektes, welches ich in Zusammenarbeit mit der Verwaltung des Waldschutzgebietes entwickle, mit dem Werkzeug des partizipativen Monitoring
A) die Identität der Bevölkerung mit der sie umgebenen Natur zu entwickeln und zu stärken.
B) nachhaltige Nutzungs-/ Einkommensalternativen aufzuzeigen und zu stärken um eine Reduzierung in den beiden Hauptkonfliktfeldern, der Wilderei und dem illegalen Holzeinschlag, zu erreichen.

Zur Wilderei auf der Halbinsel ist anzumerken, dass die Gründe hierfür nicht selten auch im Pflegen von Traditionen zu finden sind und nicht aus der Notwendigkeit der Ernährung bzw. um ein Einkommen aus dem Verkauf von Fellen oder lebenden Tieren zu erhalten, praktiziert wird.


Besichtigung Familienprojekt: Hier werden Pacas gezüchtet um Wildpopulation von Wilderei zu entlasten.

Eine der oben gesuchten Einkommensalternativen besteht in der Entwicklung des Tourismus ausserhalb des Nationalparkes. Dabei sollen in Zusammenarbeit mit AnwohnerInnen und Gemeinden touristisch attraktive, jedoch nachhaltig praktizierte Kleinprojekte initiiert sowie vorhandene vernetzt und unterstützt werden.

Mittels des partizipativen Monitoring - also des gemeinsamen Beobachtens mit Nichtwissenschaftlern, sprich Anwohnern - sollen hierbei Informationen über die umgebene Tier- und Pflanzenwelt gesammelt werden. Damit kann aufzuzeigt werden, dass Bereiche ausserhalb des Nationalparkes eine durchaus vergleichbare Artenvielfalt aufweisen wie dieser selbst. Desweiteren ist es wichtig, diese Informationen den AnwohnerInnen zurückzugeben, damit diese z. B. geführte Touren für TouristInnen anzubieten oder den konkreten Nutzen bestimmter Pflanzen für die Ernährung erkennen können.

Auf meinen bisherigen Reisen durch die Halbinsel habe ich den Eindruck gewonnen, dass bereits an verschieden Orte derartige Kleinprojekte vorhanden sind, jedoch wenige BesucherInnen den Weg dorthin finden. Nach Diskussionen mit costaricanischen Bekannten könnte eine mögliche Ursache in der noch ausbaufähigen öffentlichen Kommunikation dieser Projekte angepasst an die Bedürfnisse der TouristInnen zu finden sein. So wurde mir erklärt, dass Costa RicanerInnen relativ spontan reisen und Informationen mehrheitlich durch Erfragen weitergegeben werden. Dem gegenüber es beispielsweise der europäische Reisekultur eher entspricht, bereits vorher eine Planung vorzunehmen. Zudem scheint eine womöglich bestehende Sprachbarriere die Informationen über die Projekte nicht zu den TouristInnen gelangen zu lassen.

Ein weiteres Hindernis scheint der Umstand zu sein, der mir zunächst aufgefallen ist und den ich von costaricanischen Bekannten bestätigt bekommen habe, dass es in Costa Rica eher unüblich ist, Preise anzugeben. Wahrscheinlich bevorzugen TouristInnen Orte, an denen bereits vorher eine preisliche Einschätzung möglich ist.

Während die ersten Ideen für meine Arbeit reifen, lerne ich so jeden Tag hinzu und im nächtsen Beitrag werde ich etwas näher auf Aspekte des Waldschutzes hier auf der Halbinsel bzw. Costa Ricas eingehen.

Und die Reise geht weiter....

BlogNo:03

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