Bomberos Forestales

by 14 dario

Es ist fast Juni und ich kann diesen Blog kaum schreiben, weil ich brutal von Mücken drangsaliert werde. Ist jetzt nicht wirklich ein schönes Thema zum Anfangen, aber die Viecher sind nur hier, weil es seit kurzem wieder regnet. Für die trockene Provinz Guanacaste waren die zwei starken Regenfälle des letzten Monats Rettung in letzter Not.

In meinen unglaublich schnell vorbeigegangen acht Monaten hier habe ich beobachtet wie eng verzahnt Mensch und Natur funktionieren: Wald zu schützen, ist in dieser Region kein Naturschutz aus Selbstzweck, dahinter steht auch die Angewiesenheit aller auf das einzige Wasser in der Region, angestaut in Grundwasserspeichern unter den noch intakten Wäldern. Gerade diese sind allerdings extrem verletzlich und in den gut viereinhalb Trockenmonaten enorm von Waldbränden gefährdet.

Daher existiert in Costa Rica die Figur des „Bombero Forestal“, ein Feuerwehrmann spezialisiert auf Waldbrände. Den Kurs „Basistechniken zur Bekämpfung von Waldbränden“ („Capacitación“) kann jeder ab 18 Jahren machen.

Glücklicherweise wurde kurz nach meiner Ankunft einer dieser Kurse veranstaltet und ich packte die Gelegenheit am Schopf. Tada, ein paar intensiv durchgearbeitete Tage später war ich eingeschrieben. Wir in der Region Santa Cruz sind hauptsächlich für den Nationalpark Diriá zuständig, der quasi direkt vor unser Haustür liegt. Um diesen zu schützen hat jeder „Brigadista Forestal“ folgende Grundausrüstung: - Helm, Kopflampe, Oberteil aus Feuerresistentem Material, speziell behandelte Hose, dichte Lederstiefel, Mundtuch, Machete, Rucksack mit Wasservorrat.

Aber wie muss man sich einen Einsatz jetzt vorstellen?


Brigadistas Forestales nachts auf dem Weg zum Einsatz

Böses Feuer: Solche Brandstellen treffen die Feuerkämpfer oft an.

Gutes Feuer = Gegenfeuer: Feuer kann mit Feuer bekämpft werden

Brigadistas Forestales nach einem nächtlichen Einsatz auf dem Heimweg
  1. Die Meldung, dass es einen Waldbrand gibt, geht ein, die Leiter der „Brigadas Forestales“ bewerten den Fall und arbeiten eine Strategie aus.
  2. Die nötigen Feuerwehrmänner werden aus den einzelnen Gemeinden zusammengetrommelt und in einer Operationsbasis zusammengezogen, um die Strategie zu besprechen, eine Kleinigkeit zu Essen, Macheten zu schärfen, Laubgebläse, Kettensägen und die gepanzerten Benzinbehälter zum Legen von Gegenfeuern zu betanken und die Wasservorräte für unterwegs aufzufüllen.
  3. Into the wild - so ein Waldbrand erscheint meistens nicht direkt vor der Haustür, sondern fernab aller allradtauglichen Fahrzeuge. Den strategisch besten Ort um das Feuer anzugreifen zu erreichen kann schon mal eine 2 stündige Wanderung bedeuten. Das heißt konkret: In unwirtlichstem Terrain einen Weg frei Schlagen, sich wenn nötig mit der ganzen Ausrüstung abseilen und bloß nicht zu früh seinen Wasservorrat aufbrauchen.
  4. Wenn der Startpunkt (bspw. ein ausgetrocknetes Flussbett oder ein günstig gelegener Abhang) erreicht ist, wird eine kilometerlange Schneise von Vegetation befreit, die entweder direkt das Feuer an der Ausbreitung hindern soll, oder von der aus der ein Gegenfeuer gelegt werden kann, welches auf halbem Weg mit dem Waldbrand zusammenstößt, sodass sie sich gegenseitig ersticken.
  5. Man kann rechnen, dass so eine Aktion einen halben Tag in Anspruch nimmt, das heißt entweder man schläft eine Nacht nicht, oder man arbeitet in der sengenden Mittagshitze
  6. Heimtransport, die Truppe die fertig ist, geht raus und gleichzeitig geht eine neue rein.

Es ist schön auf einmal ganz unter Freiwilligen zu sein: Kein einziger Bombero Forestal arbeitet für Geld. Dazu sei gesagt, dass sich diese Feuerwehrmänner aus ganz normalen Campesinos rekrutieren (die natürlich die nötigen Kurse absolviert haben). Dazu sei gesagt, dass wir allein rund um den Parque Nacional Diriá fast 200 sind! Ich persönlich finde es wirklich beeindruckend, wenn jemand, der eine Familie zu ernähren hat, seine Arbeit einfach ruhen lässt, nur um sich hier zu engagieren. Und das nicht nur einmal: Die Waldbrände begannen im Januar und den ganzen April über waren jeden Tag Brigadas im Einsatz.

Das aufschlussreichste ist allerdings, dass längst nicht alle aus Liebe zur Natur bzw. Umwelt an diesen Aktionen teilnehmen. Hier wurde etwas geschaffen, das für funktionierende Entwicklungszusammenarbeit zukunftsweisend ist: Carlos und Jorge, einer Administrator des PN Diriá, der andere Beauftrager für die Handhabung von Waldbränden in der Region, haben in 3 Jahren Zusammenarbeit bewiesen, dass der entscheidende Faktor für den Erfolg der Brigadas weder Geld noch Umweltbewusstsein war, sondern eine harmonische Gruppendynamik. Die Campesinos sind dabei, weil sie von der Gruppe und von den 2 Funktionären motiviert werden und innerhalb der Truppe ein enormer Teamgeist herrscht. Außerdem drängen sich Carlos und Jorge nicht in den Vordergrund, wie es sonst oft bei Regierungsvertretern zu beobachten ist, sondern rücken die Freiwilligen in den Mittelpunkt und zeigen ihnen ihre Dankbarkeit. So gewinnt die ganze Bewegung enorm an Stärke, jeder kann sich mehr mit den Brigadas Forestales identifizieren und stolz darauf sein was er tut. In einer so positiven, von gegenseitiger Anerkennung geprägten Atmosphäre wiederum kann echtes Umweltbewusstsein enstehen und kultiviert werden.

BlogNo:04

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