Meine ersten Erfahrungen mit der Sportkultur Costa Ricas

by 15 eike  

Anfang Oktober bin ich nach den Vorbereitungsworkshops dann in Santa Cruz an meinen Arbeits- und Wohnort angekommen. Die ersten Tage waren vollgepackt mit Programm, aber leider überwiegend körperlich inaktiven Programm. Und kurz vor Antritt hat sich bei mir Vieles geändert: mein Projekt und auch meine Gastfamilie, halt typisch Costa Rica. Anstatt dass ich jetzt ausschließlich mit den Rangern im Regenwald arbeite, arbeite ich jetzt außerdem im Büro von „Fundecongo“.

Ich finde das klasse, weil die Arbeit von dem Büro auch sehr unterstützenswert und interessant ist und ich so mehr Abwechslung habe und in unterschiedlichen Projekten arbeiten kann. (Ich erzähle darüber ein anderes Mal mehr). Jedenfalls arbeite ich die ersten Tage oder Wochen, man weiß es nie so genau, im Büro. Wer mich kennt, weiß dass ich eine sportlich sehr aktive Person bin und schon am Wochenende nach der Anreise kam in mir die Sehnsucht hoch nach sportlicher Betätigung.

Als ich mit meinen Gastgeschwistern darüber redete, kam ich letztendlich auf die Optionen: „Gymnasio“ (Fitnessstudio), was zeitlich sehr flexibel ist oder einer Teamsportart beizutreten. Tanzen möchte ich außerdem noch, aber ich suche primär erstmal etwas worin ich mich ohne viel Übung auspowern kann. Nun weiß ich noch nicht komplett sicher, wann ich wo und wie lange arbeite und wann ich vielleicht noch mal ab und zu im Wald wohnen werde. Deswegen kam ich auf den Entschluss erstmal das Fitnessstudio zu besuchen. Das ist unkomplizierter in der Anmeldung, ich brauche keine großartigen Sprachkenntnisse oder Vorkenntnisse zur Nutzung und es ist unverbindlich und zeitlich relativ flexibel. Also auf ins Fitnessstudio!

Gleich am Montag bat ich meine Gastschwester um den Gefallen, mir den Weg zu zeigen. Ich packte meine Tasche mit Handtuch und einer 1,5 Liter Flasche Wasser und auf Nachfrage ohne Duschsachen und Wechselkleidung. Auf ging es! Es fing damit an dass ich in ein relativ offenes „Haus ging“, also eigentlich nur zwei „Räume“ die nach hinten hin geöffnet waren und dahinter gab es dann eigentlich nur eine etwas größere betonierte Fläche mit einem Dach darüber. Das ganze hatte was von einer weit ausgebauten Garage. Der erste Raum war noch mit ein wenig Sportgeräten ausgestattet, hier haben die typischen Fitnessstudiogänger mit ihren Gewichten gepumpt, der Raum dahinter bot auch noch weitere Geräte, war allerdings ziemlich dunkel und ging in die hintere „Halle“ über, wo „Kurse“ gegeben wurden.

Im Kursraum lagen (nicht mehr überdacht) alte Treckerreifen auf dem Boden und hinten hingen noch ein paar alte Boxsäcke. Das ganze sah nicht gerade sehr nobel aus, aber für meinen Geschmack genau richtig und mit persönlicher Note. Also da ging ich nun auf den Inhaber zu, den mir meine Gastschwester erst zeigen musste, da es hier nicht so etwas wie einen Tresen mit Kasse gibt. Mit meinem gebrochenen Spanischkünsten erklärte ich ihm, dass ich gerne für heute einmal bezahlen möchte und fragte, wie viel das denn kostet. Daraufhin meinte er 1.000 Colones, was umgerechnet etwas mehr als ein Euro ist.

Begeistert davon wollte ich gleich bezahlen, aber er legte gleich meinen Rucksack in eine Ecke und fragte mich, ob ich nicht gleich bei dem Kurs, den er gerade anleitet, mitmachen möchte. Woraufhin ich nicht nein sagte.

Sofort fing er an mit mir ein personal Aufwärmtraining zu starten und schickte mich danach in die Gruppe vom Kurs. An dem Kurs nahmen Jungs und Mädchen, Frauen und Männer im Alter von circa 7 bis zu 55 Jahren teil. Die Menschen waren sehr offen und kommunikativ mir gegenüber, auch wenn man manchmal noch das Gefühl hatte, dass man wieder sehr aus der Masse raussticht und ich immer noch ein paar mehr Blicke extra ernten durfte.

Das Training war sehr vielseitig, von den Armen über den Bauch, bis zu den Beinen und den Füße wurde alles trainiert. Dabei wurden jegliche Materialien genutzt, von einer mit Sand befüllten alten Konservendose mit einem Stock verbunden für das Armtrainig, was übrigens sehr effektiv war, über die Treckerreifen für ein Hüpftrainig für die Beine, bis zu alten Boxhandschuhe die in Zweierteams nacheinander auf den Boden geworfen wurden, um sie wieder aufzuheben.

Ich war sehr beeindruckt über die Kreativität der Übungen und Materialien, denn obwohl es kaum „professionelle“ Ausrüstung gab, wurden nicht weniger Muskelgruppen als sonst angesprochen. Ich hatte das Gefühl, dass ich immer noch einmal extra behandelt wurde, das heißt, mir wurde alles immer einmal vorgezeigt und mir zweimal gesagt, da ich die Aussagen des Trainers oft nur schlecht verstehen konnte. Zum Glück kann man im Sportkurs alles nachvollziehen wenn man es vorgezeigt bekommt und braucht keine großartigen Sprachkünste.

Hieran kann man auch mal wieder sehen, dass Sport Menschen zusammenbringt, auch wenn diese aus den unterschiedlichsten Ländern kommen. So habe ich dort schnell einige Mädels in meinem Alter kennen gelernt, die mir dann auch gerne weitergeholfen haben mit den Übungen und mich später dann auch zum Zumbatanzen aufforderten. Dazwischen habe ich dann nochmal ein personal Training an den Geräten von dem einzigen Trainer bekommen, der gleichzeitig circa 40 Besucher trainierte.

Und wie gesagt, bin ich dann zum Tanzen übergegangen. Auch wenn ich erst zögerte, haben mich die Mädels überzeugt das Zumbatanzen wenigstens einmal auszuprobieren. Allerdings können die Frauen und sogar der männliche Trainer des Kurses besser die Hüften schwingen als ich es jemals könnte. Aber ich fand das mehr amüsant, als das ich mich dafür schämen würde. Auch hier bin ich mal wieder die Einzige gewesen, die so einige Schritte mal wieder nicht auf die Reihe bekam und wieder eine Extraerklärung von dem Trainer oder den Mädels bekommen habe.

Generell habe ich an dem Abend auch mal wieder gesehen, wie stark hier im Land die Hilfsbereitschaft auch zu fremden Leuten ist. Ich bin einfach so beeindruckt davon. Fazit von dem Training war, dass ich auf jeden Fall noch mal wieder kommen werde, auch wenn es so weit ich weiß, kein Bad gibt und ich in der Zeit von 2-3 Stunden einfach mal mehr als 2 Liter Wasser getrunken habe, was ich in so kurzer Zeit meistens nur selten schaffe.

Da es auf der Hintour schon fast dunkel wurde, habe ich mir nicht so viel dabei gedacht, dass ich dann um circa 19:45 Uhr meine 20 Minuten im Dunkeln nach Hause gehen muss. Doch in einer etwas dunkleren Ecke auf meinem Heimweg erkannte ich dann meine Gastbrüder, die mir entgegenkamen. Ich habe mich zuerst gewundert wohin sie wollten, aber schnell wurde klar, dass sie nach mir gesucht haben. Ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen und habe nachgefragt, warum sie mich gesucht haben. Er erklärte mir, dass es am Abend in bestimmten Gegenden etwas gefährlich ist und ich bin durch eine von diesen durchgegangen. Er meinte, es gibt einen anderen sicheren Weg zum Fitnessstudio, den ich das nächste Mal nehmen soll. Ich habe mich danach noch lange für mein naives Verhalten entschuldigt, aber ich war wieder erstaunt, mit welch einer Liebe ich zu Hause dann wieder empfangen wurde, anstatt mit Machtworten belehrt zu werden.

Das ist wieder ein Teil der Kultur der mir manchmal gefällt und manchmal auch wieder nicht, aber eins ist es auf jeden Fall: anders.

BlogNo:03

1 comment

Comment from: Alina [Visitor]

Hey Eike!
Hört sich ja echt lustig bei dir an! Mich packt gerade etwas der Neid…
Die Mentalität der Leute scheint sich ja komplett von der hier in Deutschland zu unterscheiden. Da lebt man sich bestimmt recht schnell ien, oder?

15-10-30 @ 11:52 Reply to this comment


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