Unser 'Klassenzimmer'

Ich bin jetzt schon seit einiger Zeit im Korridor, dem Hauptprojekt von Arbofilia. Alle Pro REGENWALD-Freiwillige werden erstmal zwei Wochen lang hier angelernt, bevor es in die eigentlichen Projektstellen geht. Der berühmt berüchtigte Korridor befindet sich im Regenwald, ungefähr 2 bis 3 Stunden mit dem Auto (besser gesagt Jeep, ein normales Auto würde die vom Regen ausgewaschenen ‚Straßen‘ nicht überleben) von San José entfernt und erstreckt sich über eine ziemlich große Fläche.

Ein Ziel dieses Projektes ist die Aufforstung des Waldes, was genauer gesagt Bäume pflanzen bedeutet. Das haben wir auch schon fleißig getan: wir haben in der ersten Woche unsere ersten Bäume gepflanzt! Die gesamte Truppe ist auf den Internetberg (dieser Name gebührt ihm, weil es ausschließlich hier Empfang gibt) gestampft, mit Schaufeln und Jungbäumen im Gepäck. Dann hieß es: Loch buddeln, den kleinen Jungbaum aus dem Plastiksack befreien und mit viel Liebe einpflanzen. Jetzt sind die Bäumchen nicht höher als ein 30cm-Lineal, doch schon in 30 Jahren werden diese Mahagoni-, Guatíl- und Zedro-Amagro-Bäume uns um viele Meter überragen.

Der Regenwald ist unglaublich bunt. Klar, man sieht hauptsächlich grün, aber wenn man genauer hinsieht, entdeckt man blaue Schmetterlinge größer als die eigene Hand, rote Blüten, die aussehen wie eine Kreuzung aus einem gigantischem Tannenzapfen und blauem Eisenhut oder kleine schwarze Frösche mit neongrünen Kuhflecken. Und es gibt auch Schlangen hier. Ich habe allerdings nicht wirklich daran geglaubt, auf eine zu treffen, bis ich beim Laub wegkehren ein kleines Exemplar fast mit der Schaufel aufgehoben hätte.

Eine Baumschlange hat sich in unseren Obstkorb verirrt

Es ist allerdings nichts weiter passiert: nachdem sie mich einige Momente böse gemustert hat, ist die Schlangendame beleidigt weggeschlängelt. Seitdem achte ich ganz genau darauf, wohin ich mit meinen Gummistiefeln trete. So eine Begegnung mit einer Schlange kann nämlich auch anders verlaufen: Der Biss einer Terciopelo (Lanzenotter), welche in Costa Rica in fast allen Gebieten vorkommt, kann tödlich enden, wenn man es nicht innerhalb von 4 Stunden zum Arzt schafft.

Wenn wir nicht gerade Bäume pflanzen oder Schlangen begegnen, arbeiten wir auf dem Grundstück von Arbofilia. Was das genau heißt? Das heißt zum Beispiel, sich um die kleinen Kakaobäume auf der Plantage zu kümmern (durch diese soll Arbofilia Geld für die Projekte einnehmen). Wir buddeln kleine Löcher oberhalb der auf dem Hang stehenden Kakaobäume, damit das Regenwasser nicht an ihnen vorbeifließt und die Bäume auf ihre Kosten kommen. Wir sammeln Laub und verteilen sie am Boden um den Stamm, sodass weniger Wasser verdunstet. Eine andere Arbeit ist es, Unkraut zu entfernen – und zwar mit einer Machete.

Ja, ihr habt richtig gehört, wir arbeiten hier jeden Tag mit Macheten. Wir haben auch jeder eine eigene, manche größere und manche kleinere (ich habe mich angesichts meiner Körpergröße für eine kleinere entschieden). Man kommt sich richtig gefährlich vor, wenn man mit einer Machete um die Hüfte geknotet durch die Gegend läuft. Man sollte auch nicht damit umgehen wie mit einem Plastikschwert: Fokus und Kontrolle sind das wichtigste bei der Arbeit mit der Machete. Mit Geduld und Ausdauer kann man sogar einen Baum damit fällen. So eine Machete hat auch andere nützliche Funktionen: Falls mir in Zukunft irgendein Typ blöd kommen sollte, werde ich einfach meine Machete ziehen und mich über den Gesichtsausdruck freuen.