Grüße aus der Bananenrepublik!

by 15 marleen  


Bananen
Bananen! Unser zweitbeliebtestes Obst in Deutschland. So alltäglich und normal finden wir die exotische Frucht auf unserem Einkaufszettel, dass sie gar nicht mehr wegzudenken wäre, weder aus unserem Milchshake oder Müsli. Dabei können wir vielleicht grade mal eine Bananenstaude von einer Palme unterscheiden. Im Supermarkt hängen sie alle gleich groß und makelos, ganz vertraut. Wer kommt da schon auf die Idee sich Gedanken zu machen, was eigentlich hinter der perfekten Banane steckt?

Alle Bananen, die es in unsere Supermärkte geschafft haben (wovon jede vierte Banane aus Costa Rica stammt!) müssen mindestens 2,7 Zentimeter dick und 14 Zentimeter lang sein – so will es die “Bananenverordnung” der Europäischen Union. Außerdem dürfen ihre Schalen keine Makel aufweisen.


Blick in eine Plantage.


Ladehof bei Del Monte.


Packstation. Hier werden Bananen gewaschen und in Büschel zerlegt.


Packstation. Hier werden die Büschel nach dem Waschen in Kartons verpackt.


Vorbeifahrt an einer Plantage.

Keine Makel? Wo es doch in den Tropen nur so wimmelt von Würmern, Insekten und Pilzen? Gar nicht so leicht. Oder doch: Blaue Plastiktüte auf, mit Insektiziden impregnieren, Früchte rein, Plastiktüte zu. Überall sah ich diese Plastiktüten, als ich damals in der Karibikprovinz eine Familie besuchte, die bei den nahe gelegenden Plantagen wohnte. Ich werde die Tage dort nie vergessen und auch nie wieder eine konventionelle Banane unwissend und unschuldig herunterschlucken. Besonders ist mir die Wanderung an den Plantagen vorbei im Gedächtnis geblieben. Wir Austauschschüler fragten die Jungs der Familie aus, da sie auf der Plantage gearbeitet hatten und während sie uns von den ewig langen Arbeitstagen erzählten, schrie plötzlich der Papa: ,,Passt auf! Duckt euch!“

Da kam eine kleine Propellamaschine angeflogen und zog eine Sprühwolke hinter sich her. ,,Ist das gefährlich?“,,Nein, man sollte es nur nicht einatmen.“

Alles klar. Als ich später im Erdkundeunterricht das Thema Bananenanbau durchnahm und der Lehrer die Auswikungen der Pestizide auf die Gesundheit aufsagte, wurde mir ganz schlecht.

Aber zumindestens wird kein NEMAGON mehr gespritzt…
NEMAGON oder Dibromchlorpropan (DBCP) ist ein Nervengift, was in den 70er Jahren in Costa Rica auf den Bananenplantagen angewendet wurde. Die Konzerne Dow Chemicals, Shell Oil und Occidental, Standard Fruit (Dole), Del Monte und United Fruit Company (Chiquita) gehörten zu den treibenden Kräften der Vermarktung und Anwendung des Pestizids auf Bananenplantagen. Nemagon sollte einen mikroskopisch kleinen Wurm vernichten, welcher die Bananenproduktion behindert bzw. das äußere Erscheinungsbild der Bananen beeinträchtigt. Es wurde bereits 1979 in den USA verboten, weil Arbeiter, die damit in Kontakt kamen, unfruchtbar wurden. Ausserdem verursacht es Krebs in Leber, Niere und Magen, Seh- und Hautprobleme. Bei Frauen kann es Hormonstörungen, Fehlgeburten und Behinderungen bei ihren Neugeborenen hervorrufen. Obwohl man also in den USA über die Gefahren Bescheid wusste, wurde der Export nach Mittelamerika nicht verhindert! Es wurde dort oft ohne Warnhinweis verwendet, sodass die Arbeiter keine Schutzkleidung trugen!

“Who made the decision to ignore the alarming effects of Nemagon on laboratory rats? What ethical principles guided those involved in the product’s development? The answers may never be clear, but a comment by Clyde McBeth, one of the chemists behind Nemagon, is telling. In response to a question about the sterility caused by the pesticide in certain Central American workers, he told a Mother Jones reporter: “From what I hear, they could use a little birth control down there.”
Nicolas Bérubé, Benoit Aquin: “Chiquitas Children”, http://inthesetimes.com/article/2096/ (13.10.2015)

In Costa Rica leiden heute nach Gewerkschaftsangaben 15.000 bis 20.000 Arbeiter an gesundheitlichen Problemen.
Seit 2001 ist hier gesetzlich festgelegt, dass Arbeiter Entschädigungen erhalten, die durch den Kontakt mit Nemagon erkrankten. Der derzeitige Präsident Luis Guillermo Solís verkuendete die Auszahlung Entschädigungen in der Regierungszeitung “La Gaceta“, jedoch warten immer noch hunderte Arbeiter auf diese Entschädigungen.

Zu dem Nemagon – Skandal und den nicht gezahlten Entschädigungen, kommt jetzt der Burner: Der Bananenarbeitergewerkschaftsführer, welcher sich sehr engagiert für die Rechte der Arbeiter, wurde zu 12 Jahren Haft verklagt! Wegen einer Tat, die nicht eindeutig bewiesen werden kann. (Dazu bald mehr.)

Viele Grüße aus der Bananenrepublik!

Der Begriff “Bananenrepublik” wurde vom Konzern “United Fruit Company” gepägt. Auf diesem lastete nach dem Nemagon–Skandal der schlechte Ruf des US–amerikanischen Ausbeuters, der mit seiner marktwirtschaftlichen Macht mehr zu sagen hat in Lateinamerika, als die Regierungen. Kein Wunder, dass der Konzern sich dann umbenannte… in Chiquita.

“Dass die düstere Zeit der politisch unsauberen Zusammenarbeit noch längst nicht vorbei ist, bewies der Konzern erst jüngst wieder. Noch bis 2004, heißt es auch offiziell aus der Unternehmenszentrale im us-amerikanischen Cincinnati, habe der Konzern in Kolumbien Schutzgelder an linke und rechte Paramilitärs bezahlt. Chiquita finanzierte also die terroristischen Kräfte und Protagonisten des seit Jahrzehnten währenden schmutzigen Bürgerkrieges in Kolumbien.”
Jörn Breiholz: ,,Nachhaltiger Bananenanbau“, http://www.bpb.de/internationales/amerika/lateinamerika/44713/bananenanbau?p=0 (25.10.2015)

Quellen:

Nicolas Bérubé, Benoit Aquin: “Chiquitas Children”, http://inthesetimes.com/article/2096/ (13.10.2015)

Knut Henkel: „Erfolg fuer Bananenarbeiter“,http://www.taz.de/!5024774/

Knut Henkel: „Pestizid-Skandal: Millionen-Entschädigung für impotente Bananenarbeiter“, http://www.spiegel.de/wirtschaft/pestizid-skandal-millionen-entschaedigung-fuer-impotente-bananenarbeiter-a-524025.html (13.10.2015)

Alberto Font: Costa Rica banana workers affected by Nemagon still waiting on compensation http://www.ticotimes.net/2015/04/16/costa-rica-banana-workers-affected-by-nemagon-still-waiting-on-compensation (13.10.2015)

Jörn Breiholz: ,,Nachhaltiger Bananenanbau“, http://www.bpb.de/internationales/amerika/lateinamerika/44713/bananenanbau?p=0 (25.10.2015)

Das Erste: ,,Der Preis der Bananen“, http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/w-wie-wissen/sendung/bananen-106.html (25.10.2015)

Weitere Informationen zu den Folgen von NEMAGON in Costa Rica und Nicaragua http://www.informationsbuero-nicaragua.org/neu/index.php/rundschreiben/rundschreiben-22005/148-protest-und-verhandlungen-in-managua https://www.youtube.com/watch?v=6nK9kxil9-E

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