Neobiota: Die schöne Gefahr

von kathrin_10  

Bei unserem Besuch im Smithsonian Institut auf Bocas del Toro (Panama) macht uns ein Mitarbeiter auf die Problematik um den Lionfish (Pterois volitans) oder auch Feuerfisch aufmerksam. Dieses äußerst hübsch aussehende Tierchen, hat im Atlantik nichts zu suchen, denn sein Verbreitungsgebiet ist der Indopazifik und das Rote Meer. Unklar ist, was den Fisch in den Atlantik gebracht hat. Aquarianer könnten ihn ausgesetzt haben oder Jungtiere sind mit dem Ballastwasser der Schiffstanks ins offene Wasser gelangen.

Was immer die Ursache war, jetzt ist das Problem da, denn nun gedeiht die Population prächtig in den Mangroven gesäumten Flachwassergebieten und Korallenriffen der Karibikinsel. Die Meinung ist einhellig, das Tier muss aus dem Ökosystem wieder verschwinden, denn durch den Karnivoren sind einheimischen Arten gefährdet. Von alleine wird er nicht weichen, und die Jagd gestaltet sich schwierig. Obwohl er auffällig scheint, sieht man ihn kaum zwischen Acroporen, Bäumchen-Weichkorallen, Haarsternen, Gorgonenhäuptern, Federwürmern oder Kalkröhrenwürmern.

Wassersportler machen immer wieder schmerzhafte Erfahrungen, denn das potente Gift, welches sich in den dekorativen Hartstrahlen der Rücken-, Hinter- und Bauchflossen befindet, löst bei Hautkontakt allergische Reaktionen aus. Diese Abwehrtaktik ist äußerst erfolgreich, so meiden die meisten Taucher diesen Fisch, auch natürliche Feinde gibt es kaum, selbst Haie nehmen Reißaus wenn sie ihn sehen.

Doch wie kann man dem Problem begegnen? Das Institut veranstaltet Wettkämpfe: wer am meisten Exemplare fangen kann, gewinnt. Andernorts dotiert man die Fänge mit Geldpreisen in verschiedenen Kategorien (meiste, größte, kleinste, schönste) und veranstaltet Lionfish-Feste. Sportliche Wettkämpfe sind eine Möglichkeit, die Fische zu reduzieren.

Ich habe gefragt ob man das Problem nicht einfach aufessen könne, doch das scheint nicht ganz ungefährlich zu sein. Ein Taucher der grade mit zwei erbeuteten Exemplaren ans Ufer kam, riet davon ab. Später in der Internetrecherche habe ich dann erfahren, dass der Fisch nach Entnahme des giftigen Teils, der für Menschen ohnehin nicht tödlich ist, durchaus verzehrbar wäre. In Jamaika, der dominikanischen Republik und Puerto Rico wird das Problem so angegangen und der Fisch als nach Hühnerfleisch schmeckender Delikatesse ganz gerne gegessen.

Die Jagdmethode des Fisches ist übrigens sehr ungewöhnlich, er umtanzt sein Opfer, spielt mit seinen schönen Flossen und Stacheln um sich dem beeindrucktem Opfer langsam zu nähern und es blitzschnell wie ein Staubsauger einzusaugen.

Exkurs: Werden Neobiota in ein neues Ökosystem eingetragen, ist meist schwer bis unmöglich diese wieder loszuwerden, nachdem sie sich in ihrer neuen Heimat erst einmal anfangen haben zu reproduzieren. Man nennt sie dann invasive Art, oft sterben endemische, lokale Arten aus, weil die neue Art dieselbe Nische beansprucht, aber keine natürlichen Gegner hat, was rein rechnerisch weltweit zu einer Verringerung der Artenzahl führt.

Bekannte Beispiele für Neobiota sind der Waschbär oder indisches Springkraut in Deutschland. Die Auswirkungen auf Ökosysteme und Gesellschaften sind sehr vielfältig. Während manchen Arten gezielt zur Förderung wirtschaftlicher Aktivitäten eingeführt werden, wandern andere 'illegal' ein ... wie die Varao-Milbe, die den Bienen sehr zusetzt. Die Bewertung dieser Vorgänge ist bisher niemandem abschließend gelungen, denn die Auswirkungen und deren Folgen sind äußerst komplex. Die UNO hat aber errechnet, dass sich die Folgekosten durch das Eindringen invasiver Arten auf weltweit 71,6 Mrd. Euro belaufen. Der angerichtete Schaden beträgt demnach über eine Billion Euro.












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