Sprüh und weg, Herbizideinsatz in Nicaragua

von 15 klara  


Der Weg vor unserem Haus - man sieht deutlich wo mit Chemikalien behandelt wurde.

Vor wenigen Wochen war vor unserer Haustür noch alles bewachsen. Inmitten des grünen Durcheinanders zieht sich jetzt ein verdorrter brauner Streifen bis zu unserer Haustür. Einer der vielen Arbeiter hier, die ihre Dienste als Unkrautvernichter anbieten, hat es anscheinend gut mit uns gemeint und uns, ohne unsere Zustimmung, eine gratis Kostprobe seines Herbizids verpasst. Häufig sieht man diese Männer mit Spritzpumpen auf dem Rücken durch das Viertel laufen. Bei den Häusern, vor denen Grünzeug wächst, fragen sie nach, ob man wünsche, dass sie das Unkraut wegspritzen.

Erstaunlich viele Menschen nehmen diese Dienste in Anspruch. Nach ein bis zwei Tagen verdorren alle Pflanzen und die Erde liegt brach da. Viele Nicaraguaner empfinden das als ordentlich und aufgeräumt. Hinzu kommt noch, dass viele Menschen Angst vor Giftschlangen haben, die sich im hohen Gras verstecken könnten. Natürlich haben auch manche Häuser kleine Gärten mit Blumen und ganz selten sieht man auch mal eine Rasenfläche, aber häufig einfach nur nackte Erde. Auch wir mussten uns schon vor unseren Vermietern rechtfertigen, warum wir die Fläche vor unserem Haus verwildern lassen. Mehrfach wurden wir auch von den Nachbarn gefragt warum wir, denn unser Unkraut so vehement verteidigen.


Das Haus von Gegenüber: unsere Nachbarn ließen ihren Vorgarten mit Herbiziden besprühen, obwohl die Kinder dort täglich spielen. In Nicaragua herrscht kaum Bewusstsein über die Schädlichkeit von Herbiziden.

Wenn man nachfragt, ob ihnen denn klar sei, dass diese Chemikalien schädlich sind, wird zwar immer bejaht, aber es ist schließlich einfach und praktisch und ordentlicher… Ein Bewusstsein für die Schädlichkeit der Chemikalien gibt es kaum: Hier im Ort kursiert, die Geschichte eines alten Manns, der versuchte seinen Fußpilz mit Gramoxone (Wirkstoff Paraquat, einem giftigen und nierenschädigenden Herbizid, das in der EU nicht zugelassen ist) zu kurieren, woraufhin er mehrere Wochen im Krankenhaus verbringen musste.

Paraquat wird auch weitläufig auf Zuckerrohrplantagen an der Pazifikküste Nicaraguas eingesetzt. Dort hat auch das Unternehmen Sugar Estated Limited seinen Sitz die unter anderem den berühmten Rum „Flor de Caña“ produzieren. Auf den Plantagen des Unternehmens wurden knapp 7000 Plantagenarbeiter gezählt, die in den letzten 15 Jahren an Nierenversagen gestorben sind. Auf den Plantagen wird neben Paraquat auch 2,4-D, Bestandteil des im Vietnamkrieg eingesetzten Entlaubungsmittels Agent Orange, eingesetzt. Ein medizinischer Beweis für den Zusammenhang zwischen Nierenversagen und Herbizideinsatz liegt noch nicht vor, weshalb sich das Unternehmen bis heute aus der Verantwortung ziehen kann.


Ananasplantagen auf im Umland Nueva Guineas. Fast wöchentlich sieht man Arbeiter dort Herbizide ausbringen.

Irgendwie schon zynisch wirkt es, wenn das Unternehmen Sugar Estated Limited auf seiner Internetseite mit der seiner Umweltfreudlichkeit prahlt: CO2 und Wasser würde eingespart, sowie Aufforstungsaktionen in Nicaragua unterstützt. Neben dem Artikel stehen Bilder von glücklichen Kindern, die Bäume pflanzen. Auch auf dem Weg zur Arbeit sehe ich fast wöchentlich Arbeiter mit Spritzpumpen auf den Maniok und Ananasplantagen Gift ausbringen. Der Chemikaliensprühnebel stäubt in alle Richtungen und wird vom Wind verteilt, doch die wenigsten Arbeiter tragen überhaupt Handschuhe, geschweige denn einen Mundschutz.

Wir haben, unseren Vermietern und Nachbarn zuliebe, auch vor unserem Haus aufgeräumt, doch ganz umweltfreundlich und chemiefrei mit der Machete. Wenn wieder einmal jemand mit einer Spritzpumpe auf dem Rücken vor unserer Tür steht und fragt, ob er uns helfen kann das Unkraut zu vernichten, werden wir weiterhin ablehnen und sagen, dass wir unser Grünzeug lieben, genauso wie die Pferde, Kühe und Hühner die immer gerne unseren Garten besuchen.

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