Berta lebt! Der Kampf geht weiter!

von 15 marleen  


Bericht und Vortrag

Die Schweigeminute für Berta Cáceres findet ihr Ende in einem lauten Ruf: “Berta vive! La lucha sigue!” ( Berta lebt! Der Kampf geht weiter!). Wir gedenken Ihrer in unserm kleinen Friedenszentrum der costaricanischen Hauptstadt San José mit einer kleinen Feier, zu der so viele Menschen wie selten zuvor gekommen sind. Anlass ist die Ermordung der Umweltaktivistin und Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres aus Honduras in der Nacht vom 2. auf den 3. März.

In Mittelamerika stehen sie und der COPINH ( Rat populärer und indigener Organisationen in Honduras ) für den Widerstand gegen das Staudammprojekt Agua Zarcas. Das Megaprojekt wird nämlich im Gebiet des indigenen Volkes der Lenca gebaut, die dort die größte Gruppe indigener Bevölkerung ausmachen. Berta war Mitbegründerin und Koordinatorin dieses Rates. Zusammen mit anderen AktivistInnen organisierten sie seit der Gründung 1993 zahlreiche Proteste mit indigenen Gemeinden, gegen Vertreibung durch große Konzerne oder gegen Privatisierungen von Flüssen (1). Für viele ist sie ein Symbol des überzeugten und hartnäckigen Kampfes zum Schutz der Natur und des Lebens. 2015 erhielt sie deswegen sogar den rennomierten Goldman Preis. Auf der Empfangsrede (siehe Video unten) machte sie deutlich:

“Unsere Mutter Erde, militarisiert, eingezäunt, vergiftet und auf der systematisch Menschenrechtesverletztungen begangen werden, verlangt von uns aktiv zu sein! Lasst uns Gesellschaften aufbauen, die uns erlauben, zusammen in einer gerechten und würdigen Weise zu leben! Lasst uns zusammenschließen und weiter machen mit Hoffnung das Blut der Erde und seine Geister zu schützen.”



Neben ihrem Foto hängen im CAP noch zwei weitere ihrer Zitate:

“Der Tod ist kein Grund zum Aufgeben.”

“Die Menschen die kämpfend sterben, sterben nie.”

Die Lebensgeschichte von Berta Cáceres verkörpert genau dies, denn sie wurde schon vor ihrer Ermordung verfolgt, bedroht und angeklagt aufgrund ihres Einsatzes gegen den Staudamm. Von dessen Bauplanung in Rio Blanco ihre Gemeinde erst etwas mitbekam, als schon Bagger in das Gebiet rollten. Damit wurde ganz offensichtlich das Recht der indigenen Völker auf eine freie, vorzeitige Konsultierung und Informierung gebrochen (Konvention 169 der ILO). Es folgten harte Zeiten des Widerstandes: Anwesenheit und Belästigung von Seiten des Militärs, Polizei, privaten Wächtern und Auftragskillern. Berta hatte einmal zur BBC gesagt, dass sie wusste, der Kampf gegen den Staudamm würde hart werden, aber sie wüsste auch, dass sie triumphieren würden; dies habe ihr der Fluss gesagt. Ein Jahr lang blockierten die Lencas die Baustellenzufahrt. Während diesen Demonstrationen wurden drei Lencaführer umgebracht. Darunter Tomás Garcia, der bei der Blockade von einem Soldaten erschossen wurde, welchen man nach ein paar Tagen wieder frei lies (2).








Auf der Gedenkfeier erzählt eine Frau honduranischer und nicaraguanischer Abstammung von dem starken Eindruck, der die Begegnung mit Berta in ihrem Leben hinterlassen hat. Ihre Worte ließen spüren, wie standhaft Berta war. Fast beiläufig im Nebensatz erwähnt diese Frau, dass auch sie auf Grund ihres umweltpolitischen Engagements verfolgt wurde und ihr Sohn, der sich gegen den Staatssturz 2009 einsetzte, auf der Liste der Gesuchten stand.

Erschreckt bekomme ich einen Einblick in eine mir fremde Realität; ein Land, wo Menschen, die sich für den Erhalt der Natur einsetzen, um ihr Leben fürchten müssen, wo Verfolgung und Straflosigkeit zur Normalität geworden sind.

Honduras ist das gefährlichste Land der Welt für Umweltschützer: Laut Global Witness wurden zwischen 2010 und 2014 mehr als 100 Aktivisten ermordet (1). 90% der Morde und Menschenrechtsverletzungen wurden nicht aufgeklärt nach Angaben von ACI-PARTICIPA (Asociación para la participación ciudadana en Honduras).

Während ich diesen Artikel schreibe, wurde ein weiteres Mitglied von COPINH ermordet (3)! Das sind zusammen mit Manfredo Méndez Barrios, der im Maya Biosphere Reserve in Guatemala lebte und arbeitete (4), drei Umweltaktivisten in zwei Wochen!!

Neben dem Schock über die Härte dieser Realität wächst in mir eine große Bewunderung für diese Menschen. Bewunderung für ihren Mut, trotz der offensichtlichen Lebensbedrohung aufzustehen und zu protestieren. Bewunderung für ihre Kraft, sich mit den internationalen Konzernen anzulegen und Widerstand gegen die zerstörerischen Großprojekte zu leisten. Bewunderung für ihre Standhaftigkeit und Verschreibung ihrer Ideale und Visionen, trotz Einschüchterung und Verfolgung. Bewunderung, für ihren konsequenten Einsatz zum Erhalt ihrer uralten Kultur und der einzigartigen Natur.

Ich bin entsetzt und fühle mich den Geschehnissen persönlich nahe, nicht nur durch die Gedenkfeier im CAP.

Aber dann verstehe ich, dass ich den Fokus auf die Erfolge setzen muss: Durch den langjährigen Widerstand der indigenen Gemeinde zog sich der chinesische Investor Sinohydro 2013 aus dem Staudammprojekt zurück. Auch die Internationale Finanz-Corporation als Teil der Weltbankgruppe strich wegen der Menschenrechtsverletzungen die Finanzierungen (2).

Nun bestehen NGOs, wie Friends of the Earth darauf, dass auch Voith Hydro, ein deutsches Gemeinschaftsunternehmen von Siemens und Voith die Unterstützung des Projekts aufgibt. Mittlerweile soll der Staudamm zwar nicht mehr auf dem Gebiet der indigenen Gemeinde entstehen, aber selbst die Umleitung des Flusses würde das Leben dort genauso unmöglich machen (2).

Nach meiner Recherche wird mir klar, wie symbolhaft dieser Ruf: “Berta Vive! La lucha sigue!” nach der Schweigeminute eigentlich war. So viel Gewalt aus ökonomischen Interessen auch gegen diejenigen eingesetzt wird, die sich für die Umwelt und Menschenrechte einsetzen… Sie werden nie verstummen. Niemals aufgeben.

So ist Berta und ihr Widerstand zu einer Ikone geworden. Ihre Geschichte geht um die Welt. Überall gibt es Solidaritätsaktionen und Demonstrationen. Immer mehr Menschen werden aufgerüttelt und setzten sich gegen dieses System ein, in der Profit mehr zählt als Menschenleben.

Bilder von Aktionen weltweit anlässlich Bertas Ermordung siehe hier





Quellen:


Viele weitere Informationen zu dem Fall von Berta findest du unter den folgenden Adressen:

Kleine filmische Doku über Berta und den Widerstand von COPINH, vimeo.com
Film Empfangsrede für den Goldmann Preis, youtube.com
(1) Lea Fauth: “Ihre Waffe war die Stimme”, taz, 28.03.2016
(2) Alejandra Martins: “Honduras: matan a Berta Cáceres, la activista que le torció la mano al Banco Mundial y a China“, bbc.com, 28.03.2016
(3) Nina Lakhani: “Fellow Honduran activist Nelson García murdered days after Berta Cáceres”, guardian.com, 28.03.2016
(4) Sandra Cuffe: “Killing of Guatemalan activist in the Maya Biosphere Reserve raises alarm”, mongabay.com, 28.03.2016

Weitere informative Artikel:

Jonathan Watt: “Berta Cáceres, Honduran human rights and environment activist, murdered”, guardian.com, 28.03.2016
Pro REGENWALD: “Mord mit Ankündigung – Aktivistin Berta Cáceres erschossen”, www.pro-regenwald.de, 28.03.2016
Ralf Leonhard: “Die Mörder waren gut informiert”, taz, 28.03.2016

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