Den eigenen Fleischkonsum überdenken

von sven_10  

Ich bin selbst kein Vegetarier, Steaks und Schweinebraten schmecken mir einfach zu gut. Fisch ist mein unerlässlicher Omega3-Fettsäurenlieferant, egal ob in Fischstäbchen oder in der Paella. Sogar die Formfleisch-McNuggets mit süß-sauer Sauce ess ich hin und wieder sehr gerne. Aber irgendwo muss Schluss sein. Als ich mir bewusst wurde, wie selten ich kein Fleisch gegessen hatte, drehte sich mir der Magen um. Eine Frage stellt sich jedoch grundsätzlich. Brauchen wir überhaupt tierische Produkte zur Ernährung? Die Wissenschaftler sind sich uneinig. Manche behaupten jedoch, dass Fleischprodukte während der Wachstumsphase die nötigen Proteine zur Entwicklung von Muskeln, Gewebe und Gehirn liefern. Ein veganischer Lebensstil kann hingegen zu schweren Unterentwicklungserscheinungen führen. Diese Frage will ich hier jedoch nicht beantworten. Fakt ist, es wird weiter Fleisch produziert und gegessen.

Man stelle sich vor, jeder könnte sich Fleisch leisten. Die Weltbevölkerung von derzeit fast 7 Milliarden Menschen als Fleischkonsumenten, die jeden Tag mindestens eine Scheibe Salami essen. Wie viele Tiere müssten dafür am Tag ihr Leben lassen. Und wieviel Weide-und Anbaufläche für Futtermittel bräuchte man, um diese Tiere zu ernähren? Die unethische Massentierhaltung haben wir längst erfunden, die kann man bestimmt noch ein bisschen effizienter machen. Doch wer will schon das Fleisch von zusammengepferchten, turbogemästeten, sich gegenseitig zerrupfenden Hühnern? Fast Alle! Die Perversion der heutigen Fleischproduktion ist noch nicht in unseren Köpfen angelangt. Noch freuen wir uns darüber, beim Lidl nur 1,50 € für zwei Holzfällersteaks vom Schwein zu bezahlen.

Hier in Costa Rica ist ethische Tierhaltung in der Öffentlichkeit auch überhaupt kein Thema. Niemand interessiert sich dafür, woher das "Pollo frito" (fritierte Hühnerteile) kommt, das man an jeder Strassenecke kaufen kann. Wie die Tiere hier aufgezogen werden, will ich aus Ekel eigentlich gar nicht wissen. PeTA wo seid ihr, gibts euch auch in Lateinamerika? Oder schiessen die hier auf euch? Nach dem gewaltsamen Tod einer Umweltaktivistin vor wenigen Monaten würde es mich nicht wundern, wenn ihr euch hier lieber fernhaltet.

Was mich bei unseren Baumpflanzaktionen geschockt hat, waren die riesigen Weideflächen für Rinder, die wir auf dem Weg zur Arbeit passieren. Hektarweise gerodete Urwaldflächen für ein paar vereinzelte Tiere. Und natürlich eine ebenso große "Ausweichweide", damit auf der anderen das Gras wieder nachwachsen kann.

In Deutschland benötigt eine Kuh etwa 1200 m² Weidefläche im Sommer, jedoch bekommt sie da noch Kraftfutter im Stall. Also kann man in Costa Rica getrost von der doppelten Fläche ausgehen, da es hier keine Ställe gibt, die Tiere ganzjährig auf der Weide stehen und nur wenige Farmer zusätzliches Futter bereitstellen. "Ausweichweide" hinzugerechnet enspricht das ca. 0,5-0,6 ha pro Rind. Zwar könnte man hier von Biofleisch sprechen, da die Rinder keine Hormonspritzen brauchen, kein verseuchtes Mastfutter bekommen und genug Auslauf haben, doch in Hinsicht auf die CO² - Bilanz und die Biodiversität ist auch dieses Fleisch eine Umweltkatastrophe. Durch die Rodung von Waldflächen wird unglaublich viel CO² freigesetzt und ein wichtiger Kohlenstoffspeicher geht verloren (noch gravierender: Brandrodung!). Ebenso verschwinden viele Baum-, Tier und Insektenarten durch die Abholzung, die Wasserqualität in der Region nimmt durch das im Urin enthaltene Ammoniak zusätzlich ab. Und die Viecher furzen ja auch noch jede Menge Abgase in die Luft, so emittiert eine Kuh pro Kilo Fleisch knapp 15 Kilo Treibhausgase. Die Rinder in Deutschland benötigen zwar weniger Weidefläche, jedoch werden sie mit Mais-und Soja-Kraftfutter gemästet, das auf ehemaligem brasilianischem Urwaldboden angebaut wird. Ein Teufelskreis allererster Ordnung!

Die Rechnung kennt mittlerweile (fast) jeder: Um 1 Kilo Rindfleisch zu produzieren, benötigt man zwischen 7-16 Kilo Kraftfutter und etwa 15.000 Liter Wasser. Um die Industrieländer mit ausreichend Fleisch zu versorgen wird tonnenweise Getreide aus Entwicklungsländern importiert, was dann der örtlichen Bevölkerung zur Ernährung fehlt. So entstehen Hungersnöte. Diese Entwicklung wird zusätzlich angeheizt, seitdem die Finanzmärkte das Spekulieren auf Rohstoffe und Nahrungsmittel wiederentdeckt haben. Die schwachsininige Verbrennung von Nahrungsmitteln als Biodiesel trägt zusätzlich dazu bei, dass sich die Ärmsten der Armen immer schwieriger ernähren können. Vor kurzem gab es ja bereits in Mexiko die sogenannte Tortillakrise, da die Preise für Mais aus den USA sich verdreifachten und die Chicos die Jahre zuvor wegen des US-Dumpingangebots verlernt hatten, ihr Grundnahrungsmittel selbst anzubauen um dann von Markpreisschwankungen unabhängiger zu sein. Auch in vielen anderen Entwicklungsländern spitzt sich die Situation zu! Hier nur zwei Beispiele:
Tortillakrise
Fleisch zerstört Wald

Mein Unvermögen, auf lecker Fleisch zu verzichten, versuche ich nun durch bewussten Fleischkonsum zu kompensieren. Eine Vegetarierin hielt mal ein interessantes Referat an unserer Schule, ihre Theorie war: EINMAL die Woche Fleisch essen, und dem Tier einen gewissen Respekt erweisen. Viele vergessen, dass das tägliche Wurstbrot ein tierisches Produkt ist (ja, ja, nur zum Teil. Lacht nur...). Auch unser Einkaufsverhalten ist pervertiert und muss sich ändern. Zu jeder Tageszeit ist für jeden Verbraucher die komplette Warenpalette im Supermarkt verfügbar, das ist falsch! Wenn die Schnitzel aus sind, nimm Koteletts. Sind auch die vergriffen, verzichte mal auf Fleisch. Zu diesem Thema kann ich die Dokumentation: "Essen im Eimer" empfehlen. Was in unseren Supermärkten täglich weggeschmissen wird, ist schlichtweg kriminell!

PS: Derzeit muss ich mir kaum Gedanken um mein Fleisch-Konsumverhalten machen, da wir auf unserer Station 2 Vegetarier unter uns haben, und daher sowieso nur Grünzeug auf den Teller kommt. Fleisch können wir uns ohnehin nur selten leisten. Fazit: kein Problem! Ich fühle mich sogar gesünder und bin beim Kochen kreativer! Das werde ich auf jeden Fall beibehalten und kann jedem weiterempfehlen, mal einen Monat auf Fleischprodukte zu verzichten. Vor noch hundert Jahren gabs in Deutschland auch nur einmal die Woche Fisch oder Fleisch.

Esst bewusster!

Hinweis: Argumente zu den Folgen des Fleischkonsums gibt es auch bei Pro REGENWALD, wo man ein Infoblatt zum Verteilen anfordern kann.


ziemlich viel Umweltzerstörung in der Auslage
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2 Kommentare

Kommentar von: Christian Förster [Besucher]

Super Beitrag!
Bin selbst Vegetarier aus eben diesen Gründen und find es schön, dass du über dieses wichtige Thema schreibst!

Liebe Grüße und viel Spaß noch beim kreativ-und-fleischlos Kochen,

Chris

Kommentar von: Dieter Häseler [Besucher]

Esse seit der Lektüre von Froers “Tiere essen” vor einem Jahr kein Fleisch mehr, obwohl ich bis auf Currywurst alles gern gegessen habe. Der Verzicht ist nicht schwierig, wenn man vor dem ersten Biss an die Qualen der Tiere denkt (Nicht nur die Haltung betreffend, sondern auch den Schlachtungsprozess!). Und wie kann man sich über das Schächten (zurecht) aufregen, wenn man mit seinem Fleischkonsum zulässt, dass Tiere gequält werden?

Gruß

Dieter


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