Sport ist Mord

von 15 hannah  


Mit Krücken ausgestattet, alles im Griff

Es war Mittwoch der 03.02.2016. Der Tag begann wie jeder andere, aber endete ganz anders. Ich hatte angefangen Fußball im Dorf zu spielen. Es begann mir sogar Spaß zu machen, was ich vorher nie geahnt hätte. Und ich wurde von Spiel zu Spiel besser. Aber das Spiel an diesem Tag wird wohl jedoch mein letztes gewesen sein für dieses Jahr:

Während des Spiels wollte ich einem Gegenspieler den Ball abnehmen und trat dabei falsch auf. Ich hörte einen lauten Knacks und fiel sofort auf den Rasen. Ein Schmerz, den ich vorher noch nie erlebt habe. Weinen konnte ich trotzdem nicht, ich stand unter Schock. Ich lag da und konnte und wollte mich nicht mehr bewegen. Ich kniff meine Augen zusammen um den Schmerz zu unterdrücken. Als ich sie öffnete und zum ersten Mal meinen Fuß ansah, bekam ich einen Schreck! Mein Knöchel war mindestens doppelt so dick wie vorher. Alle Mitspieler hatten sich um mich versammelt und schauten mich an. Einige gingen los und sagten meinen Mitbewohnern und meinem Arbeitskollegen Bescheid und andere holten schnell Eis zum kühlen. Zwei Dorfbewohner haben mich dann zur Pulperia getragen.

Mein Arbeitskollege rief meinen Chef an und fragte in welches Krankenhaus wir fahren sollten. Meine Mitbewohner kamen mit dem Auto und all meinen Papieren. Ich nahm noch eine starke Schmerztablette und bald ging dann die holprige Fahrt los in Richtung Krankenhaus. Jedoch nahmen wir erst mal die falsche Autobahnauffahrt und fuhren fast eine Stunde in die falsche Richtung. So dauerte dann die eigentlich relativ kurze Fahrt doppelt so lange.

Als wir dann doch endlich ankamen, meldete ich mich in der Notaufnahme an und musste circa eineinhalb Stunden warten bis ich vom Arzt aufgerufen wurde. Es war dieselbe Ärztin, die genau zwei Wochen zuvor meinen Mitbewohner behandelte und da schon keine große Hilfe war. Ich bekam einen Zettel, mit dem ich zum Röntgen ging. Dort musste ich auch wieder eine Weile warten, eh ich dran kam. Mit meinen Aufnahmen sollte ich dann zu einem anderen Arzt gehen. Dieser sah sich das Bild an und meinte es wäre ein Fall für die Orthopädie. Also ging ich zum Orthopäden. Dieser sagte mir, dass es nur eine Prellung sei und ich solle jeden Tag ausreichend kühlen und den Fuß bewegen, jedoch nicht belasten. Ich bekam noch Schmerzmittel verschrieben und wurde dann entlassen. Krücken bekam ich jedoch nicht.


Kaputtes Knie


ehemals begeisterte Fussballer und Fussballerin

Im Korridor kamen wir erst am nächsten Morgen halb sieben wieder an. Die nächsten Tage gestalteten sich nicht leicht. Mein Mitbewohner hatte Krücken, diese brauchte er jedoch selbst für sein kaputtes Knie. Er war so nett und gab sie mir trotzdem und benutzte selber nur einen Stock als Gehhilfe. Während mein gesunder Mitbewohner tagsüber arbeitete, verbrachten wir zwei Verletzten die Tage zusammen mit Kühlen.

Am 07.02. mussten wir zu unserem Zwischenseminar fahren. Dort bekam ich zum Glück noch ein paar Krücken, sodass wir beide die Tage gut überstehen konnten. Nach dem Seminar fuhren wir zusammen nach San José, um dort nochmal ins Krankenhaus zu gehen, da es unseren Verletzungen immer noch nicht besser ging. Wieder mussten wir uns röntgen lassen. Und was dabei raus kam, war dann doch erstaunlich. Mein Wadenbein war angebrochen, weswegen es immer noch unmöglich war, meinen Fuß aufzusetzen. Der Arzt verschrieb mir eine Schiene und Krücken, die ich gleich in der Krankenhausapotheke holen konnte. Diese Diagnose bedeutete einen Monat auf Krücken für mich. Damit es für mich leichter ist, bin ich für diese Zeit nach San José gezogen. Hier verbringe ich trotzdem die meiste Zeit mit meinem Laptop im Bett. Mein Wadenmuskel ist schon butterweich und der Rest meines Körpers sehnt sich ebenso endlich wieder nach richtiger Bewegung, ohne Krücken!

Es war keine gute Erfahrung für mich, jedoch ziehe ich auch daraus meine Schlüsse. Ich kann jedem sagen, der nach Costa Rica kommt, er solle umgehend ein privates Krankenhaus aufsuchen und sich nicht auf die Diagnosen der öffentlichen Einrichtungen verlassen, falls ihm etwas zustoßen sollte. Das Traurige an der ganzen Sache ist, dass die „normale“ Bevölkerung sich einen Arztbesuch in einer privaten Einrichtung nicht leisten kann. Das hat schon vielen Leuten das Leben gekostet. Und das wird es wohl leider auch noch vielen weiteren, allein nur, weil eine Fehldiagnose gestellt oder falsch behandelt wurde. Die costaricanische Krankenversicherung deckt nur Arztbesuche in den öffentlichen Krankenhäusern. Alles was darüber hinausgeht, muss aus eigener Tasche bezahlt werden und so etwas ist nicht billig. Wir Deutschen bekommen das jedoch gar nicht mit, wie viel eigentlich Röntgen kostet, da bei uns einfach die Versicherungskarte durchgezogen wird und damit alles erledigt ist.

Die Tatsache, dass ich allein für das Röntgen $90 bezahlen musste, hat mich staunen lassen. Und dann ist es völlig verständlich, dass sich die meisten Einheimischen so eine Behandlung gar nicht leisten können. Costa Rica ist dazu noch eines der reichsten und fortschrittlichsten mittelamerikanischen Ländern und wenn hier schon so eine schlechte Versorgungsqualität in den öffentlichen Einrichtungen besteht, möchte ich mir gar nicht ausmalen, wie es vielleicht in Ländern wie Nicaragua oder Honduras aussieht.

BlogNo:09

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