In meinem Kopf, das Extrem

von 16 tabea  

Frauenfeindlich haben sie gesagt, Machismo, haben sie gesagt. Aber William ist freundlich, er gibt sich Mühe langsam zu sprechen, weil wir nur wenig verstehen. Er macht seine Witze und regt sich künstlich darüber auf, dass wir sie nicht verstehen. Ich mag William.

Die anderen Leute in Fedeagua sind weniger nett, begrüßen uns nur kurz, zeigen nicht wirklich Interesse. Beim Essen bieten sie nur Alex eine Schüssel mit Chips an und sprechen mit mir von oben herab. Aber vielleicht ist das auch mehr Einbildung, und sowieso ist es kein Problem! Ich habe mit dem schlimmsten gerechnet, mit Respektlosigkeit, Verachtung, da sind das hier schon fast lächerliche Gesten. Es passiert weiter nichts. Ich muss nicht kämpfen, mich nicht behaupten gegen irgendetwas. Ich bin sehr zufrieden, alles hätte viel schlimmer sein können, ich warte schon fast darauf, dass irgendwas passiert.

Zugegebenermaßen sieht William nicht aus, als würde er viel von mir erwarten, von uns erhoffen, aber scheinbar liegt das an den vorherigen Freiwilligen, er schimpft ziemlich viel auf sie, nennt schlechte Beispiele. Wir werden ihn stolz machen, nehme ich mir vor. Wir werden alles richtig machen und ich werde ihm beweisen, was es heißt Frau zu sein, Freiwillige zu sein.

Mittlerweile mag William uns auch. Wir sind fleißig, erledigen alle Aufgaben gewissenhaft, sind nichts zu spät, arbeiten viel. Auch wenn er es nie direkt sagt, William ist mehr als zufrieden. Seine Augen lügen nicht und er sagt er ist dankbar.

Ich bin positiv überrascht, von allem. Vielleicht ist es meine Art vom Schlimmsten auszugehen und keinerlei Erwartungen zu haben, die mich rettet, oder es ist mein Optimismus. Ganz egal was es ist, ich bin zuversichtlich, ich bin zufrieden mit allem. Ich frage mich, wie und ob es so weiter geht, ob mir noch das „wahre Gesicht“ gezeigt wird und sich alles ändert. Ob das nur der Anfang ist und ich bald gegen meine indirekte Unterdrückung ankämpfen muss… Es bleibt spannend.

Das hier sind normale (gut, darüber lässt sich streiten ;) Menschen, sie haben ihre Eigenarten und Traditionen, haben Bräuche und bestimmte Vorstellungen und Wünsche. Aber es sind Menschen, so wie ich. Alles kann kommuniziert werden und solange ich nicht scheu werde, das zu tun, wird alles gut gehen. Ich werde meinen Platz finden unter den Kommunisten, so wie ich meinen Platz finde, in jeder Gruppe von Menschen.

BlogNo:02

1 Kommentar

Kommentar von: an [Besucher]

frauenfeindlichkeit zeigt sich oft nicht sehr offen, sondern im Verborgenen, auch in D und vielleicht ist es auch der falsche Ausdruck für ein Phänomen, das ja auch ein bisserl nachvollziehbar ist - gleich und gleich gesellt sich gern oder so ähnlich - d.h. es wird tatsächlich vermehrt mit dem Angehörigen des gleichen Geschlechts gesprochen, mehr Verantwortung übergeben etc.. aber eher unbewusst.. , schön, wenn es bei William dann wohl nimmer so ist, man kann auch tatsächlich überinterpretieren..


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