Das Leben mitten im Regenwald - als ich neulich die Küche putzte

von 16 lennard  

Das Leben im Korridor kann man sich durch und durch harmonisch vorstellen. Unser Haus liegt direkt an dem tollen Fluss zum Baden und rundum umgeben von Urwaldbäumen. Wir leben hier meistens in harmonischer Eintracht und sehen täglich exotische Tiere wie die Weißschulterkapuziner-Affen, Tukane oder Nasenbären. Man hört ständig die Geräusche des Waldes, des Regens, der auf das Stationsdach prasselt, und der Zikaden und Vögel. Durch und durch harmonisch also.

Der Teufel lauert hier leider im Detail. Es könnte alles so schön sein aber leider fällt immer wieder lästige Hausarbeit an, die es oftmals in sich hat. Erst letztens musste ich am eigenen Leib erfahren, wie hart der Alltag hier sein kann. Mir wurde die Aufgabe übertragen die Küche zu putzen, etwas eigentlich alltägliches, das jeder von uns schon oft gemacht hat. Aber glaubt mir: Hier im Korridor die Küche zu putzen ist eine ganz andere Nummer.

Zuallererst musste ich mich mit den erforderlichen Materialien bewaffnen, um diese Aufgabe meistern zu können. Aus der Arbeitsplatte aus Stein entwachsen hin und wieder kleine Schimmelpilzkolonien, die uns das Leben schwer machen. Aus diesem Grund gehört das Mr Musculo Anti-Hongo-Spray zur Standardausrüstung einer jeden Putzfachkraft hier.

Des Weiteren ist die Wahl des richtigen Lappens kein Kinderspiel, wenn ich keine bösen Blicke von meiner Mitbewohnerin Anna ernten möchte. Es gibt nämlich immer einen sauberen Lappen, der beispielsweise für den Tisch benutzt wird, und einen, der für die schmutzige Arbeit benötigt wird. Da ich stets wenig Ahnung habe, welcher nun der Richtige ist, habe ich nur eine 50% Chance, auf Anhieb die richtige Ausrüstung zu wählen um mich der Küche zu stellen.

In dem Fall, von dem ich nun berichten werde, hatte ich in dieser Hinsicht zumindest Glück, da ich mich nach meinem Bauchgefühl für den richtigen Lappen entschied.

Ich beschloss nach einiger Überlegungszeit, mich zuerst der Arbeitsplatte anzunehmen. Ich erspare die schmutzigen Einzelheiten, nur so viel sei gesagt: Die Platte wurde mit dermaßen viel Anti-Hongo-Spray eingedeckt, dass nun jede einzelne Pilzspore vertrieben sein sollte.

Ich dachte danach, ich hätte den schlimmsten Teil hinter mich gebracht. Welch fataler Irrtum. Sobald ich unseren Küchenschrank mit Lebensmitteln öffnete schlug mir ein Geruch wie eine Faust ins Gesicht. Ich wusste sofort: Damit ist nicht zu spaßen. Der Schimmel hatte einen Weg gefunden, in den Küchenschrank einzudringen und die Lebensmittel mit Verderben zu überziehen.

Hierzu muss ich nun einen kleinen Exkurs einstreuen. Der Schimmel ist im Korridor unser stetiger Begleiter. Dies liegt insbesondere an der extrem hohen Luftfeuchtigkeit hier mitten im Regenwald. Viele von den diesjährigen Freiwilligen mussten das bereits in den zwei Wochen Einführungsseminar hier erfahren. Kaum jemand, dem nicht der Rucksack oder das ein oder andere Lederutensil verschimmelte. Seit wir zu zweit hier sind können wir glücklicherweise alles in den Trockenräumen verstauen, wo der Schimmel weniger Chancen hat. Trotz aller Vorsicht kommt es leider immer wieder zu unerfreulichen Entdeckungen am Ledergürtel oder am Kulturbeutel, wo der Schimmel unbemerkt sein teuflisches Werk verrichten konnte.

Nun hatte er also unsere Vorräte angefallen. Schnell konnte ich die Urheber des Gestanks identifizieren. Der schwarze Tee war am Boden von einem riesigen Pilzüberzug bedeckt. Außerdem hatten unsere Vorgängerfreiwilligen ihre gesamten Vorräte an offenem Pannadepulver zurückgelassen, das dem Schimmel als ideale Brutstätte diente.

Mit angehaltenem Atem widmete ich mich diesem Problem und entsorgte alles Schimmlige fachgerecht in den Mülleimer. Nach kurzer Überprüfung der restlichen Vorräte konnte ich glücklicherweise feststellen, dass eine Katastrophe gerade noch verhindert wurde und die restlichen Lebensmittel nach wie vor genießbar waren.

Ich war damit fast fertig. Es fehlte nur noch der Herd. Und es wurde noch schlimmer, als ich befürchtet hatte.


Schimmelspaghetti

Hinter der Herdplatte hatten sich unbemerkt kleine Mengen Lebensmittel gesammelt. Hier ein paar Reiskörner, da eine Spaghetti oder ein Stückchen Gemüse, das dem Kochlöffel entkommen war.

Selbstredend war das kein schöner Anblick. Ich wage keine Prognose abzugeben, wie lang das Zeug dort bereits lag, aber ich bin mir fast sicher, dass sie bei unserer Anreise vor einem Monat bereits dort waren. Die Stelle ist nämlich ganz schlecht zu erreichen, da zuerst die Herdplatte abgenommen werden muss und danach noch der Rost vom Ofen darunter entfernt werden muss. Nun, genau das habe ich auch getan. Dabei kam noch ein weiteres gutes Stück des Elends zum Vorschein. Ich möchte gar nicht wissen, wie viel Lebenszeit mich jeder Atemzug der Schimmelpilzsporenluft kostete, aber es gelang mir unter Zuhilfenahme des Anti-Hongo-Sprays den gesamten Herd sauber zu machen.

Hiermit hatte ich meine Schuldigkeit getan und die Küche war so sauber, wie sie lange nicht gewesen war. Ich berichtete Anna von meinen furchtbaren Erlebnissen und wir waren uns einig: So etwas darf nie wieder einem von uns zugemutet werden.


Unser Herd, neuerdings mit dem Schmutzverhinderungsbrett

Zumindest für den Herd haben wir mittlerweile eine Lösung gefunden. Ich habe ein Holzbrett zurechtgesägt, das genau von der Wand bis zur Herdplatte geht und verhindert, dass Dreck auf den Ofen fällt und dort verschimmelt.

Aber wir geben uns keinen Illusionen hin. Der Kampf gegen den Schimmel ist nicht zu gewinnen und Operationen, wie die meinige, werden auch in Zukunft erforderlich sein. Wir hoffen aber, dass wir beide hartgesotten und kaltblütig genug sind, alle notwendigen Maßnahmen umzusetzen, um dem Schimmelpilz das Leben so schwer wie möglich zu machen.

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