Welten

von 16 tabea  

Ich sitze im Bus, es ist halb 6 in der Früh und wir sind, gemeinsam mit William, auf dem Weg zu einem Treffen mit einer Comunidad in Costa Pájaro. Meine Gedanken schweifen, ebenso wie mein Blick, durch die Landschaft.

Die Sonne geht grade auf, rötliches Licht flutet die Wiesen und Bäume und die bewachsenen Hänge liegen still und unberührt da. So schön und schon so vertraut, diese aneinandergereihten Bilder hinter Glas. Ich fahre nur aus einem Grund gerne in Autos oder Bussen, es ist die Art, wie man all das draußen wahrnimmt, unvergleichbar. Ich kann gut denken, gut fühlen, wenn alles an mir vorbeifliegt. Und das tut es.

Ich sehe, dass das Bild nicht gleichbleibend ist. Wir passieren bröckelnde Häuser in den Straßen, fahren weiter, vorbei an kaputten Häusern und Fincas. Und je weiter wir fahren, desto mehr verändert sich, aus den Häusern werden Hütten, aus den Hütten werden Schuppen und Ställe. Und aus diesen werden Bretter und Wellblech, bis ich schlussendlich nur noch Trümmer sehe, Ruinen, wenn man so will, Müll. Und so verändern sich auch die Menschen, je weiter man in eine arme Gegend fährt. Die Kleidung wird schmutziger, kaputter, das Lächeln wird zahnloser, immerhin, es bleibt ein Lächeln.

Die Existenz der Menschen verändert sich. Aus dem Leben wird ein Überleben, je weiter wir uns der Küstenregion nähern. Es riecht nach Fisch und Kühen, es weht ein anderer Wind.

Wir steigen aus, und mir wird klar, dass man Armut so schnell verdrängt. Man schließt die Existenz von Armut einfach aus seinem Leben aus, so wie die Existenz der Menschen, die in solcher leben.

Alle diese Leute, sie sind hier Zuhause, sie wohnen zwischen diesen provisorisch aufgebauten Planen und Platten, sie verbringen ihren Alltag hier, ihr ganzes Leben. Aber dieses Leben ist längst ein Überleben geworden und wir kümmern uns nicht darum. Verständlicherweise, denn wir sehen es nicht, haben es nicht vor Augen. Aber jetzt, jetzt habe ich es vor Augen und es verschlägt mir die Sprache.

Mir wird klar, dass der Ausdruck, die Welt mit anderen Augen sehen, nicht richtig ist. Ich sehe noch mit meinen Augen, aber ich sehe eine andere Welt.

Diese Welt ist genauso wahr wie meine und sie will von mir wahrgenommen werden. Und ich kann sie nicht verdrängen, denn es sind meine Augen die sie sehen, die sich nicht verschließen wollen.

Ich denke ich bin bereit. Bereit mit meinen Augen zu sehen, den Wandel in der Umgebung wahrzunehmen, in Welten einzutauchen, sie zu leben. Ich möchte Teil davon sein.

BlogNo:05

1 Kommentar

Kommentar von: Marie [Besucher]

Wow.
ich war ein jahr in der schönen Costa. definitiv eine andere welt, sehr spannend, man muss sich nur drauf einlassen und sich zeit nehmen. viel mut und kraft dabei! Es lohnt sich


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