Und, wie wars?

von 15 marie  

Wie war mein Jahr? Ich sage meistens nur ein bisschen, aber eigentlich braucht es viel mehr Zeit, um dieses Jahr in Worte zu fassen. Die knappe Antwort ist bei weitem nicht ausreichend, um 384 Tage einzufangen. Denn es war nicht nur schön, es war so vieles mehr ..

Es war wunderschön, interessant, unvergesslich. Ich hatte Heimweh, wollte nicht mehr zurück, wurde verstanden, überraschte, enttäuschte. Fragen blieben unbeantwortet, ich war es leid, nicht zu verstehen. Ermüdet durch die Ferne des Ziels. Verlor es aus den Augen und fand es wieder. Erkannte die Wichtigkeit von Geduld und Umdenken, Reflektieren und Ruhen-Lassen. Neue Fragezeichen erschienen, das eine löste sich auf, das andere wurde umso größer. Ich fühlte mich Teil von etwas besonderem, gebraucht, unnütz, am falschen Platz. Wut wurde abgelöst von Verständnis, aus Angst wurde Begeisterung. Eine Idee wurde verworfen, verwirklicht, machte mich stolz, brachte mich zum Stillstand. Meinen Weg kreuzten Motivierte, Hoffnungslose, Kämpfer, glückliche Verlierer, die in ihrer Situation Gewinn und Reichtum entdeckten. Ich dachte, ich fühlte, ich hörte nur. Ich wurde mir selbst fremd, lernte mich dadurch besser kennen. Es war heiß, schwül, regnerisch, neblig, windig, trocken, nass. Es wurde düster und bunt, aus Ruhe wurde Chaos. Starke Gegensätze wirkten auf mich, machten mich bewusster, sprachlos, traurig, gleichzeitig glücklich. Mehr denn je schätzte ich Vertrauen, Verständnis, Freundschaft, Zuneigung und Liebe. Es fing so plötzlich an und noch viel abrupter hörte es wieder auf. Es wurde nicht, wie ich es wollte, aber gerade deswegen so gut.

Ich kann so viel erzählen, aber doch ist dieses Jahr, dieser Ort, diese Menschen wenigen bekannt, wenige teilen meine Erfahrung, oder können es sich vorstellen. Und das ist gut so, denn darum geht es gar nicht. Es geht um mich, meine Freiheit, meine Möglichkeiten, um diese Unfassbarkeit und Dankbarkeit. Um meinen Platz in dieser Welt, den ich gerade anfange zu suchen.

Jetzt bin ich hier. Bin ich wieder vollständig angekommen? Habe ich mich schon eingelebt? Ich will nicht wieder dorthin, wo ich vor einem Jahr stand. Weder Zeit noch Ort spielen eine Rolle. Neues entdecken, Altes ruhen lassen, rennen, aber nicht davon laufen. Ruhig sein, rebellieren. Ausprobieren, wagen, nichts und viel denken. Mit lang Vermissten endlich wieder zusammen sein.

Ich tanze nach meiner eigenen Nase und höre auf das, was ich will. Costa Rica ist nicht abgeschlossen, das hört sich an, als müsse ich es vergessen. Es war ein Jahr mein zuhause, ganz fern und für mich allein. Verständlich zu sagen, dass es mich geprägt hat. Logisch, dass es etwas verändert hat. Natürlich geht es weiter, nicht in Costa Rica, aber mit meinem Leben, mit anderen Zielen und Ideen, Interessen. Zeitdruck funktioniert da nicht. Statt Stillstand will ich alles anfangen, in Vieles eintauchen, mich begeistern, zurückschrecken. Alles was passiert, als Anlass und nicht als Hindernis zum weitermachen sehen. Wenn der Stein erst einmal ins Rollen kommt, geht’s ausnahmsweise endlich bergauf.

BlogNo:09

1 Kommentar

Kommentar von: Tim L [Besucher]

Wow sehr schön geschrieben, bin berüht. Sehr abstrakt und deswegen klar die unerzählbaren Erinnerungen und Erkenntnisse ins Vorderlicht gebracht :)


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