Weihnachtsfeiertage

von 16 katharina  

Es ist das zweite Weihnachten, das ich ohne meine Familie verbringe und die Tatsache, dass es mir das erste Mal relativ schwer gefallen war lag daran, dass ich immer genau wusste, was meine Familie während der Feiertage machen würde.

Doch während ich in den Tagen davor durch die Straßen von Puerto Jiménez schlendere, erinnert mich absolut nichts an die Tatsache, dass bald Heiligabend bevorsteht, denn Hitze, Staub und glühende Sonnenstrahlen lassen sich für mich nicht wirklich mit einem Weihnachtsgefühl verbinden.

Nur wenn es dunkel wird, die (wirklich üppige) Weihnachtsdekoration in den Häusern anfängt zu leuchten oder wenn ich mit meiner Klarinette Weihnachtslieder spiele, erinnere ich mich daran, dass wir uns schon im letzten Monat des Jahres befinden. Ehrlich gesagt hatte ich vorher nicht wirklich darüber nachgedacht, wie Weihnachten hier gefeiert wird und was für Aspekte hier eine Rolle spielen.

Das erste, was ich von der Weihnachtsvorbereitung hier mitbekommen habe, war das Schmücken des Hauses Anfang Dezember und das Erleuchten eines Baumes mit einer riesigen Lichterkette im Ort.

Die richtige Vorbereitung begann ein paar Tage vor Weihnachten. Mein Gastvater war von der Finca zurückgekehrt und hatte das Weihnachtsschwein mitgebracht. Ehrlich gesagt hatte ich damit nicht wirklich gerechnet und als ich sehe, wie der Schweinekopf draußen im Waschbecken auseinander genommen wird, kommt es mir schon etwas befremdlich vor. Doch dieses Tier hatte ein schönes Leben, ich hatte es selber noch vor ein paar Tagen gesehen und es ist kein Teil der Massentierhaltung und Massenproduktion an Fleisch, sondern es war Teil der Finca, dessen Land meine Familie hegt und schützt.

Letztendlich haben wir mindestens zwei Tage damit verbracht, das Schwein zu verarbeiten. Unsere Feuerstelle draußen war pausenlos im Einsatz, was allerdings dazu geführt hat, dass ich keine Wäsche mehr waschen konnte, weil alles, was draußen zum Trocknen hing, einen recht unangenehmen Geruch von Rauch, Feuer und Schwein angenommen hat. Nicht wirklich empfehlenswert.

Der eigentliche Hauptpunkt der Vorbereitung (zumindest dachte ich dies zu diesem Zeitpunkt) war die Zubereitung von Tamales. Tamales ist eine traditionelle Speise in Costa Rica besonders zu Weihnachten, doch die Zubereitung ist sehr aufwendig und nimmt viel Zeit in Anspruch. Zunächst wurde der vorher zubereitete Maisteig auf ein Bananenblatt gestrichen. Meine Gastmutter nutzt diese Blätter sehr oft, um Essen bzw. Mahlzeiten auf besonders umweltschonende Art und Weise zu verpacken. Mir gefällt es sehr gut, denn schließlich sind diese Blätter 100% biologisch abbaubar.

Die Tamales-Produktion ist insgesamt Teamaufgabe. Meine Gastmutter hat den Teig hergestellt, die Blätter zurechtgeschnitten und meine Gastnichten und ich haben die Blätter geputzt. Danach haben wir den Teig mit vorher klein geschnippeltem Gemüse und etwas Fleisch belegt, und zwei Freunde der Familie haben mitgeholfen diese Tamales zu verpacken und zu kleinen Paketen zu schnüren.

Mein Gastvater hat diese draußen an unserer Feuerstelle wieder gekocht bzw. gedämpft. Ich habe mich gefühlt wie in einer kleinen Fabrik, zum Schluss hatten wir insgesamt über 200 Tamales hergestellt. Diese sind zum Glück auch tiefgefroren länger haltbar, denn obwohl wir welche an Verwandte verschenkt haben und an Familien, die von den Überflutungen im November betroffen waren, sind doch noch ziemlich viele übrig geblieben.

Am 24. selbst wurde noch einmal groß gekocht (und ich habe mich gefragt, wozu wir vorher so viele Tamales produziert haben), und zum gemeinsamen Abendessen um zehn Uhr abends war der engere Teil der Familie von meinen Gasteltern bis Tante, Neffe, Nichte und Gastgeschwistern vertreten. Interessanterweise gab es bei uns die Tradition, dass erst um Punkt 24 Uhr die Geschenke geöffnet werden dürfen, wodurch mich das Ganze schon ein bisschen an Sylvester erinnert hat.

Den 25. Dezember haben wir am Strand verbracht, ich habe nur den Vormittag genutzt, um mit meiner deutschen Familie zu skypen und allen frohe Weihnachten zu wünschen. Die Tatsache mich am Meer in der Hitze der Tropensonne zu befinden, während es in Deutschland kalt, regnerisch ist und vielleicht Schnee fällt, kommt mir immer noch leicht absurd vor. Doch erst am nächsten Tag, dem zweiten Weihnachtsfeiertag, an dem wir in Deutschland normalerweise unsere Verwandten besuchen, fällt mir der Unterschied noch krasser auf.

Denn in diesem Jahr bin ich morgens um sechs Uhr in den Colectivo gestiegen, um zur Finca meiner Gastfamilie zu fahren. Im Moment kann der Weg zur Finca nur zu Fuß oder zu Pferd bewältigt werden. An der Haltestelle ausgestiegen befinde ich mich deswegen für die nächste Stunde auf einem Pferderücken. Der erste Teil des Weges erinnert ein bisschen an den Korridor, er führt zunächst mitten durch die Wald und unterwegs ist es sogar möglich, alle vier Affenarten der Osa Península zu sehen, wenn man Glück hat.

Ein Gefühl reiner Freude durchströmt mich, denn dieser Weg zur Finca - besonders auf einem Pferd – hat etwas Magisches und Ursprüngliches. Ich denke daran, wo ich in einem Jahr sein werde, wie ich an diesen Augenblick, an diese Tage zurückdenken werde. Es kommt mir in dem Moment, indem ich es erlebe, schon beinahe unwirklich vor. Wie wird es dann in einem Jahr sein?

Ich muss beinahe schmunzeln, als ich diesen Gedanken zu Ende denke. In einem Jahr sitze ich mit meiner Familie und meinen Verwandten zusammen, um Weihnachtslieder zu singen. Wir essen Kekse, der Weihnachtsbaum ist liebevoll geschmückt und das Feuer brennt im Kamin, denn es ist kalt draußen. Und ich werde daran zurück denken, wie ich das Jahr zuvor auf einem Pferd durch den Regenwald geritten bin.

BlogNo:04

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