Wie der Name, so die Wirkung

von 16 tabea  

Pielonefritis. Das ist das neue Wort, das ich im Spanischen dazugelernt habe, als ich vor etwa einer Woche einem medizinstudierenden Ticofreund die Symptome meiner bis dahin bereits sehr fortgeschrittenen Blasenentzündung mitgeteilt habe.

Die Vorgeschichte: Wer noch nie eine Blasenentzündung hatte, ist leicht dazu angehalten die ganze Sache fehlzuinterpretieren, vor allem dann, wenn man eigentlich viel zu tun und sich auch sonst nicht unbedingt mit den älteren Männern seiner Wohngemeinschaft über seine Probleme beim urinieren unterhält. So kam es, das ich nach etwa einer Woche nerviger Problemchen feststellte, das das tatsächlich etwas IST, das ich da habe, dass es einen Namen hat und behandelt werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt zeigten sich dann schon die ersten deutlich Anzeichen einer „Pielonefritis“, (es fühlt sich genauso an wie es sich anhört), einer sogenannten Nierenbeckenentzündung.

Uns Freiwilligen wurde immer eingebläut, bloß nie zu öffentlichen Ärzten oder Krankenhäusern zu gehen, sondern im Notfall immer eine Privatklinik aufzusuchen.

Blöd nur, wenn die nächste Klinik 4 Stunden entfernt liegt und man eigentlich grade seinen einwöchigen Urlaub beginnen wollte. Also war powergesunden angesagt, zwei Tage Bett, Tee und Schlaf, nach denen tatsächlich eine Verbesserung festzustellen war, sodass ich ohne Sorge und mit einer gesunden Menge Achtsamkeit meinen Urlaub nach Costa de Pájaros zu einem anderen Freiwilligen, und zuletzt nach San José antrat. Unsere Koordinatorin in Costa Rica empfahl mir verschiedene Kräuter und Tees, die Apothekerin in Nicoya hatte mir eine Liste mit Lebensmitteln genannt, die ich auf keinen Fall essen dürfte: Reis, Öl, Zucker, Kaffe und Fleisch. Ein Costarikaner hätte das nicht überlebt, diese Nahrungsmittel sind die wohl meist, auch von den Mengen, verwendeten Lebensmittel hier. Dann gab sie mir Tabletten, ohne jegliche Verpackung oder Namen und fragte mich, ob ich auch noch Antibiotikum kaufen wolle.

Ziemlich ahnungslos und stutzig verneinte ich, ich meine, ist das normal, ohne Verschreibung Antibiotika hinterhergeworfen zu bekommen?

Jedenfalls hielt ich mich strickt an alles, immerhin waren es nur noch 4 Tage bis ich wieder arbeiten musste. Überzeugt davon, mich auf dem sicheren Weg der Besserung zu befinden, begann ich wieder mehr zu essen, packte mich nicht mehr ganz so dick ein bei 30 Grad und ließ mir meinen Urlaub nicht versauen.
Der Wendepunkt der ganzen Geschichte begann zwei Tage vor Rückreise in mein Projekt als ich in San José eine plötzliche und derartige Verschlechterung meines Gesundheitszustandes wahrnahm. Weder essen noch aufstehen ging, und mir wurde bewusst, dass ich wohl zu einem Arzt gehen werden MÜSSE (ich hatte bis dato versucht, das so gut es geht, zu vermeiden).

Dann folgte meine Kommunikation mit allen möglichen Personen meiner Organisation, jeder hatte eine andere Meinung. Manche meinten ich solle in Nicoya ins Krankenhaus gehen, andere empfahlen mir in San José zu bleiben, wieder andere kannten jemanden der jemanden kennt, der sich damit auskennt. Zuletzt versuchte ich aus all den Meinungen die beste herauszusuchen und wandte mich an genannten Medizinstudenten. Ich nannte ihm meine Symptome und er nannte mir diesen Namen, Pielonefritis, der ja schon für sich allein seine gewisse Ästhetik hat, und ein Privatkrankenhaus in San José, gab mir eine Telefonnummer und das Versprechen dafür zu sorgen, dass die Dinge schnell laufen würden und ich in zwei Tagen wieder in Nicoya wäre. Das zweite Problem war nämlich, dass ich nicht ewig in San José im Hostel bleiben könnte, falls ich regelmäßig zum gleichen Arzt müsse.

Ziemlich aufgeregt, weil ich ja keine Ahnung hatte, was mich erwarten würde, und auf das Komplizierteste gefasst, rief ich also im „Hospital Clínica Católica“ an und bat um einen Termin. Wilmar hatte mir netterweise schon fast alle Sätze zurechtgelegt, sodass es nicht mehr besonders schwer war, ich war trotzdem sehr erleichtert das mich die Sekretärin ohne große Mühe verstand und ich sie, und sie mir einen Termin für den Nachmittag geben konnte.

Zwei Stunden später saß ich also im Wartezimmer einer sehr edel aussehenden Arztpraxis, um mich herum die mittlere Oberschicht San José´s. Da waren sie, die Reichen und Schönen Costa Rica´s.

Der Arzt, der etwa zehn Minuten zu spät kam, war relativ jung und schien sehr kompetent, ich erklärte ihm alles und es folgte eine kurze Standartuntersuchung. Ich fragte ihn nach den Tests, die ich vielleicht würde machen müssen, es waren wohl ein Blut, - und ein Urintest nötig. Er meinte, das ganze würde ein bisschen dauern und er würde mich gerne in zwei Tagen nochmal sehen, ob sich bis dahin schon etwas gebessert hätte und dann weiterverfahren mit den Ergebnissen der Tests.

Also doch, super kompliziert, dachte ich und fragte ihn vorsichtig ob es möglich wäre mit den Tests zu einem anderen Arzt in Nicoya zu gehen, weil ich in zwei Tagen schon wieder arbeiten müsse. Als ich ihm meine Situation erklärt hatte, nickte er ein, zwei Minuten verständnisvoll und verschwand dann für weitere vier im Nebenzimmer. Dann kam er zurück und telefonierte. Ich verstand nicht viel, nur dass es ernst war.
Gerade noch verzweifelt durch den drohenden langen Prozess und gleich darauf überrascht als er kurz darauf sagte „So. Gut. Du hast in fünf Minuten einen Termin bei uns im Labor, da machen sie beide Tests.“ Er brachte mich persönlich ins Labor, das war vielleicht ein seltsames Gefühl, mit einem der hohen Tiere plaudernd über mein Auslandsjahr (er war sehr interessiert und super freundlich) durch die Gänge des Hospitals zu laufen, während er von allen Seiten gegrüßt und die Hände geschüttelt bekam. Dem Labormitarbeiter machte er in wenigen Sätzen klar, dass EGAL wie viele Tests heute noch anstehen oder ausgewertet werden müssen, MEINER JETZT SOFORT gemacht würde und in spätestens einer Stunde die Ergebnisse auf seinem Schreibtisch liegen. Ein bisschen zu nervös wurde mir dann Blut abgenommen und eine Dreiviertelstunde später saß ich wieder im Zimmer von Dr. José Manuel Vinas Sanchéz (wie der Name, so auch Ansehen und Stellung), der mir die Tests wiedergab, drei verschiedene Tabletten, darunter Antibiotikum und die ausgedruckten Rechnungen für meine Krankenversicherung, sowie seine private Telefonnummer, für „qualquier cosa“.

So kann es also auch zugehen, im chaotischen Costa Rica, wenn man nur an die richtigen Leute gerät, dann dauert ein mehrtägiger Prozess, eben mal nur drei Stunden, ich schiebe das mal auf den Ausländerbonus ;)

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