Was bedeutet „indigen“ sein?

von 16 larissa  


Eine Maske in Boruca

Indigene Völker haben mich schon immer interessiert. Für mich sind das Menschen, die naturverbunden, in Autonomie und Autarkie leben. Einfach. Komplett frei. Unabhängig.
Laut Google sind Indigene Völker (von indigena „eingeboren“) diejenigen Bevölkerungsgruppen, die Nachkommen einer Bevölkerung sind, die vor der Eroberung, Kolonisierung oder der Gründung eines Staates durch andere Völker in einem räumlichen Gebiet lebte, und die sich bis heute als ein eigenständiges „Volk“ verstehen und eigene soziale, wirtschaftliche oder politische Einrichtungen und kulturelle Traditionen beibehalten haben.


Smartphone im Indigenendorf

Das Zelt steht, wo sonst die Haustiere sind

Manchmal gibt es ein natürliches Spielzeug

Feuerstelle

In Costa Rica gibt es nur noch acht indigene Völker; sie machen etwa 2% der Gesamtbevölkerung im Land aus. Als die Spanier in den Jahren zwischen 1519 und 1523 Costa Rica besetzten, dezimierte sich die Zahl der Indigenen mehr und mehr. Bis letztendlich nur noch indigenen Dörfer wie Boruca existieren. Boruca liegt in den südwestlichen Bergen Costa Ricas. Die BewohnerInnen veranstalten jedes Jahr zum Anlass des neuen Jahres die traditionellen Feste der Teufelchen - „las fiestas de diablitos“. Charakteristisch für die Feste sind die Tänze und Spiele der verkleideten Indigenen, die mit ihren traditionellen Masken die Teufel darstellen. Es geht um den Kampf der Indigenen gegen die Spanier, die durch einen als Stier verkleideten Mann repräsentiert werden.

Bei diesem viertägigen Festival sind Besucher gestattet. Also packte ich meinen Rucksack, nahm ein Zelt mit und zog los in die Berge des Südens Costa Ricas. Boruca schien für mich anfangs ein ganz normales Dorf zu sein. Überwiegend normale Häuser, eine Pulperia, geschotterte Straßen, eine Kirche, Fußballplatz, Schule, Gemeinschaftssalon, sogar Fernsehatennen an fast jedem Dach. Und auch hier Kinder, die mit Smartphones in der Hand rumrennen. Es gab Strom und die meistens Wasser aus einem Kranen. Was absolut neu für mich war, war die Feuerstelle. Man kochte einfach auf einem Ofen aus Lehm, in dem aus einem Loch das Feuer brodelte und darauf stellte man dann den Topf.


Ein Stück selbstgemachte Schokolade

Achiote-Frucht

selbstgemachte Hefe

Erwähnenswert ist auch, dass die Familie, bei der ich zeltete, viele frei herumlaufende „Haustiere“ hat. Unter anderem begegnete man einem weißen Kaninchen, zwei Katzen, drei Hunde, zwei große Schweine (von dem eins für die Festtage geschlachtet wurde) und zwei Wellensittiche, die man einfach auf die Hand nehmen konnte und die sonst den ganzen Tag in der Küche verbrachten. Viele Dächer waren übrigens aus Palmblättern geknüpft.

Was außerdem auffiel, sind die großen Familien. Die Eltern des Hauses haben insgesamt 15 Kinder und bereits 4 Enkel. Mal ein paar Daten zur Veranschaulichung der Familienkonzeption: Die Mutter ist noch keine 50 Jahre alt; ihr ältester Sohn ist 30; ihre älteste Enkelin (8 Jahre), Kind ihrer 23-jährigen mit dem dritten Kind schwangeren Tochter spielt mit ihrem jüngsten Sohn (9 Jahre), der quasi der Onkel der ältesten Enkelin ist. Generell hat es den Anschein als wären im Dorf alle irgendwie miteinander verwandt. Leider spricht fast niemand mehr die indigene Sprache brunca. Der älteste Sohn hat noch ein paar Kenntnisse auf der Straße aufgeschnappt, während die Kinder mittlerweile brunca wie eine Fremdsprache in der Schule beigebracht bekommen.

Bei einer Erkundungstour durch das Dorf entdeckten wir mehrere Werkstätten, in denen die wunderschönen kreativen Masken geschnitzt werden. Die Kleidung weben die Frauen auch selbst. Faden für Faden, bis ein Stück Stoff entsteht. Eine alte Frau zeigte uns ihre Finca, auf der sie Mais, Bohnen, Palmen, Bananen, Orangen, Kakao und vieles mehr anbaut. Sie erklärte uns sogar viele Prozesse wie beispielsweise der, wie von der Ernte einer Kakaopflanze später Schokolade hergestellt wird. Dann brachte sie uns ein Stück Schokolade, die wir probieren durften! Sie erklärte uns auch die Herstellung von Achiote-Gewürz, Hefe und dem berühmten alkoholischen Getränk Chicha. Super interessant! Mehr und mehr begriff ich, dass das doch kein ganz normales Dorf ist, in dem die Einwohner einfach nur zum Supermarkt laufen.

Später wanderten wir zu einem Wasserfall, der für die Indigenen ein heiliger Ort ist. Als wir ankamen, verstand ich sofort weshalb. Der Wasserfall war gigantisch! Alles schien wie in einem Traum. Man konnte sich auf die Stelle setzen, wo sich das klare Wasser in die Tiefe stürzt und dabei die Sicht auf ein wunderschönes Panoramabild aus Bergen, Wäldern und umherkreisende Adler genießen. Das war mit Abstand das beeindruckendste Naturerlebnis, das ich bisher gesehen habe. Ich kam mir vor wie im Film.

Am darauffolgenden Tag wanderten wir zu einer schönen Stelle eines Flusses. Nach Hin- und Herfragen und letztendlich einem persönlichen Guide kamen wir schließlich an. Auch dieser Ort gilt wegen alten Legenden als heilig. Eines der Mädchen rieb rote und blaue Steine aus dem Fluss an die Felswände und malte damit einen Baum mit Wurzeln, wobei die Erde durch ein Auge dargestellt wird. Nachdem sie fertig war, sonnte sie sich auf einem Felsen, nahm eine große Holzflöte aus ihrer Tasche und begann Melodien zu spielen. Es gibt also doch noch einige Menschen, die die Kultur und das Wissen der alten indigenen Völker leben und im Herzen tragen. Ich finde das Leben Indigener sehr inspirierend. Sie wissen, wie man ohne all den Konsum von Supermarktartikel lebt. Sie machen sich einfach alles selbst und nehmen sich meist nur so viel, wie sie wirklich brauchen. Sie schätzen die Natur und beschützen sie. Ich würde gerne mehr Zeit in dem Dorf verbringen, um all die Vorgänge zu lernen. Um einfach zu lernen, wie man sich selbst versorgt. Ich wüsste zuhause nicht, wie ich ohne Supermarkt überleben sollte.

Quellen:
http://www.costa-rica-reisen.net/religion-und-bevolkerungsgruppen-in-costa-rica/
http://www.wipi.at/costa%20rica/indios%20costa%20rica.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Costa_Rica


Maskenbearbeitung

Geschlachtetes Schwein

Am Abgrund

Masken

Panaoramablick

Heiliger Ort








































BlogNo:06

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