El Golfo de Nicoya

von 16 lucas  


Golf

Das Meer hat viele Gesichter. Zu jeder Stunde ein anderes.
Mal ist es ruhig und schweigsam – Mal wild und unberechenbar.
Mal sanft und großzügig - Mal launisch und eigenwillig.
Die Wasseroberfläche scheint blau und offen – Unter ihr die schwarze Tiefe voller Geheimnisse.
Über ihr kreisen tausende Vögel, um sich an den Geschenken des Meeres zu bereichern - Unter ihr finden unzählige Lebewesen, ein reiches zu Hause.
Es schenkt Leben und ist der Ursprung unserer Geschichte.
Es gibt seine Schätze preis, ohne etwas dafür zu verlangen.
Indem das Meer Leben schenkt, schenkt das Leben dem Meer einen Sinn.
Man kann es lieben, doch vertrauen kann man es nicht, denn es ist sein eigener Herr.
Viel älter und weiser, als jede Lebensform auf der Erde und doch so einfach in seiner Form.
Das Meer eine perfekte, vollkommene und unberührte Kraft der Natur.

Seit einiger Zeit befinde ich mich jetzt in meinem neuen Projekt am Golf von Nicoya, in der Nähe von Puntarenas, an der Costa de Pájaros. In dieser Küstenregion hat das Meer für die Menschen viele Bedeutungen.

Ich frage die Menschen was ihnen als erstes einfällt, wenn sie an den Golf denken und viele von ihnen antworten Fischfang oder Arbeit, andere finden die Sicht besonders schön und für die 90 Jahre alte Mutter meiner Gastmutter ist er ein Segen Gottes. Als sie 29 Jahre alt war, verließ ihr Mann sie wegen einer anderen Frau. Er ließ Maria alleine mit 11 Kindern zurück, einige von ihnen waren gerade erst ein oder zwei Jahr alt. Auf sich allein gestellt, fing sie nachts an zu fischen und tagsüber kümmerte sie sich um ihre Kinder. 20 Jahre lang hielt sie so ihre Familie über Wasser. Es gab manche Wochen in denen wurde nur das gegessen, was gefangen wurde. Das waren hauptsächlich Krebse und kleine Raubfische, manchmal gab es auch Schildkrötensuppe.

Erst seit 15 Jahren gibt es ein offizielles Gesetz, dass das Fangen der Schildkröten unter Strafe stellt und seitdem macht es auch kaum einer mehr, denn man kommt dafür ins Gefängnis. Aber damals war das halt so üblich, erzählt sie und betont dabei wie zufrieden sie und ihre Familie waren, wenn sie mit reichlich Fisch zurückkam.



Ähnlich wie ihr damals, geht es auch heutzutage etlichen Familien dieser Region. Von 5000 Menschen die in dem Dorf Costa de Pájaros wohnen sind rund die Hälfte aller Familien vom Fischfang abhängig. Doch nicht nur mein Dorf rund um den Golf und auf den Inseln gibt es viel mehr Menschen deren Hauptnahrungsmittel der Fisch ist, den sie fangen.

Für Agrarwirtschaft ist der Boden zu trocken und es fällt zu wenig Regen. Außerdem ist der Fisch sehr reichhaltig und deckt den Tagesbedarf wichtiger Omega 3 Fettsäuren, was zur Folge hat, dass im Vergleich die Menschen, die in der Stadt leben, wohlhabender sind, dennoch ungesünder Essen und Leben als die Fischerfamilien aus dem Dorf.

Es ist offensichtlich, denke ich mir, dass dieser Ort mit Sorgfalt behandelt werden sollte. Dass man ihm keinen Schaden zufügt, da er in erster Linie die Grundlagen der Bedürfnisse der Fischer darstellt.

Verbrauchte Batterien, kaputte Netze, vertrocknete Fischreste und ganz viel Müll. Hier und da riecht man Plastik oder einen ätzenden Fischgestank in der Luft. Ich laufe an der Costa de Pájaros, am Strand entlang und erkenne die traurige Wahrheit; der Golf ist Arbeitsplatz und Mülldeponie zugleich. Sein Wert wird nicht geschätzt und seine Grenzen nicht respektiert.

Vor 70 Jahren sind noch Haie, Delfine und Wale in dem Golf geschwommen. Anstatt 5 oder 6 Wasserschildkröten, die vor einigen Inseln ihren Kopf zum Luft holen heben, waren es damals bis zu hundert Stück auf einmal. Seit der Einführung eines neuen Fischernetzes, namens „Transmaya“ in den 50igern wurden einige Bestände des Golfes fast leergefischt. Alles was in das Netz hineinkommt wird gefangen. Erst seit 20 Jahren gibt es ein Verbot der Verwendung dieses Netzes und es gibt eine sogenannte „Area de pesca responsable“ wo es nur erlaubt ist mit dem Haken zu angeln und es eine 3monatige Pause im Jahr gibt, in der keiner fischen darf.



In dieser Zeit sollen sich die Fische reproduzieren können, dafür erhält jede Familie die von der Fischerei abhängig ist, etwas Geld vom Staat. Rund 230 Euro bekommt ein Fischer für jeden Monat um seine Frau, seine Kinder und sich zu ernähren. Bei Großfamilien mit bis zu teilweise 14 Kinder pro Ehepaar reicht das Geld natürlich nicht. Also was macht er? Er fährt trotzdem mit seinem Boot heraus und fischt illegal, in der Hoffnung nicht von der Wasserschutzpolizei erwischt zu werden und eine saftige Geldstrafe zu bezahlen.

Manche werfen auch trotzdem noch das Netz aus, obwohl es verboten ist und dem Ökosystem der Küstenregion unheimlich schadet.

Ich habe das Gefühl, dass das Bewusstsein für die Natur entweder gar nicht oder nur sehr gering vorhanden ist, obwohl es vor rund 2000 Jahren ganz anders in den Köpfen der Menschen aussah. All das was das Meer in sich trägt und mit sich bringt ist ein Geschenk des Universums. Bezogen auf diese Region, wussten das schon die Stämme alter Indianer, die sich gegen 100 vor Christus rund um den Golf von Nicoya so wie auf den Inseln niederließen.

Die Chorotegas beispielsweise bildeten Gemeinschaften und entwickelten sich über die Jahrhunderte zu ausgeklügelten Fischern. Die Männer waren im Durchschnitt 2 Meter groß und konnten bis zu 10 Minuten die Luft anhalten während sie 15 Meter in die Tiefe tauchten. Sie lebten im Einklang mit der Natur und respektierten die Gesetze des Meeres. Beispielsweise warfen sie die Fisch- oder Muschelreste nicht ins Meer zurück sondern gruben große Löcher im Landesinneren, um die Abfälle zu beseitigen, die man bis heute im Landesinneren finden kann. Sie deuteten die Sterne, den Regen und den Wind als Zeichen der Natur. Wann und wie sie fischten hing mit großer Bedeutung von den Zeichen ab, so gab es Zeiten wo die Eingeborenen auf Fisch verzichteten und sich vegetarisch ernährten. Sie lebten friedlich miteinander und besaßen keine Waffen, da es bis ins 16 Jahrhundert keine ernsthaften Gefahren für sie gab.

Zu dieser Zeit war der Golf von Nicoya,mit seiner Größe von ca. 1500 Quadratmetern, einer der artenreichsten Orte Mittelamerikas. Mit seinen 28 Inseln, den Mangroven und dem sauerstoffhaltigen Wasser das bis an manchen Stellen bis 200 Meter Tiefe erreicht, setzt er ideale Bedingungen für marines Leben. Wale, Delfine, verschiedene Haiarten und Schildkröten waren bis zur Einführung des Fischnetzes, im 20 Jahrhundert, präsent. Bis dahin war der Golf einer der reproduktivesten Orte der Welt. Die Fischquantität war immens und es gab über 80 Fischarten. Dazu kommen die ca. 100 Vogelarten die die Mangroven und Inseln bis heute bewohnen.

Daher war es der ideale Lebensraum für die Eingeborenen die sich wegen diesen Gründen rund um den Golf niederließen. Nach der „Entdeckung“ Amerikas wurde die Zone Guanacastes schnell von Siedlern und Kolonialherren überrannt. Die eingebrachten Krankheiten und die brutale Vorgehensweise der Spanier waren fatal für die Eingeborenen. Trotz dessen, dass die Eingeborenen kein Kriegsvolk waren, wehrten sie sich mit selbstgebauten Steinschleudern und Speeren. Daher war es für die Spanier ein leichtes Spiel, die Gebiete zu erobern, die Männer zu ermorden und die Frauen und Kinder zu versklaven.

Nur wenige schafften es, in die ferne Gebirgskette Talamanca, im Süden Costa Ricas, sich in Sicherheit zu bringen. Funde zeigen, dass die Eingeborenen dieser Gebiete Muscheln hunderte Kilometer mit sich trugen, um auf dem Weg nicht verhungern zu müssen. Innerhalb von hundert Jahren wurden die Eingeborenen, ihr Wissen, ihre Kultur ausgelöscht und ihre Geschichte geriet in Vergessenheit. 1970 fanden Archäologen bei Bauarbeiten auf der Isla Chira Fundstücke, die auf das Leben der Eingeborenen hinwies: Sie fanden Straßen aus Muscheln, die auf Dorfstrukturen hinwiesen, verzierte Töpfe und Gefäße, Werkzeug und riesige Gruben gefüllt mit Muschelresten. Erst nach diesem Fund wurde das Leben der Indigenen rekonstruiert und es wurden mehr Informationen über das Leben dieser Menschen bekannt.

Heutzutage wissen nur wenige Menschen der Region etwas über das Leben der Eingeborenen. Nur im Nationalmuseum in San José kann man die Geschichte verfolgen. Ich möchte mehr über die Menschen erfahren, die damals diese Küstenregion bewohnt haben. Dieser Ort ist einzigartig. Deshalb wird der nächste Blog eine Fortsetzung sein.

BlogNo:03

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