Eine Woche Umweltbildung für die Zukunft

von 16 tim  


Nun sitzen sie vor uns. 20 kleine, hibbelige Spatzen, wartend auf das was kommen möge. Es ist der erste Tag unserer Umweltbildungswoche in unserem Büro von CODECE. Jeden Tag werden wir mit den Kindern verschiedene Spiele im Bereich der Umwelt machen, damit sie etwas lernen und bewusster werden über Umweltthemen. Hier am ersten Tag bin ich noch etwas nervös und zurückhaltend.

Nie habe ich mit so vielen Kindern gearbeitet und schon gar nicht auf Spanisch. Zum Glück muss ich nur helfen, die Rolle der Lehrer und Organisatoren übernehmen erstmal andere von meiner CODECE. So setzen wir uns draußen zusammen hin und stellen uns erstmal vor. Jungen und Mädchen von ungefähr 4 bis 12 Jahren nennen schüchtern ihren Namen. Maritza, die Koordinatorin, fragt zusätzlich auch noch jedes Kind, wofür wir den Göttern danken möchten. „Gracias a dios por...“ Genannt werden das Leben, die Eltern, die Sonne, das Essen, die Familie und die Freunde. So sollte von nun an jeder Tag beginnen, um uns in Dankbarkeit zu üben.

Nach der Einleitung geht’s rein in unser Office. Dort erzählt Maritza, dass sie leider die Farbe vergessen hat, womit wir eigentlich recyceltes Papier und Pappe bemalen wollten. Doch kein Problem, machen wir das eben morgen und jetzt etwas Anderes. Typisch Tico wird hier der Plan 10mal am Tag über den Haufen geworfen und stattdessen andere Dinge gemacht. Das interessante: Am Ende der Woche hat doch alles geklappt und die Kinder haben viele viele Sachen gebastelt, gespielt und gelernt.

Stattdessen zeigt Meylin, eine andere Koordinatorin von CODECE, wie man aus Papierschnipseln Kunst machen kann. Die Kinder sind interessiert. Das heißt, ungefähr 2/3. Der Rest rennt lieber herum und spielt. Schnell merke ich, wie schwer es ist, die Aufmerksamkeit der Kinder zu bekommen, die sehr hibbelig und schnell abgelenkt sind. Erinnerungen aus meiner eigenen Kindheit kommen hoch. Waren wir früher nicht alle so? Wollten nur spielen, während alles andere lästig und langweilig war? Wo ist dieser Spieltrieb eigentlich hin?

Heutzutage macht eine Erfindung die Herausforderung, die Aufmerksamkeit der Kinder zu bekommen, noch schwerer: Das Handy. Fast jedes ältere Kind in der Gruppe hat eines. Und ist es mal für eine Sekunde langweilig, wird gleich das Telefon aus der Tasche geholt. Ein Problem, welches sich wohl das Prädikat „universell“ verdient hat. Egal ob in Deutschland, Amerika, Costa Rica oder Japan, überall müssen Lehrer mit diesem Problem zurechtkommen.

Am Ende des ersten Tages erklärt mit Meylin dann, dass wir anstatt Mittwoch schon Dienstag zum Fluss gehen und dort Spiele machen werden. Dies soll meine Aufgabe sein. Spontan bereite ich mich also schon einen Tag früher vor, aufgeregt ob ich es mit meinem Spanisch und dieser quirligen Gruppe hinbekommen werde.


Spielen am Wasser

Am nächsten Tag also machen wir uns zur Wiese und zum Fluss. Der Ort ist perfekt, da die Kinder hier besser ihren Spiel- und Bewegungsdrang ausleben können. Man sieht ihnen an, dass sie zu wenig Bewegung bekommen und froh sind, dies endlich mal tun zu dürfen. Nach dem Drachensteigen kommt also mein Moment. Ich nehme die Kinder mit an den Fluss und erkläre ihnen, dass jeder von ihnen zwei Steine sammeln soll. Danach machen wir uns auf zu einem Platz neben den Fluss und ich versuche die Truppe zu organisieren. Rede auf Spanisch und erkläre, dass die Kinder einen Kreis bilden sollen. Doch so recht will es nicht klappen. Jeder folgt erstmal seinem eigenen Instinkt oder seinem Vordermann. Dazu wird der Altersunterschied sehr deutlich. Die Jüngeren sitzen rum und wissen nicht so richtig was sie machen sollen, während die Älteren, Cooleren schon lieber ihr eigenes Ding machen wollen und nicht zuhören. Nach einiger Zeit habe ich jedoch die Truppe zusammen und erkläre das Spiel. Nach und nach werden die Kinder ihre Steine aneinanderschlagen, was zusammen einen Ton ergibt wie Regen. Es klappt nicht perfekt, nicht so wie in der Spielanleitung bedacht, aber die meisten machen mit und sind interessiert.

Und danach die Feuerprobe .. ich teile einen Zettel über den Wasserkreislauf in der Natur aus und erkläre ihn. Das heißt, versuche es. Die Hälfte der Kinder ist schon wieder am Fluss und hört nicht zu. Ich gebe dennoch mein Bestes, wobei mir Meylin beim Erklären hilft. Danach machen wir noch ein Pantomime Spiel, in wer wir alle ein Wassertröpfchen im Kreislauf spielen sollen. Auch hier macht ungefähr die Hälfte mit, die andere ist entweder zu jung und versteht es nicht oder zu cool um mitzumachen.

Angekommen in der Realität merke ich, was für ein schwerer Job Lehrer sein kann. Es ist anstrengend und entmutigend, wenn nicht alle zuhören bzw. dazwischenreden. Nach dieser Aufgabe habe ich sicherlich mehr Respekt vor Lehrern bekommen. Dazu bekomme ich ein bisschen ein schlechtes Gefühl, wenn ich an meine früheren Lehrer denke, die mit unser Klasse zu kämpfen hatten.


Und hier wird fleissig gemalt

Am dritten Tag kann dann endlich gemalt werden, denn Maritza hat die Farben dabei. Dazu pflanzen wir alle ein paar Saatlinge in einen recycelten Plastikbecher und nehmen ihn mit nach Hause. Dazu merke ich, dass die Kinder ihre Distanz zu mir verlieren und immer interessierter an mir sind. Wie alt bist du? Was ist besser, Deutschland oder Costa Rica? Wie sagt man Freundin auf Deutsch? Die Liste der Fragen könnte ich hier unendlich fortführen. Mir macht es Spaß mich mit den Kindern auseinanderzusetzen und ihnen näher zu kommen. Sie kennen zu lernen, denn man merkt schnell, wie jeder seinen eigenen Charakter hat.

So geht es auch weiter am 4. Tag. Wir spielen zusammen Spiele draußen und basteln fleißig weiter. Alle Kinder kennen mittlerweile meinen Namen und so werde ich alle 5 Sekunden gerufen. Tim, gibst du mir mal bitte die gelbe Farbe? Tim, was ist das für eine Halskette die du da trägst? Tim, ich muss auf Toilette! Ich bemerke, wie ich anfange, die Kinder richtig lieb zu haben. Und sie mich auch. Diese unerwartete Verbindung ist etwas sehr Schönes und Kostbares. Diese natürliche Offenheit der Kinder, die die meisten Erwachsenen längst irgendwo vergraben haben. So fällt es mir leicht, auch mich zu öffnen und mitzumachen. Nach einer Klasse über die verschiedene Arten des nachhaltigeren Umgangs mit Haushaltssachen (recyceln, wiederverwerten, wenige benutzen, …) fahren die Kinder zum 4. Mal nach Hause. Alle winken zum Abschied und freuen sich auf den letzten Tag, der nochmal ein Highlight werden sollte:


Denn am Freitag fuhren wir in ein Masiposario, eine Schmetterlingsfarm. Bei der Ankunft grüßen mich viele Kinder und grinsen mich an. Ich grinse zurück und bin froh, hier zu sein. In dem Mariposario fliegen hunderte Schmetterlinge. Alle Kinder bekommen einen Stift mit Nektar, womit sie versuchen, die Schmetterlinge anzulocken. So beginnt schnell ein Wettstreit, wer am meisten Schmetterlinge auf einmal fängt. Mit freundlichen Gesichtern entdecken die Kinder weitere Schmetterlinge und spielen herum. Nach einem Malwettbewerb ist dann auch der letzte Tag zu ende. Alle verabschieden sich ein letztes Mal und es geht für alle wieder nach Hause. Ein letztes Winken, ein letztes Adios, und das wars.

Zurück bleibe ich mit vielen schönen Erinnerungen und die Kinder hoffentlich mit vielen neuen Erkenntnissen und Verbindungen zur Natur. Die Kinder sind unsere Zukunft, auf sie kommt es am meisten an. Besonders jetzt, in unserer schnellen, rastlosen, technologiebelasteten Zeit ist es so wichtig, den Kindern die Möglichkeit zu geben, die Natur und ihre Eigenschaften wie Ruhe und Harmonie entdecken zu können. Hach, wie vollfüllend es ist, für die folgenden Generationen zu arbeiten. Den Kindern. Auf das die Zukunft ihnen gehöre!

BlogNo:04

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