¡Perma Vida!

von 17 philipp  

Das Filmteam CoCoPerma meldet vollzähliges Erscheinen. Nachdem die Conferencia y Convergenzia de la Permacultura wegen Huricane und Erdbeben nun 2 Mal verschoben wurde, ist es nun doch so weit und wir (das sind acht Freiwillige von Pro REGENWALD) sind mitten drin. Ausgerüstet mit Kameras, Stativen und Mikrophonen ist es unsere Aufgabe, das zweitägige Event für die Ewigkeit festzuhalten und Workshops, Vorträge und Diskussionen im Netz auch für diejenigen verfügbar zu machen, die nicht den Weg ins hochgelegene Cartago antreten konnten.

Unterstützt vom staatlichen Zentrum für Biologische Landwirtschaft ist es dem Netzwerk Permanesca, zu welchem Pro REGENWALD enge Kontakte pflegt, gelungen, Kleingärtner und Landwirte, Hippies und Ökonomen, Schüler und Rentner aus Nicaragua und den USA, aus Kolumbien und Deutschland, Frankreich und Venezuela und natürlich auch aus allen Teilen Costa Ricas zur nun zweiten Permakulturkonferenz des Landes zusammenzutrommeln.

Die Idee: Permakultur erklären und Menschen zusammenbringen. Das zweite klappt ganz von allein. Schon vor Beginn der eigentlichen Konferenz herscht in der Unterkunft (ein verlassenes und verspuktes Hospital auf 2500m Ü.NN) ein reger Austausch. Während am einen Tisch erklärt wird, wie man die Instrumente der Unternehmensberatung auf ökologische Projekte anwendet, um anstelle ökonomischen Wachstums solide und erfolgreiche Projektideen zu fördern, entsteht am Nebentisch ein Bestpractice-Austausch über Phosphatkreisläufe und deren natürliche Regulierung. Jede/r hier vertritt ein anderes Projekt mit anderen Schwerpunkten, mit Problemen, Lösungen und Träumen so divers wie die Flora Costa Ricas. Da gibt es natürlich viel zu erzählen und noch mehr zuzuhören und ich bin ganz froh über ein bisschen sozialen Kontakt, nachdem ich zwei Monate lang doch immer nur den selben 15 Menschen begegnet bin. Es tut gut die Gedanken mal weg von den ausgetretenen Pfaden in neue Richtungen zu lenken und meine Spanischkenntisse in Diskussionen dem ein oder anderen Härtetest zu unterziehen. Es tut gut gemeinsam zu singen als ein Paar von der Karibikküste einen Gospel anstimmt und es tut gut unter den anderen Freiwilligen zu sein und mit ihnen Geschichten, Erfahrungen und Nähe zu teilen.

Permakultur erklären ist da schon schwieriger und bei 60 Referenten bekommt man etwa 70 Antworten dazu was Permakultur eigentlich ist.

Bill Mollison, der Urvater der Permakultur, erklärt in seinem Buch Permakultur 2: "Die Permakultur bietet Antworten auf globale Probleme indem sie auf Basis der Ökologie stabile und integrierte Systeme entwirft, die sowohl die Bedürfnisse des Menschen als auch die der Natur befriedigen." Konkret heißt das erstens, dass Permakultur deutlich mehr ist als eine Sammlung an Techniken für Landwirtschaft oder Nahrungserzeugung. Auch Medizin, Trinkwasser, Architektur, Kultur und Erziehung, Ökonomie, Organisationen und Besitzkonzepte sind Teil jener Strömung, die von außen betrachtet auch sektöse Züge aufweist.

Das Zentrum der Permakultur aber bildet die Landwirtschaft und der Grundgedanke, dass (fast) alle Nutzpflanzen und Tiere, hier mehr als in Deutschland, einem funktionierendem Ökosystem entstammen und in diesem eine spezielle Nische besetzen, in welcher ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Das heißt, dass die Natur selbst in der Lage ist, optimale Produktionsbedingungen zu gewährleisten, Nährstoffe bereitzustellen, Konkurenten und Plagen zu bekämpfen und Temperatur und Feuchtigkeit zu regulieren, sodass mit minimalen menschlichen Eingriffen eine permanente, also stabile Kulturlandschaft bewirtschaftet werden kann.

Die Hauptarbeit, so die Theorie, entfällt auf die Planung, aufs Design dieser Kulturlandschaften, denn um den späteren Aufwand möglichst gering zu halten, müssen die passenden Kombinationen aus Pflanzen und Tieren gefunden werden, die sich in möglichst vielen Belangen gegenseitig unterstützen und dann noch zu Klima, Boden und Zweck passen. So ist eine permanente noch lange keine stagnierende Kultur und die bestehenden Systeme werden an geänderte Bedingungen und Bedürfnisse angepasst und reagieren auf neue Ideen, genau wie sich auch natürliche Ökosysteme in ständigem Wandel befinden.

Diversität ist das Mittel, mit welchem die Natur sich selbst erhält und auch auf der CoCoPerma ist Vielfalt angesagt.

So filme ich hintereinander erst einen runden Tisch zum Thema Gesundheit und Ernährung, dann den Vortrag eines Archäologen, der die kulturelle Entwicklung indigener Siedlungen im Zusammenhang mit ihrer Ernährungsvielfalt untersucht und später den eines Ethnologen, der erklärt wie sich das Schenken auf eine Gesellschaft auswirkt und welche Mechanismen eine Kultur pluralistischer und bereitgiebiger machen und mit welchen Maßnahmen man diese Tendenzen verstärken und steuern kann.

Filmen ist Multitasking und Improvisation. Wir zeichnen Bild und Ton parallel über verschiedene Geräte auf, und klicken nebenbei die Präsentationen der Dozenten durch oder organisieren die Mikrofone für Publikumsfragen. Strom, Speicherplatz und Bildauschschnitt immer im Blick und trotzdem noch konzentriert zuhören, das strengt ziemlich an und ich sehne mich ein bisschen nach der Routine der Feldarbeit, bis eine am Abend, nach altem indianischen (Bribri) Rezept im Rahmen einer Cacao-Zermonie zubereitete Trinkschokolade mich wieder für die nächsten Stunden stärkt.

Der zweite Tag der CoCoPerma steht im Zeichen der Vernetzung. In kleinen Gruppen, mal nach Themen, mal nach Regionen verteilt, erarbeiten wir Pläne für die nächsten zwei Jahre und lernen Permakulturisten aus unserer Umgebung kennen. Die Atmosphäre ist erfüllt von Verbindlichkeit und Tatendurst und der Aktionismus steckt an. Unter den (nur) 80 Teilnehmern des zweiten Tages entsteht eine Dynamik, die neue Hoffnung gibt für die alternative und umweltverträgliche Landwirtschaft in einem Land, das die Rangliste des Pestizidverbrauchs pro Fläche anführt.

Weil wir nur die Konklusionen und Plena aufnehmen, bleibt mehr Zeit sich einzubringen und so können wir unter Aktivisten aus der Region Turrubares den Grundstein für einen offenen Fruchtbaum, Wissens- und Erfahrungsaustausch im Sommer (Februar) legen und neue Leute und Projekte kennenlernen.

BlogNo:05

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