Die Hölle Costa Ricas

von 17 jonas  


Waldbrand gesehen von Playa Panama

Vor einigen Tagen bin ich mit meinem Gastvater von der Arbeit in Santa Cruz nach Hause gefahren. So auf halbem Weg sah man auf der linken Seite vor einem dann kleinere Rauchsäulen aus den Bäumen aufsteigen. Zuerst dachte ich, das seien wieder kleiner Gartenabfallfeuer, wie man sie hier häufiger sieht. Allerdings sah man dann auf der linken Seite große schwarze Flächen auftauchen und dann auch die Feuer auf einer Linie am Berghang: ein Waldbrand. Am Wochenende zuvor konnten wir vom Strand aus ebenfalls einen Waldbrand beobachten (siehe Bild oben).

Gestern auf dem Weg nach Hause sah man im Norden von Santa Cruz aus dem Busfenster wieder ein neues Feuer und heute Morgen gab es noch mehr schwarze Flächen zu sehen. Zudem liegt auch immer wieder der typische Brandgeruch in der Luft. Es gibt hier so viele Feuer, man könnte meinen, der Teufel hat hier seinen Sommersitz bezogen.

Dass es in der Gegend soviele Feuer gibt, könnte man als einmalige Ausnahmeerscheinung abtun. Allerdings soll es hier in Guanacaste mittlerweile fast jedes Jahr so aussehen. Etwa 80% aller jährlich durch Waldbrände betroffenen Flächen liegen in Guanacaste, 20% allein im Canton Santa Cruz. Dies dürft an mehreren Dingen liegen, die speziell Guanacaste auszeichnen.

Zum einen ist Guanacaste die trockenste Provinz in ganz Costa Rica. Von Dezember bis Mai gibt es monatlich im Durchschnitt unter 45 mm Niederschlag, von Januar bis März gar nur um die 2 mm! Dementsprechend sieht auch die Landschaft aus: als hätte jemand in einem Foto die Farbsättigung fast auf null gestellt. Grau und helle Brauntöne dominieren. Unmengen von abgeworfenen Blättern liegen komplett trocken am Boden und geben den Feuern nur noch mehr Nahrung. Das ganze fühlt sich an, als müsste man nur angestrengt länger auf eine Stelle starren und sie würde Feuer fangen. Weiterhin wird es zwar sehr warm im Sommer (= Trockenzeit, Dezember bis Mai), aber es weht fast durchgehend auch ein starker Wind über die ganze Region.

Ebenfalls problematisch ist der gedankenlose Umgang mit offenen Feuern. Viele Guanacastecos verbrennen große Teile ihres Plastikmülls im Garten. Dies liegt unter anderem an der unzureichenden Abdeckung mit öffentlicher Müllentsorgung, weshalb das Verbrennen dieses Mülls die schnellste und einfachste Entsorgungsmöglichkeit ist. Weiterhin verbrennen viele auch ihre Gartenabfälle im Straßengraben. Diese Feuer werden dann häufig einfach alleine gelassen, so dass ganze Abschnitte neben den Straßen abbrennen. Beide Praktiken mögen auf den ersten Blick vielleicht nicht sehr schädlich wirken, allerdings reicht durch die enorme Trockenheit und die starken Winde ein einfacher kleiner Funken aus, um ganze Wälder in Brand zu setzen.

Weiterhin wird das Feuer als Mittel zum Zweck genutzet, gerade in der Landwirtschaft. Viele Bauern sehen im Feuer eine einfache und billige Möglichkeit überflüssige Pflanzen loszuwerden und ihre Felder auf die neue Aussaat vorzubereiten. Leider gibt es aber allzu viele Bauern die dann aus Unwissen oder fehlender Sorgfalt auch diese Feuer unbeaufsichtigt lassen und keine geeigneten Vorsichtsmaßnahmen gegen das Übergreifen des Feuers auf andere Gebiete bereithalten. So geschieht es immer wieder, dass derartige Feuer auf fremde Flächen übergreifen und riesige Gebiete in schwarze Wüsten verwandeln können.

Und so ist es ein Jammer: fast 100% aller Waldbrände werden durch Menschen verursacht.

Erschwerend kommt hinzu die Unterversorgung mit Feuerwehrleuten, die gegen diese Feuer vorgehen könnten. In ganz Costa Rica gibt es nur etwa 300 offizielle Feuerwehrleute gegen Waldbrände (stand 2015). Ein Versuch, diesen Missstand zu überkommen, sind über das ganze Land verteilte freiwillige Gruppen, die mit der Unterstützung von SINAC (Sistema National De Áreas De Conservación, Administratororganisation für die Nationalparks und andere Schutzgebiete, Unterorganisation des Umweltministeriums) vor allem um die Nationalparks herum für die Bekämpfung der Feuer sorgen.

Leider sind dies Gruppen häufig in Sachen Grundausrüstung auf sich allein gestellt oder profitieren von Spenden von NGOs. So stellt meine Partnerorganisation FUNDECONGO für einige Freiwilligengruppen in der Region Santa Cruz zum Beispiel Hemden, Helme und weitere Grundausstattung. In den letzten paar Jahren wurden glücklicherweise weitere Fortschritte in der Ausrüstung der Bomberos Forestales erzielt. So schafft die Regierung einige neue Schnelleingreiffahrzeuge an, wie auch neue Ausrüstung zum Überwachen von gefährdeten Gebieten.

In den letzten zwanzig Jahren konnte dank dieser Maßnahmen die jährlich betroffene Fläche immer weiter verringert werden. Allerdings sind 2016 wieder so viele Flächen betroffen gewesen, wie seit 20 Jahren nicht mehr, knapp über ein Prozent der gesamten Fläche Costa Ricas! Glücklicherweise sind die meisten Brände „nur“ Oberflächenbrände, dass heißt nur Gräser und auf dem Boden liegende Biomasse verbrennen und Bäume und Büsche überstehen das ganze halbwegs unbeschadet. So braucht die Natur nicht zu lange, um sich zu erholen.

Letztendlich können wir nur hoffen, dass die neue Regierung diesen Trend fortsetzt, noch weitere Gelder zur Fortbildung der Bürger zur Verfügung stellt und vielleicht sogar das Verursachen von Waldbränden zur Straftat erklärt.


Zum Weiterlesen, ein Beitrag von Dario:
Bomberos Forestales

BlogNo:01

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