Tierchaos

von 18 emily  

Schon seit ich denken kann lebe und arbeite ich mit Tieren zusammen. Sei es mein Kater zu Hause, oder mein Pferd in einem nahegelegenen Stall. Für mich war der Abschied von ihnen gar nicht leicht. Als ich dann in meinem Projekt angekommen bin, wurde ich sofort von der kleinen grauen Katze, die mir uns hier lebt, in Empfang genommen.

Ich habe sie sofort in mein Herz geschlossen, obwohl sie sehr scheu ist und sich noch nicht wirklich streicheln lässt. Um das Haus rennen außerdem dauerhaft Hühner und Hähne herum. Die pure Anwesenheit von Tieren hat mir die Eingewöhnung uns Anfangszeit in meinem neuen Zuhause gleich viel einfacher gemacht.

Ein Huhn hat vier Küken, die jeden Abend in einen Stall gebracht werden müssen. Weil der Mitarbeiter unseres Projekts schon am zweiten Abend in eine nahegelegene Stadt musste, sollten Maurice – mein Mitfreiwilliger – und ich diese Aufgabe übernehmen. 20 Minuten lang sind wir völlig planlos durch den Garten gelaufen, haben versucht die Henne zu fangen oder sie mit Hilfe eines Stocks in Richtung des Stalls zuA bugsieren. Schlussendlich konnten wir die Küken greifen und zum Stall tragen. Die Henne folgte uns unter großem Geschrei und war sichtlich unzufrieden mit unserer Taktik sie in den kleinen Bretterverschlag zu bringen. Auch am zweiten Abend, an dem wir die Tiere in ihren Stall bringen sollten, lief es nicht besser. Die Sonne war schon untergegangen und die Henne hatte sich und ihren Jungen ein Nest im Gebüsch gebaut, welches wir erst nach längerer Suche über das Grundstück finden konnten. Das Problem war, dass sie aus dieser Position noch weniger aufstehen wollte, als am Tag zuvor. Wir liefen also wieder unkoordiniert mit Besenstiel und Taschenlampe durch den Garten. Die Henne war sichtlich genervt von uns und wurde sauer. Während wir uns Strategien überlegten, wie wir sie fortbewegen können, konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen. Ich musste lachen. Lachen, über die Situation und unser schlechtes Geschick. Wenn uns ein Einheimischer bei unserem Vorhaben gesehen hätte, so hätte sich derjenige wahrscheinlich wirklich gefragt, wie man nur solche Probleme mit so einer einfachen Aufgabe haben könne. Die meisten Menschen, die hier in ländlichen Regionen leben, sind in Besitz von Hühnern und somit gehört das Einfangen von ihnen zu den nebensächlichen Aufgaben. Für uns war es jedoch totales Neuland.

Ende der ersten Woche in unserem Projekt sollten wir dem Mitarbeiter hier dann helfen ein Dach auf die Seitenwände eines ehemaligen Schweinestalls zu erbauen. Man erklärte uns, dass in naher Zukunft Schafe auf dem Gelände leben sollten. Gesagt, getan. Auf den alten, circa 1,50 Meter hohen Mauern errichteten wir aus älterem Holz und selbst gehackten Baumstämmen aus dem hauseigenen „Wald“ ein mehr oder minder vertrauenswürdig aussehendes Gerüst, welches das Dach halten sollte. Dieses haben wir dann noch mit übrigem Wellblech abgedeckt, wobei nur genug Material für eine halbe Dachseite blieb.

Am nächsten Morgen erwarteten wir dann einen Mitfreiwilligen aus einem nahegelegenen Projekt – Martin -, der von unserem Chef mit dem Auto zu uns gefahren wurde. Er schrieb uns schon von unterwegs, dass sie einen Anhänger mit Schafen im Schlepptau hatten. Das ging schneller als Maurice und ich gedacht hätten! Dabei hatte unser Stall noch nicht mal eine Tür. Die Schafe wurden an Leinen vom Anhänger geholt und einzeln an Bäume zum Grasen befestigt. Wir erfuhren, dass diese Weidemethode auch zukünftig für die Tiere verwendet werden soll, was für uns im ersten Moment etwas komisch vorkam. Bis zu diesem Zeitpunkt kannten wir nur Schafweiden, auf denen die Tiere freilaufen können. Abends wurden sie dann aber in ihren neuen Stall gebracht und konnten ihre erste Nacht im neuen Heim verbringen.

Am nächsten Morgen bestand die Aufgabe dann darin die Tiere anzuleinen und zu Bäumen neben dem Nachbargrundstück zu bringen, weil der Nachbar dort gerne mehr Freifläche hätte. Ich ging also voraus mit einem Tier an der Leine, gefolgt von Maurice mit zwei Tieren, und dem Mitarbeiter, der ebenfalls ein Tier im Schlepptau hatte. Leider haben die Schafe ihren eigenen Kopf und möchten nicht unbedingt in dieselbe Richtung laufen, wie man selbst. Es wird also immer zu einem ziemlichen Kampf und Herumgeziehe, bis man am Zielort ankommt. Zurück am Stall wollten wir die restlichen Tiere holen. Keines war mehr da. Die übrig geblieben hatten es geschafft über die provisorische Tür zu springen und liefen frei herum. Nach kurzer Zeit waren sie alle verschwunden und wir liefen mit Seilen bewaffnet über das Grundstück, um sie zu suchen. Auf der leeren Kuhwiese des Nachbars fanden wir sie schließlich. Ich sollte zurück zum Stall laufen und die Tiere aufhalten, sobald die Anderen sie dorthin getrieben hatten. Ich rannte also durch den Wald, um vor ihnen anzukommen. Der Plan mit dem Treiben ging leider knapp am Stall vorbei. Die Tiere liefen in Richtung ihrer Artgenossen, die am anderen Ende des Grundstücks angebunden waren. Mit Mais und den Seilen liefen wir ihnen hinterher. Mais scheint ein vorteilhaftes Leckerli zu sein, denn dieses Argument zog. Ein Tier nach dem Anderen ließ sich einfangen und anbinden, nachdem wir im Zickzack eine Treibjagt über das gesamte Gelände gemacht hatten.

Den Tag über haben wir dann wieder am Ausbau des Stalls gearbeitet. Zwei weitere Ställe sollen jetzt überdacht werden, weil die Herde wachsen soll und bald neue Tiere gebracht werden. Noch bevor der nachmittägliche Regenschauer richtig starten konnte wollten wir die Schafe wieder in ihre Behausung bringen. Ein Tier hatte sich losgerissen und lief einen kleinen Stock und etwas Gras spazieren. Mit Zuspruch und der Hilfe einer Schüssel Mais konnten wir dann trotzdem alle im Stall unterbringen, noch bevor der Regen richtig losprasselte. Und so steht der verrückte Haufen dort jetzt in ihrem Stall mit halben Dach, wackligen Pfosten und einer provisorischen Tür aus einem alten Schreibtisch und Wellblech wohlig kauend. Mal sehen, wann der Stall schlussendlich fertig wird, ob wir diese Chaoten bald auch etwas geordneter bewegen können und, wie viele es noch werden!

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