Lernen: Ein erster Unibesuch zum Thema ökologische Landwirtschaft

von 18 luis  

04.10.2018 - Die Vortragsreihe der Universität in Santa Cruz, die mein Gastvater Luis und ich ab jetzt zwei mal im Monat besuchen werden, beschäftigt sich mit dem Thema ökologische Landwirtschaft und heute stehen konkret Mikroorganismen und organisches „Spritzen“ auf dem Programm.

Um 8 Uhr morgens ging es vom Universitätsgelände aus in einem Universitätsbus mit Universitätsleuten los zu einem eine Stunde entfernt gelegenen Hof der Universität. Ich hatte von Luis erfahren, wir besuchen eine Vorlesung zum Thema Mikroorganismen und organische Alternativen zu chemischen Pesti- und Herbiziden. Zur Begrüßung erstmal eine kleine Verköstigung aus Maisgebäck und Limo, dann fing der Vortrag langsam an. Die Atmosphäre war entspannt, für den deutschen Geschmack vielleicht etwas zu entspannt: Wer zuhören wollte, hörte zu, der Rest plauderte oder starrte auf sein Handy.

Nach einiger Zeit verfolgte aber der Großteil der Beteiligten die Ausführungen des Redners. Die Zusammensetzung der Beteiligten, das Ambiente, die Atmosphäre, nichts erinnerte an eine Vorlesung, wie man sie handelsüblich vermuten mag. Von kleinen Kindern, die an Tischen malten, Hausfrauen, Bauern, Studenten, Feuerwehrleuten und anderen Interessierten reichte das Spektrum der ca. 20 Personen starken Gruppe von jung bis alt. Da meine Spanischkenntnisse keinem vortragsfähigen Level entsprachen, verstand ich zwar dementsprechend auch nur die Hälfte, konnte mir aber die meisten Punkte erschließen und hatte am Ende einen groben Überblick über den Inhalt.

Nach der 4 stündigen interaktiven Rede, bei der unzählige Fragen, Kritikpunkte und Hinweise besprochen wurden, war folgender Aufbau klar:

Erster Themenschwerpunkt: Pilze. Wichtigster Bestandteil in der vorgestellten Art biologischen Pflanzenschutzes und als Mikroorganismus Hauptaspekt des Vortrags. Anfangs wurden zwei Gläser rumgereicht, in denen mit Erde des Nationalparks auf Reis die sich in der Erde befindlichen Pilzsporen kultiviert wurden. Der Inhalt war vor einer Woche abgefüllt worden und bot eine Farbenpracht an unterschiedlichsten Pilzkulturen verschiedenster Struktur und Beschaffenheit. Daraufhin wurde die Relevanz dieser Mikroorganismen erläutert. Sie hielten das Gleichgewicht, beseitigten Bakterien und allerlei sonstigen unerwünschten Kram, der Nutzpflanzen bedrohen könne. Der Vorteil: Die Organismen vermehren sich und breiten sich aus. Im Gegensatz zu Ackergiften wie Roundup und Co, die immer wieder neu produziert werden müssen, reicht eine Anfangssubstanz, auf der aufbauend stetig neue Chargen kultiviert werden können.


Hier stehen die Zutaten bereit: Mineralien

Zweiter Themenschwerpunkt: Mineralien. Die Mineralien, die der Masse beigemischt werden, sind entscheidend für die Wirkung des Gemisches und bieten nützliche Nebenvorteile wie zum Beispiel besseres Gedeihen der Pflanzen. In diesem Abschnitt des Vortrags ging es hauptsächlich um Mengenangaben und -verteilungen. Es wurde zwar jeweils auch kurz angesprochen, für was die jeweiligen Substanzen gut sind, da hätten sich dann jedoch intensivere Spanischstunden im chemischen und biologischen Bereich gelohnt. Die Pilze nehmen die Stoffe auf und reichern die Erde damit an. Beim nächsten Anwenden der „Tinktur“ werden die Mineralien von den neuen Pilzen wieder aufgenommen und bleiben so in ständigem Austausch und Kreislauf innerhalb der Biomasse des Feldes und werden nicht durch Regen, Erosion oder andere Witterungsbedingungen ausgeschwämmt oder abgetragen. Die Mikroorganismen erfüllen also einen weiteren wichtigen Part als eine Art Speicher für die Pflanzen.


Zusammenmischen und gut rühren

Am Ende des theoretischen Vortrags folgte die praktische Phase und ein ökologisches Pflanzenschutzmittel wurde hergestellt. Als Basis des ganzen ist normale ausgegrabene Erde zum Einsatz gekommen, in der die nützlichen Pilzsporen enthalten sind. Die Mixtur aus Mineralien lieferte eine Handvoll mitgebrachter Beutelchen vom Redner. Um den Pilzen einen nahrhaften Grund zum Vermehren zu geben, wurde ein wenig Melasse dazu gegossen, eine bereits angefertigte Mischung aus handelsüblicher Gülle und einer süßen Substanz, in diesem Fall Honig. Vermengt wurde das ganze mit ein wenig Biomasse, die durch kleingeschnittenes Stroh beigefügt wurde und fertig war der biologisch ungefährliche Pflanzenschutz. Wie ich erfahren habe, reicht ein Eimer, wie wir ihn angefertigt haben, um einen Acker 15 Jahre lang zu bestellen. Es genügt, ein kleines bisschen der Mischung mit Wasser zu verdünnen, in dem sich die Pilze dann verbreiten können und mit dieser Mischung wie mit jedem Ackergift zu verfahren, nur dass hier kein Mundschutz benötigt wird.

Nach der Vorstellung wurde aufgetischt und es gab allerlei selbstgemachtes mitgebrachtes Zeug. Alles in Allem erinnerte die Runde mehr an ein kleines Fest, als an eine Univorlesung. Und gerade diese Art der Präsentation erreicht die richtigen Leute. Landwirte und Betroffene, die sich mitten im Geschehen befinden und vielleicht schon seit Jahren Ackergifte von Monsanto und Co. benutzen. Keine zukünftig studierten Sesselfurzer, die vielleicht nie in ihrem Leben selbst einen verseuchten Acker betreten werden und ihrem Master of science nicht unbedingt eine ökologische, sondern eher profitable Zukunft folgen lassen.

Das Problem wird also praktisch bei der Wurzel gepackt, zu Biomasse verarbeitet und unter die Erde gebracht. Meiner Meinung nach die richtige Möglichkeit, zum Umdenken zu bewegen.

BlogNo:02

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...