Ein Tag aus einem anderen Leben

von 18 lisa  

Um halb sechs geht es los, meine Gastmutter Dona Luisa steht auf und beginnt das Feuer zu entfachen. Dafür werden noch ein paar Holzspänen vom Feuerholz mit der Machete abgechappt. Dies deponiert sie zwischen ein wenig Plastik und dem gehackten Holzscheiten. Das Plastik wird entflammt und es kommt eine sehr verkohlte Kanne voll Wasser drauf.

Da die Wasserleitungen mal wieder durch zu viel Druck vom Regen gesprungen ist, nutzt sie die Zeit des Erwärmens, um mit zwei Kanistern zum Fluss zu gehen und Wasser zu holen. Es vergeht nicht viel Zeit, da ist sie schon wieder da und bereitet den Kaffee vor. Altes Kaffeepulver aus der Kaffeesocke ausschütteln und neuen Kaffee herein tun um es mit dem heißen Wasser zu übergießen. Daraufhin wird noch ein Topf voller Wasser auf die Feuerstelle gestellt und hinzu kommt Milchpulver, Zucker und Haferflocken. Schon ist das Frühstück fertig. Nach dem Essen werden dann erst die Schweine gefüttert und daraufhin die Hühner. Alle mit ein wenig Concentrado, Wasser und dazu wahlweise Kürbis, Yuka oder Kokosnuss.


Bananen aus dem eigenen Garten.

Die Yukawurzeln werden hinter dem Haus auf einem Berg geerntet, wo sie vor einiger Zeit angepflanzt wurden. Um neue zu ernten geht sie dann mit zwei großen Säcken und einer langen Machete los. Dort wird erst mal alles frei gechappt, damit die Yukapflanzen wieder Licht bekommen und man sie besser ernten kann. Sie hackt die Pflanzen halb ab und zieht dann die Wurzeln raus, wenn es mal nicht funktioniert wird die Machete auch gerne mal als Schaufel genutzt um sie herauszugraben. Langsam füllt sich der Sack, sodass sie noch kurz zu den gestern geernteten Platanostauden geht und eine auf die Schulter nimmt. Alles wird zum Haus getragen um dort die Platanos neben Bananen aufzuhängen, damit sie in Ruhe reifen können.

Nach etwas Kaffee mit Brotgebäck (Brot kann man es nicht nennen, obwohl es hier unter diesem Namen gekauft wird), geht es mit der Machete los um die Wasserleitung zu reparieren. Sie geht etwa 500 Meter hoch und runter, durch Fluss und Matsch an der Leitung entlang, bis sie zur verdächtigen Stelle kommt. Es handelt sich um eine Verbindung von einem großen Schlauch, wo der Anschlussschlauch leider zu klein ist, sodass das Wasser an den Seiten herausläuft. Dies wird aber schnell mit einer kaputten Plastiktüte gelöst, indem sie einmal um die Stelle gewickelt wird. Das ganze passiert über einem kleinen Bächlein unter vielen, leider kranken Kakaobäumen.


Der Wasserstand steigt und fällt mit jedem Regen

Mit einem suchenden Blick geht es wieder zurück. Der suchende Blick lässt sie am Fluss einen anderen Weg einschlagen um vielleicht dort eine geeignete Astgabel zu finden. Die Sonne scheint und spiegelt sich in dem heute sehr klaren Fluss. Es ist sehr idyllisch, bis sie auf einmal einen hohen dünnen Baum mit der Machete fällt. Dieser Baum hat die gesuchte Astgabelung, und wird mitgeschleppt. Auf dem Heimweg kommen dann schon die ersten Platanopalmen, wo sie mit Hilfe des Baumes die Blüten der Stauden abkappt. Einmal drehen und schon kann die Pflanze ihre ganze Energie in die Früchte stecken.

Sie bahnt sich den verwachsenen Weg durch ihre vielen Palmen und kommt am Yukaberg wieder heraus. Sie weiß ganz genau wo sie welche Art von Banane stehen hat. Sie hat Quadrados, Platanos, Bananen und Nanos. Nachdem die letzten Blüten abgekappt sind, wird noch eine Quadradostaude für die Schweine mitgenommen.

Da die Fledermäuse gestern ein Ferkel angezapft haben und es voller Blut am Rücken ist, geht sie mit dem kleinen sich sträubenden Schweinchen runter zu Fluss. Dort badet sie dann auch schnell mit und es wird ein neues Kleid angezogen. Frisch gebadet wird das Feuer wieder entfacht, um Reis zu kochen. Dazu gibt es frittiertes Zwiebelei mit Salz. Nach diesem ergiebigen Essen ruht sie sich ein wenig in der Hängematte aus. Dies geht aber nicht lange, da sie nicht still sitzen kann. Also auf nach Draußen um die Schweine fett zu machen und den Hunden den Rest Reis zu geben. Dann wird noch der eine von drei Hühnerställen geöffnet, sodass der Hof von Hühnern überrannt wird.

Unter viel gegacker holt sie die Reisschalen vom gestrigen Reisschälen und gibt sie den Hühnern. Auch die noch eingesperrten eifersüchtigen Hühner bekommen etwas ab. Leider kommen die Hühner sehr selten heraus, da es viele Adler gibt. Eine ihrer Erzählungen besagt, dass einer der Adler einmal einem Huhn den Kopf abgerissen hat um die Augen heraus zu picken.


Meine Gastmutter schwingt die Axt

Nach kurzen Gesprächen über den Regen und ein wenig Ruhe steht sie auch schon wieder auf den Beinen und überlegt kurz, was noch zu tun ist bevor der Regen kommt. Aha! Übrig gebliebene Bretter eines alten Hühnerstalls werden mit der Axt bearbeitet und zu Holzscheiten gehackt. Die Axt ist dabei fast so groß wie sie selbst und trotzdem schafft sie es immer genau in der Mitte zu treffen.

Das geschlagene Holz wird sofort benötigt um den frisch geernteten Kürbis zu kochen. Mit der Machete zerkleinert sie ihn und sucht die Kerne heraus für die nächste Aussaat. Während der Kürbis kocht stiefelt sie zum Yukaberg um das Pferd zu holen und es hier an einen Orangenbaum zu binden. Danach noch schnell die Wäsche abhängen und die geernteten Bananen aufhängen, sodass man sich entspannt in die Hängematte legen kann. Da bleibt sie mal wieder nicht lange, sodass man sie im nächsten Moment mit Bohnen auf dem Schoß entdeckt. Dort werden die Unreinheiten vom Ernten herausgesammelt und danach mit Wasser abgespült. Wasser ist ihr sehr heilig, vor allem wenn es warm ist, heilt es jede Wunde. Ich glaub wenn sie nicht mit so viel Öl kochen würde, besäße sie keine Seife, weil Wasser alles reinigt.


Energiesparendes Kochen ist auf unserer Feuerstelle noch nicht möglich.

Im vor langem ernannten Bohnentopf werden die Bohnen dann wahrscheinlich über Nacht über der heißen Kohle köcheln.

Zum Abendbrot um halb Fünf, gibt es ein wenig vom Kürbis mit Reis und nicht mal eine Minute nach dem Essen werden schon die Schweine gefüttert. Im erwarteten Regen wird ein Schwein von einem Baum zum nächsten gezogen und die Hühner werden eingesperrt. Schnell packt sie noch das letzte Huhn am Flügel und trägt es von der Küche in den Stall. Da ihre Crocks (bevorzugtes Schuhwerk) dadurch rundum matschig geworden sind, werden sie noch hurtig abgespült und dann die leeren Kanister mit Wasser aufgefüllt. Das liegt daran, dass man nie weiß ob der Regen nachts wieder die Wasserleitung sprengt.

Es wird dunkel und die Kröten fangen an Star Wars zu spielen. Währenddessen werden die Bananen noch in Säcke gepackt.


Und ganz ohne Plastik geht es auch hier nicht.

Langsam sind auch die blinkenden Glühwürmchen überall zu sehen. Der Regen prasselt derweil entspannend auf das Wellblechdach und man hört dazu die Grillen zirpen. Es lässt sich nicht lange draußen im Anbau aushalten, da die Mücken einen von allen Seiten angreifen. Somit geht man früh ins Bett unters Mückennetz, wo aber dann fleißig Radio gehört wird um vielleicht einen Sender mit den Nachrichten empfangen zu können.

Dies war ein Tag aus einem ganz anderen Leben mitten im Urwald. Ein Leben ohne viel Konsum, ohne Strom und mit wenig Geld. Ein Leben von einer Ngöbe-Indigenen, die noch sehr viel über ihre Kultur weiß und anwendet.

BlogNo:02

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