Monotonie

von 17 jana  

Als ich mich vor knapp 6 Monaten zum ersten Mal auf den langen Weg in mein Projekt und neues Zuhause machte, war ich schockiert. Ca. 10 Minuten, nachdem wir in Neilly in einen kleinen, klapprigen Bus mit offenen Fenstern und zerfetzten Ledersitzen gestiegen waren und die Stadt verlassen hatten, bogen wir auf einen Schotterweg ein. Von dem Moment an bot sich mir 1,5 Stunden lang dasselbe Bild:


Monotonie

Palmen, soweit das Auge reicht. Genauer gesagt Ölpalmen. Mal wechselten sich große, alte Bestände mit jüngeren Bepflanzungen ab und zwischendurch konnte man einige Arbeiter erspähen, die mit langen Eisenstangen hantierten, um die Früchte hoch oben zu ernten und sie auf kleine Karren zu verfrachten. Während wir im Bus weiter über die Piste holperten und ab und zu über gefährlich schmale Brücken ohne Randbegrenzung rollten, wurde mir immer mulmiger zumute. Die Plantagen waren so exakt in Reih und Glied gepflanzt, dass man ewig weit in die dunklen Gänge hinein schauen konnte und die Palmen türmten sich hoch neben dem Weg auf.

Wir passierten zwei Dörfer und kamen schließlich in Comte an, wo wir vom Sohn meiner Gastmutter vom Bus abgeholt wurden. Wir übernachteten bei ihm und seiner Familie, bevor es am nächsten Morgen zu Fuß ins Territorium ging. Als wir sein Haus erreichten blickten wir auf -war ja klar- Palmen. Direkt hinter der Wellblechhütte begann das Dunkel. Wir gingen mit den Kindern im Fluss schwimmen, der sich durch die Plantagen schlängelt und vermutlich die ganzen Agrochemikalien mit sich trägt, die in der Umgebung versprüht werden und machten uns auf die Suche nach dem Pferd der Familie, das zwischen den Palmen weidete.


In den alten Plantagen sieht man auch mal ein Pferd weiden.

Wenn man entlang der Gewässer nicht Abstand halten müsste, wären die Palmen überall.

Ich fragte mich damals, wie die Menschen einem Ort so etwas antun können. Merken Sie denn nicht, was für eine bedrückend unnatürliche Umgebung sie schaffen? Was die Monokulturen und die damit notwendige Nutzung von Agrochemikalien für ihre Umwelt bedeuten? Dass sie ihre Flüsse und schließlich auch sich selbst vergiften?

Damals erklärte ich mir das Ganze noch damit, dass bestimmt ein Großunternehmen dahinter steht, welchem die ganzen Flächen gehören und den Leuten diese Produktionsweise aufzwingt. Aber so ist es nicht. Es sind fast ausschließlich Kleinbauern, die ihre Felder mit Palmen bestellen. Sie wurden von dem ehemals hohen Preis für Palmöl angelockt, erzählte man mir. In den letzten Jahren fiel dieser aber fast um die Hälfte und jetzt sind die vielen Palmen vorrangig ein Problem, da sie kaum Gewinn abwerfen.

Heute sind die Plantagen längst normal für mich geworden. Mich beschleicht nicht mehr dieses beklemmende Gefühl, wenn ich in Conte zu Besuch bin und den endlosen Reihen, die am Busfenster vorbei ziehen, würdige ich höchstens noch einen müden Blick. So sieht es halt aus, hier im wirtschaftlich schwachen Süden von Costa Rica. Abgestumpft.

Vielleicht ist das der Grund, warum die Leute nicht aufwachen, warum sie den Schaden, den sie anrichten, nicht zu begreifen scheinen. Man gewöhnt sich eben daran.

Neulich kam mir dann wieder der altbekannte Gedanke: In Deutschland sieht es doch nicht besser aus. Die tolle “Münsterländer Parklandschaft" meiner Heimat besteht doch auch aus nichts anderem als Mais- und Getreidefeldern. Ab und zu mal eine Kuhweide und ein Schweinemastbetrieb und das war’s.

Ich bin dieses Bild seit meiner Geburt gewohnt, ich finde sie sogar sehr schön, meine Heimat. Von etlichen Leuten wurde ich schon gewarnt, im Sommer nicht in der Ems schwimmen zu gehen, das Wasser sei zu belastet. Der nächste, größenmäßig ernstzunehmende Wald ist der Teutoburger Wald, und der liegt eine Autostunde entfernt. Dass das nicht normal ist, für die Erkenntnis musste ich erst nach Costa Rica kommen.


Die Fotos stammen von einer Plantage bei Sierpe/Palmar und wurden mir netterweise von Marvin zur Verfügung gestellt. Ich konnte kier direkt leider noch keine Fotos machen, aber im Grunde genommen sieht es ja eh gleich aus.

BlogNo:13

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