Urlaub im Urwald

von 18 luis  

5.00 Uhr morgens, irgendwo in Costa Rica. Ich werde von Rauchgeruch geweckt. Als ich in die Küche komme, macht mein Gastvater Luis bereits Frühstück. Wir sind für ein paar Tage auf die andere Finca meiner Gastfamilie gefahren, ca. drei Motorradstunden von Santa Cruz in die Berge. Inmitten von tropischem Trockenwald zwischen Nationalpark Diriá und dem pazifischen Ozean. Hier ist mein Gastvater aufgewachsen.

Wir wohnen in einem kleinen Holzverschlag mitten im Wald. Ohne Internet, ohne Strom und Wasser aus einem angrenzenden Fluss: Urlaub. Hier kann man richtig entspannen. Alle Sorgen für einen Moment vergessen und sich auf das wesentliche besinnen. Und von den teilweise mehrere hundert Jahre alten Bäumen fällt tatsächlich noch echtes Urlaub.

Als Luis mir die Gegend zeigt und wir uns gerade mit der Machete durchs Dickicht schlagen, stoßen wir auf das alte Haus seiner Eltern, von dem nur noch die hölzernen Grundpfeiler ein Stück aus dem Boden ragen. Das Gebiet ist schon wieder komplett bewaldet und auf den ersten Blick wäre mir nicht aufgefallen, dass hier mal ein Haus stand.

„Früher gab es hier nicht so viele Straßen…“, erklärt mir Luis, als wir unseren Weg auf einer staubigen Piste fortführen. „…früher war das alles Wald“. Trotz der Idylle und des scheinbaren Einklangs mit der Natur gibt es also doch eine Schattenseite. Man muss keine drei Stunden mehr über schmale Wege durch das Unterholz herfinden. Es gibt inzwischen befestigte gut ausgebaute Straßen, die breit genug sind, dass sie ein Holzlaster passieren kann. Längst hat die Erschließung des umliegenden Gebietes stattgefunden und mit dem Verkauf der Ländereien meist auch die Kommerzialisierung und Kultivierung von begehrten Tropenhölzern wie Teak oder Pochote.

Die Sorgen rücken aber schnell in den Hintergrund, als es wieder in den Wald geht. Mein Gastvater führt mich an den Fluss und deutet auf eine Stelle im Fels. Was mir auffällt sind nahezu perfekt runde Löcher, die ungefähr zwanzig Zentimeter in den massiven Stein reichen. Uralte Indigenenstätten, wie Luis erklärt. Schon vor tausend Jahren lebten an dieser Stelle die Ureinwohner. Ein spiritueller Ort, der genutzt wurde, um Flüssigkeiten herzustellen.

Nicht nur die Ureinwohner erkannten das besondere an diesem Gebiet. Auch die ersten Siedler in Santa Cruz ließen sich Anfang des 20. Jahrhunderts im dann sogenannten el Socorro (Die Hilfe) nieder und lernten von der hiesigen, damals noch ansässigen Urbevölkerung in Einklang mit der Natur zu leben.


Zu Pferde durch den Wald

Als wir zurückkommen ist es schon Nachmittag. Wir gehen Orangen ernten. Die Rucksäcke gut befüllt geht es weiter, diesmal zu Pferde. Mit dem Gewehr geschultert und der Machete um die Hüfte machen wir uns auf den Weg einen Berg hinauf. Von dort oben ist der Blick gigantisch. Die Aussicht über die gesamte Nicoya Halbinsel und dahinter der Pazifik. Während wir die Orangen verdrücken und beobachten, wie die Sonne im Meer verschwindet, wird die rot-orange Landschaft gegen eine sternenklare Nacht ausgetauscht, die die Schönheit dieses Ortes noch einmal mehr zur Geltung bringt.

Am nächsten Tag muss schon der Rückweg „in die Zivilisation“ angetreten werden und ich bin fast ein bisschen wehmütig, nicht noch ein bisschen länger verweilen zu dürfen.


Sonnenuntergang





BlogNo:05

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...