Zukunftsgedanken

von 18 emily  

Diese Zukunft. Ein schwarzes Loch, das vor einem liegt. Mal schreit sie nach mir, reißt an mir, nimmt jeden meiner Gedankengänge ein und mal ist sie ganz leise, zufrieden mit dem, was die Gegenwart gerade ist.

Das erste Mal, dass ich mich überfordert und überrollt von der viel zu schnell auf mich zukommenden Zukunft gefühlt habe, war in der Abizeit. Die ersten Mitschüler hatten schon Vorstellungsgespräche, große Pläne. Sie hatten Ideen, die Studium oder duales Studium hießen. Und dann kamen die Fragen der Eltern meiner Freunde, oder der Freunde meiner Eltern oder eigentlich von jedem: „Und? Was möchtest du nach dem Abi machen?“ Diese Frage hat mich überfordert, „Keine Ahnung“, hätte ich gerne geantwortet.

Aber ich sollte doch einen Plan haben, oder? Planloses Durchhängen passt nicht rein. Und mich hat es nach Beenden der Prüfungen auch langsam zerfressen. Ich wusste nicht wohin mit mir, ich hing in der Luft. Und das, obwohl ich doch eigentlich gar nicht so planlos war. Ich wusste zwar nicht genau, wohin mein Weg gehen sollte, aber ein Auslandsjahr in irgendeiner Form hatte ich schon lange geplant. Also habe ich immer mal wieder nach Möglichkeiten im Ausland gesucht, überlegt, was ich eigentlich machen möchte und wo.

Dann wurde ich Pro REGENWALD-Freiwillige und war froh endlich eine feste Antwort geben zu können, wenn mal wieder die unsägliche Zukunftsfrage aufkam. Endlich hatte ich einen Plan. Jetzt konnte ja eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Dann hatte ich aber Unterhaltungen mit meiner vier Jahre älteren Schwester, die ebenfalls an Zukunftsängsten litt/leidet. Und es überkam mich zum ersten Mal der Gedanke, dass diese unsichere Wand nicht nur nach dem Abitur vor einem steht. Nicht nur nach dem Abitur startet man einen neuen Lebensabschnitt und obwohl man das Problem dann schon kennt wird es deshalb bei jedem weiteren Mal nicht einfacher. Das merke ich jetzt. Es sind schon acht Monate vergangen, seit ich mich auf diese Reise begeben habe und ich habe das Gefühl, die Zeit würde nicht nur rennen, sie rast. Und wieder wartet ein schwarzes Loch auf mich, das mit einer neuen Zukunft, mit neuen Erfahrungen und Eindrücken erleuchtet werden muss.

Aber wie dieser Lebensabschnitt aussehen soll, das weiß ich auch nicht. Die Bewerbungsphase für Universitäten beginnt und ich hatte die Idee zu studieren. Weil ich vor kurzer Zeit endlich einen passenden Studiengang gefunden habe und eine Idee hatte, wie meine Zukunft womöglich aussehen könnte, habe ich mich fest daran gehalten. Ich habe meine Bewerbung kurz nach Bewerbungsstart fertig gemacht. Und dann hatte ich zwei Wochen lang die Möglichkeit durch Costa Rica zu reisen. Jetzt stehe ich nicht mehr vor einem total ungewissen schwarzen Loch, sondern vor einer Weggabelung. Rechts geht es nach 12 Monaten zurück nach Deutschland, zurück zu Freunden und Familie, in den Stress des Studiums und einen damit verbundenen Umzug, der in dem kurzen Monat zwischen Rückflug und Studienbeginn zusammen mit der Akklimatisierung zurück zu Hause geschehen muss. Links geht es auf eine weitere Reise.

Eigentlich habe ich doch noch Zeit, oder? Ich bin noch so jung und das Studium könnte ich auch im darauffolgenden Herbst noch beginnen. Jetzt bin ich schonmal hier und könnte mir diesen unbekannten Kontinent genauer ansehen, ohne die Umwelt mit einem weiteren Langstreckenflug zu belasten. Der Urlaub war so eine tolle Erfahrung, ich habe ganz neue Ecken des Landes gesehen und ich musste mit neuen Situationen umgehen. Leider war es aber durch die begrenzte Zeit oft gehetzt. Wenn es mir an einem Ort gut gefallen hat musste ich am nächsten Tag schon weiter, weil ich pünktlich zum Urlaubsende zurück sein musste. Wenn ich also auf etwas unbestimmtere Zeit unterwegs sein könnte, dann könnte ich die einzelnen Orte besser kennenlernen, auf mich wirken lassen.

Aber auf der anderen Seite habe ich auch Lust zu studieren, neues zu lernen und Studentin zu sein. Und ein ganzes Jahr zu reisen kommt für mich auch nicht in Frage, würde ich aber nach einem halben Jahr zurück, hätte ich ein weiteres halbes Jahr übrig, bis das Wintersemester 2020 startet. Und was mache ich dann mit dieser Zeit? Nichtstun, das habe ich schon nach dem Abitur bewiesen, kann ich nicht. Dabei verliere ich den Halt und den Antrieb. Praktika oder Geldverdienen, um das Reisen wieder auszugleichen, wären schonmal zwei Möglichkeiten. Naja, mal sehen.

Vielleicht gibt es nicht nur zwei Wege nach links und rechts, sondern auch einen geradeaus oder schrägdreiviertel. Ganz schön privilegiert, der Gedanke mit 18 keine Eile zu haben und noch Zeit zu haben „ein bisschen zu reisen“, oder? Der Plan ist zwar nebenher auch ein wenig zu arbeiten, aber Hermann würde fragen: „Und? Was hat das mit dem Klimawandel zu tun?“ Genau. Nichts. Da wäre eine geistige Weiterbildung und der Sprung in einen Beruf, in dem ich versuche etwas zu verbessern der vorteilhaftere Gedanke. Aber schlaue Kalendersprüche würden mir wahrscheinlich raten, im „Hier und Jetzt“ zu leben und „den Moment zu genießen“.

Also gebe ich mir noch Zeit diese Gedanken in meinem Kopf zu sortieren und eine Entscheidung zu treffen. Mit der Bewerbung an der Universität stehen mir beide Wege offen und ich kann mich auch später noch entscheiden. Die Ideen, die ich hier von der Zeit nach meinem Freiwilligenjahr habe, könnten schon übermorgen wieder ganz andere sein. Und was am Ende dabei herauskommt weiß niemand, es kommt wie es kommt und irgendetwas wird sich schon ergeben.

BlogNo:08

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