Von der Wand zum Computer

von gustav_11  

Der Mensch hatte schon immer das Bedürfnis, sich über Zeit und Raum mitzuteilen. Die Steinzeitmenschen verewigten sich auf ihren Höhlenbildern und Indianer kommunizierten mit komplizierten Rauchzeichen und den berüchtigten Trommeln. Mit der Erfindung der ersten Schriftzeichen revolutionierten einige Kulturen die ganze Welt. Die Ägypter erzählten mit ihren Hieroglyphen ganze Geschichten und erklärten die Ordnung der Welt, so wie sie sie sahen. Nach und nach verlagerte sich die Schrift von Stein auf Papyrus, und in Europa auf Pergament. Die ersten Bücher wurden geschrieben und mittels handschriftlicher Kopien weiterverbreitet. Der Austausch von Wissen und Kultur erfuhr einen neuen Aufschub und viele Abendländische Kulturen machten einen gewaltigen Sprung in ihrer Entwicklung in Richtung des modernen Zeitalters.

Doch war es schließlich das Papier, dass die Welt revolutionierte, obwohl weniger stabil war es doch sehr viel billiger und einfacher in der Herstellung und ermöglichte somit einer breiteren Masse den Zugang zu Büchern. Zuletzt stand die Erfindung des Buchdruckes durch Guttenberg und eine unglaubliche Masse an Büchern eroberten nun die Welt. Mittlerweile befinden wir uns im digitalen Zeitalter und Bücher als Wissensspeicher verlieren zunehmend an Bedeutung. Jetzt gibt es iBooks und sonstige Tablets, in denen bequem hunderte von Büchern abgespeichert werden können.

Ich habe das Gefühl, dass in Costa Rica das Buch nie eine allzu große Rolle gespielt hat. Die meisten Menschen können zwar lesen und schreiben, doch scheinen diese Fertigkeiten zumindest bei der ländlichen Bevölkerung nicht besonders oft angewandt zu werden. Wozu soll man auch umständlich Briefe schreiben, wenn man mal eben schnell eine SMS tippen, oder anrufen kann? Ein anderes Erlebnis mit Büchern hatte ich erst vor wenigen Tagen. Die Abende auf dem Land sind eher mäßig spannen, es wird früh dunkel und arbeiten ist dann nicht mehr möglich. Meine Gastfamilie nutzt die letzten verbleibenden Stunden des Tages zum Fernsehen, wobei hier mäßig spannende Wettbewerbe das Programm bestimmen (siehe …..).

Da es mir also auf Dauer zu eintönig ist, nur in die Glotze zu schauen, habe ich einen kleinen Hort an Büchern angelegt, auf die ich bei Bedarf zurückgreifen kann. Ein ständiger Austausch in Hostels oder mit Mitbewohnern garantierten hierbei die benötigte Abwechslung. Doch jetzt bin ich ja auf dem Land und meine Gastfamilie scheint außer einem spanisch-englischen Wörterbuch und fünf verschiedenen Bibelausgaben keinerlei Bücher zu besitzen.

Also habe ich mich in der nahegelegenen Stadt auf die Suche gemacht, um dort neuen Lesestoff zu finden. Schnell findet man die ersten „Librerías“ (Büchereien) und voller Vorfreude betrete ich den Laden. Sehr bald werde ich jedoch enttäuscht denn dieser Laden führt, wie so viele seinesgleichen nur Büro-, Schreib- und Bastelartikel, jedoch nicht ein einziges Buch. Ich werde zu einem anderen Laden weiterverwiesen doch auch hier werde ich enttäuscht. Nach dem ich mehrmals unverständlich Blicke ernte, weil ich frage, wo es eine Bücherei gibt, in der man auch Bücher kaufen kann, werde ich schließlich zu einem großen Geschäft gelotst, in dem auf mehreren Stockwerken verteilt, dass übliche Sammelsurium aus Briefumschlägen, Bastelscheren und Büroklammern zu finden ist und unter anderem auch tatsächlich zwei schmale Regale, in der insgesamt zehn verschiedene Bücher angeboten werden, wobei hiervon drei verschieden Ausgaben der Bibel sind.

Diese zwei Regale scheinen also tatsächlich das einzige Angebot im Umkreis von mehreren Kilometern zu sein und notgedrungen bediene ich mich an der spärlichen Auswahl. Mit zwei Büchern bewaffnet gehe ich zur Kasse und bekomme vom Kassierer die skeptische Aussage ich müsse wohl Tourist sein, wer sonst würde seine kostbare Zeit mit so viel Lesen verschwenden?

Tja Costa Rica scheint den Sprung von der Buschtrommel direkt zum Computer und vor allem zum Fernseher gemacht zu haben. Ein gebundenes Buch (abgesehen von der Bibel) hat anscheinend wenig Bedeutung für die Menschen hier und ich habe schon mehrere Costaricaner mittleren Alters befragt, die angaben noch nie ein Buch gelesen zu haben … außer Teile der Bibel natürlich.

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