Ananas: Präzedenzfall bei La Florita

von fabian_11  

Costa Rica nutzt etwa ein Zehntel seiner Gesamtfläche zur Agrarproduktion, das entspricht 500.000 Hektar. Davon werden geschätzte 70.000 mit Ananas, 50.000 mit Bananen bepflanzt. Die dritthöchste Bewirtschaftungsfläche beansprucht die afrikanische Ölpalme, die u.a. den angeblich so grünen Biokraftstoff - aber auch Speiseöl- liefert. Dann folgen Reis, Bohnen, die Produkte, die tatsächlich zur Ernährung der eigenen Bevölkerung dienen.

Ich bin hier in Guácimo ziemlich in den Kampf gegen Ananas eingebunden, habe ja zu dem Thema bereits einige Beiträge verfasst. Allerdings habe ich noch nie von einem konkreten Beispiel berichtet, sondern stets verallgemeinert, was den Prozess der Expansion vielleicht nicht sonderlich anschaulich präsentierte. Die Konkretisierung will ich hiermit nachholen, ich will im Folgenden über die Installation einer Ananasplantage nahe Jimenez an der Grenze zwischen Guácimo und Pococi berichten und wie sie schließlich zur Unterzeichnung eines Ananasmoratoriums in diesem Kanton führte.

La Florita besteht eigentlich nur aus einer einzigen Straße, zu deren Rechten sich Häuser von kleinen Landwirten aufreihen, zur Linken steht Wald. Oder besser stand, denn über Nacht richtete sich eine Plantage dort ein, die nur mehr 2-3 am Rande Baumreihen stehen ließ. Die Firmen setzen hier gewissermaßen auf den Überraschungseffekt. Diese Anlage, die etwa 80 Hektar fasst, hat einen Tag zum Kahlschlag benötigt, dann die Bäume unter die Erde gegraben und die Ananas eingepflanzt. Binnen einer Woche hatte sie sich unweigerlich im Landschaftsbild gefestigt, und da rückwirkende Schließungen schwierig zu bewerkstelligen sind, selbst wenn die Eröffnung ohne Erlaubnis erfolgt ist, blieb sie auch.

Die Anwohner entrüsteten sich mehr oder minder stark, oft ist die lokale Bevölkerung wenig aufgeklärt über die Risiken und Schäden, die Monokulturproduktion mit sich bringt. Dennoch mobilisierte diese Dreistigkeit genug Aktivisten aus näherer Umgebung, dass auch wir im in dieser Hinsicht mehr bewanderten Nachbarkanton von dem Fall unterrichtet wurden und zur Unterstützung herbeieilten. Die Ananasplantage trennen tatsächlich nur wenige Meter (wir sprechen von einstelligen Größen) von den Anrainern und deren Feldern. Ein Bach läuft durch die Anlage, wird von ihr fast aufgezehrt, und verlässt sie als milchig-trübes Rinnsal, dass das ehemalige Flussbett längst nicht ausfüllt, aber immerhin noch dazu ausreicht, die angesammelten Chemikalien in den Fluss einzuspeisen, dem es zufließt. Bei der Applikation jener Gifte lässt der Nebel seine Nachbarn nicht unbedacht, auch sie atmen das Bromacil, Diuron, all die Stoffe ein. Eine Nachbargemeinde, die sich an integraler Landwirtschaft versucht und umweltfreundlicher Bepflanzung, sieht ihr ‚karbonneutral’ – Zertifikat gefährdet.

Die Verwaltung des Kantons steht der Ananasexpansion kritisch gegenüber, Ananas bringt Verarmung, im Gegensatz zu Bananenplantagen werden noch weniger Arbeitskräfte benötigt, nur ein Arbeitern pro Hektar wird bei Ananas beansprucht – und bezahlt. Pococi ist bereits ein armer Kanton, hat die höchste Verbrechensrate des Landes. Nur hat das exekutive Organ eine Dame zum Oberhaupt, die auf finanzielle Mittel der Ananasplantageneigentümer zur Finanzierung ihres Wahlkampfes spekuliert, schließlich will sie zur Abgeordneten des Parlaments aufsteigen. Endlich, nach einigen Wochen, hält sie dem Bevölkerungsdruck nicht mehr stand. Die Stadtverwaltung vollzieht längst gefasste Beschlüsse und erwirkt ein unbegrenztes Moratorium für die Ausbreitung der Ananas, unter der Leitung des Vizeoberhaupts. Die Plantage bei La Florita bleibt jedoch bestehen und wird auch dort bleiben, bis sie in 20 Jahren die Böden so ausgelaugt hat, dass dort nichts mehr wächst. Sie wurde zwar geschlossen, doch die Leiter wie Arbeiter stören sich daran nicht und fahren mit der Produktion fort.

Für die Einwohner des Kantons Guácimo ist es gewissermaßen überraschend, wie schnell der Beschluss vollzogen wird, seit 2008 werden hier Moratorien erwirkt, aber immer unter großem Kraftaufwand und der längste Zeitrahmen, diesen Mai durchgesetzt, beläuft sich auf 2 Jahre. Außerdem setzt es sich in Guácimo nur den Anlagen nah der Quellen, der Trinkwasserressorts, entgegen. In Villa Franca im Norden wurde nun eine Plantage gegründet, die nicht ein Meter von dem Küchenfenster der nächsten Nachbarn trennt. Meine Gastmutter meinte zynisch, wenn die Mutter des Hauses wolle, könne sie mit der Hand aus den Wasserleitungen der Plantage schöpfen, falls das Wasser zum Kochen ausginge. Seit Mai hat Guácimo einen neuen Verwaltungsvorstand, Omar Sanchez, beschrieben als Mann mit zwei Gesichtern und größtes Übel der Welt von meinen Gasteltern. Ich muss zugeben, er manipuliert recht gut und versteht es, sich zu präsentieren, auch wenn ich einräumen muss, dass das bei der hiesigen Bevölkerung recht leicht vonstatten geht.

Vamos a ver.

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