Unterwegs

von gustav_11  

Immer wieder besteht die Notwendigkeit, sich in andere Gemeinden zu begeben und da diese eher selten an einer der wenigen Hauptverkehrsadern Costa Ricas liegen, muss man sich auf zahlreiche Zwischenstopps mit längeren Wartezeiten einrichten.

Los geht meine Reise also mit einem knapp 40 minütigen Fußmarsch durch die pralle Sonne, wobei sich der Rucksack trotz eher spartanischer Packweise tief in die Schultern gräbt und beim Abnehmen an der ersten Bushaltestelle ein unverkennbares Muster aus dunklen Schweißflecken hinterlässt. Die erste Wartezeit ist erstaunlich kurz denn schon nach knapp 15 Minuten kommt der passende Bus angeklappert.

Langstreckenfahrzeuge haben für sperrige Rucksäcke, wie den meinigen extra Gepäckfächer im unteren Teil des Busses, aber die regionalen leider nicht. Also wuchte ich meinen zu großen Rucksack durch die viel zu kleine Tür, drücke dem Fahrer im Vorbeigehen die Münzen in die Hand und kämpfe mich unter hastig gemurmelten Entschuldigungen, rechts und links Köpfe stoßend durch den schmalen Gang zum nächsten freien Doppelsitz.

Zwanzig Minuten darf ich mich im vergleichsweise kühlen Fahrtwind entspannen, bevor ich wieder aussteigen muss. Diesmal muss ich knapp 40 Minuten warten, bis mein Anschluss kommt, eine Zeit, die ich mit dem eigens dafür mitgebrachten Buch gekonnt überbrücke.

Eine einstündige Holperfahrt über schlammige Pisten bringt mich bis zur Endhaltestelle, wo ich mangels öffentlicher Verkehrsmittel auf ein Piratentaxi zurückgreifen muss. Ein schwere Stiefel und dunklen Sonnenbrille tragender Macho nimmt mich mit und beglückt mich auf der halbstündigen Fahrt mit Geschichten seiner angeblichen Fraueneroberungen der letzten Woche, während sich hinten mein Gepäck auf der offenen Ladefläche im Regen auflöst.

Der nächste Halt ist ein kleines Dorf, bestehend aus einer Straße, an der sich die Polizei, eine Stierkampfarena, zwei Sodas (Bistros) und ein Kleidergeschäft entlangreihen. Hier muss ich nun zwei Stunden warten, bis das Sammeltaxi abfährt und ich suche verzweifelt nach einem überdachten Sitzplatz, wo wenigstens mein Gepäck einigermaßen trocknen kann.

Natürlich falle ich sofort als Macho (Blonder) auf und sehr schnell komme ich in den zweifelhaften Genuss der Gesellschaft einer jungen Frau, die mich ausfragt, wo ich den herkomme, ob ich mich noch an Deutschland erinnern könnte, wie weit das mit dem Auto von hier sei, was ich hier machen würde und wann (nicht ob!) ich sie denn endlich zu mir nach Hause einladen würde.

Sie erzählt mir, dass sie das Dorf noch nie verlassen hat, aber unbedingt weg möchte. Anscheinen hat sie mich als ihr persönliches Fahrticket ausgewählt, denn sehr bald kommen sehr eindeutige Annäherungsversuche, die ich nur mit großer Mühe und chronischem Abwenden zurückweisen kann. Nach Ablauf der zwei Stunden steige ich erleichtert auf die Ladefläche des Sammeltaxis, nur um mit Entsetzen festzustellen, dass das Mädchen mir nachläuft, bis der Taxifahrer sie bittet, den Fahrpreis zu bezahlen, worauf sie zunächst auf mich verweist, dann aber relativ schnell verschwindet.

Weiter geht es nun für eine weitere halbe Stunde über holprige Pisten und es gilt, sich selber und sein Gepäck festzuhalten, um nicht von der Ladefläche zu fallen. Anschließen folgt noch ein einstündiger Fußmarsch im Dunkeln, am und durch den Fluss.

Nach knapp sieben Stunden, sechs Litern Wasser und zwei Kekspackungen habe ich endlich mein per Luftlinie vielleicht gerade mal 50 km entferntes Ziel erreicht.

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