Alltag

von gustav_11  

Der Wecker klingelt um 6 Uhr morgens und erinnert mich daran, dass ich aufstehen muss. Eigentlich überflüssig den spätestens um 5 Uhr werde ich von den Geräuschen des Waldes und kurz darauf dem Geschrei meiner kleinen Gastschwester geweckt, mit dem sie jeden neuen Tag begrüßt.

Was steht heute so an? Mehrere Bäume müssen gefällt, und das zersägte Holz dann anschließend aus dem Wald an die Straße gebracht werden.

Es ist zwar noch einigermaßen angenehm aber in weiser Voraussicht ziehe ich die dünnsten Klamotten an, die ich habe und Creme mich gewissenhaft von Kopf bis Fuß mit Sunblocker ein. Ein schnelles aber üppiges Frühstück, Zähne putzen, Schuhe an, die Wasserflasche aufgefüllt und los geht’s.

Die zufällenden Bäume sind einen etwa halbstündigen Fußmarsch entfernt und auch die frühe Sonne bringt uns schon ins arge Schwitzen, als wir die erste Anhöhe erklimmen. Am Schlagungsort angekommen entpuppt sich der Weg zur Straße als erfreulich kurz, aber dafür unwegsam, eine steile Böschung hinunter, über einen kleinen Bach und auf der anderen Seite die Böschung wieder hoch.

Die Kettensäge wird angeschmissen und los geht’s. Die ersten 20 Minuten sind sehr entspannt, ich muss nur darauf achten nicht in der Falllinie der Bäume zu stehen, was mir trotz Morgenmüdigkeit problemlos gelingt.

Dann ist es so weit und die ersten zersägten Holzbalken müssen an die Straße geschafft werden. Zuversichtlich packe ich mir zwei unter jeden Arm, muss aber bald einsehen, dass das Holz von Urwaldriesen mitunter um einiges schwerer ist, als dass von einer deutschen Fichte. Also beschränke ich mich auf zwei Klötze pro Gang, was auch das Auftreten und Finden des Weges erleichtert.

Nach knapp einer Stunde stapelt sich bereits ein ansehnlicher Haufen am Straßenrand, aufgeschichtet in geraden Linien, die wie mein Gastvater lachend meint, wohl etwas mit meinen deutschen Genen zu tun haben müssen (auch wenn ich sonst eher unordentlich bin).

Wir bekommen Unterstützung von zwei Frauen, die „ausversehen“ verschlafen haben und auch mit ihren Strass besetzten Flip-Flops und pinken Tops nicht gerade arbeitstaugliche Kleidung mitbringen. Unter lauten Gejammer und Gestöhne mühen sie sich immer zu zweit mit einem Holzklotz ab und brauchen für einen Weg so lange, wie ich für zwei. Nach jedem dritten Klotz legen die beiden eine ausgiebige Pause ein, in der sie mein Wasser austrinken und sich über uns weiterarbeitende Männer lustig machen.

Wieder an der Arbeit entwickeln die beiden ein ganz tolles „System“, das darin besteht dass sie das Holz die Böschung hinunterrollen lassen, um es nicht tragen zu müssen. Schönheitsfehler bei der Sache: Das gesamte Holz landet im Schlamm bzw. Bach und ich armer Tropf darf das nunmehr für die nächsten Tage unbrauchbare, weil triefend nasse Holz die Böschung auf der anderen Seite hochschleppen. Meine Einwände gegenüber dieses Systems werden mit Gelächter und Unverständnis abgewinkt, wohl aus Furcht wieder mehr Schritte mit dem Holz zu machen und sich dabei die neue Leggins zu ruinieren.

Mittlerweile sind alle Bäume gefällt und mit Genugtuung beobachte ich, wie der letzte Baum eine der beiden Schnattertanten nur knapp verfehlt (Frust kann einen wirklich zu den grausamsten Gedanken verleiten). Auch die verbleibenden Stämme werden jetzt noch ein einigermaßen tragbare Stücke zersägt und Mittags sind wir weitestgehend fertig. Die beiden Frauen verabschieden sich bereits eine Stunde vorher, mit der Begründung die eine von beiden müsste noch dringend zum Friseur (warum allerdings dafür beide gehen müssen, ist mir nach wie vor unklar).

Daheim angekommen gibt es ein gigantisches Mittagessen und danach eine kleine Pause, in der ich mich für eine halbe Stunde ins Bett haue.

Für den Nachmittag habe ich mir vorgenommen, die zwei schon seit langem verschollenen Hunde zu suchen, von denen wir vermuten, dass sie irgendwo in den Hügeln um die Finca sein müssen.

Nach knapp zwei Stunden suche finde ich dann auch tatsächlich einen der beiden, tot, wahrscheinlich von einer Schlange gebissen.

Meine Trauer schlägt schnell in Frustration um, als ich im strömenden Regen den Hund begrabe und dabei das Loch unglaublich tief ausheben muss, damit keine anderen Hunde den Kadaver sofort wieder ausgraben.

Danach wird es dann auch schon dunkel, die Frösche, Grillen und Zikaden nehmen ihren allabendlichen Gesang auf und ich lese noch ein bisschen in meinem Buch. Kurz darauf gibt es Abendessen und ich verschwinde direkt danach in mein Bett.

Dort liegend höre ich noch wie die Familie, wie jeden Abend, die völlig hirnverbrannte und geistfreie Sendung „Combate“ anschaut.

Jeder einzelne Muskel in meinem Körper schmerzt und trotz meines gewissenhaften Eincremens habe ich mir an Armen und Nacken einen bösen Sonnenbrand zugezogen.

Ein anderer Tag in Costa Rica ist vorrüber.

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