Peñas Blancas - Das Dorf das es nicht geben dürfte

von maurice_12  

Peñas Blancas ist ein kleines Dorf im äußersten Norden von Costa Rica. Es liegt an der Grenze zu Nicaragua, direkt an der Grenze, es ist der Grenzübergang. In Peñas Blancas leben einige Dutzend Menschen, vielleicht sogar einige Hundert, wer weiß das schon genau. Denn Peñas Blancas existiert nicht, zumindest auf den offiziellen Karten der Regierung.

Auf anderen Karten existiert es mal, mal existiert es nicht, mal wird einfach nur der Grenzübergang an sich als Peñas Blancas bezeichnet. Auf der nicaraguanischen Seite der Grenze gibt es nämlich tatsächlich ein Peñas Blancas. Wo sich das Dorf erstreckt, sollte eigentlich Wald sein, laut den offiziellen Karten der Regierung ist das Dorf und ein riesiges umliegendes Stück Land ein Waldschutzgebiet. Aber hier stehen Häuser, leben Menschen, nicht wenige... und das schon seit über 40 Jahren.

Die Einwohner des Dorfes leben vom Grenzverkehr, haben kleine Geschäfte eröffnet und verkaufen Sachen an die vielen Trucker die hier stundenlang an der Grenze warten müssen. Einige scheinen Bauern zu sein und halten Hühner und andere Tiere. Die Verwaltung des Waldschutzgebietes hat angeblich von der Siedlung gewusst und diese toleriert. Einige wenige der Dorfbewohner scheinen sogar Dokumente zu besitzen, die sie als rechtmäßige Besitzer ausweisen. Viele scheinen aber illegal hier zu siedeln, oft sind es illegale Einwanderer aus Nicaragua.

In Costa Rica scheinen aber aus illegalen Einwandern legale Bürger zu werden, wenn diese sich über Jahrzehnte im Land aufgehalten haben, eine komplizierte rechtliche Angelegenheit. Die, zumindest zum Teil illegale, Siedlung wurde direkt unter den Augen der Grenzpolizisten errichtet. Nie hat sich jemand über die Siedlung beschwert - bis jetzt. Gerüchten zu Folge soll hier eines dieser Mega-Projekte entstehen, die anderswo in Costa Rica schon zu Vertreibungen geführt haben. An der Grenze ist sicherlich viel Geld zu holen, die LKW-Schlange zieht sich mehrere Kilometer weit, da Penas Plancas an der Interamerikana liegt und es meinem Wissenstand nach der einzige richtige Grenzübergang nach Nicaragua ist.

Derzeit wird die Straße ausgebaut, das könnte ein Hinweis darauf sein, das die Gerüchte wahr sind. Das Dorf soll geräumt werden da es sich nach Ansicht der Regierung illegal im Waldschutzgebiet befindet. Mein Gastvater ist Anwalt und setzt sich für die Rechte dieser Menschen ein, die seiner Ansicht nach für ein Mega-Projekt vertrieben werden sollen. Der Förster in mir sagt mir aber, dass es sich bei diesen Siedlern um illegale Eindringlinge in ein Waldschutzgebiet handelt. Wäre es einfach nur eine illegale Siedlung, z.B. im Nationalpark oder einem Indigenen-Reservat, wäre ich den Polizisten nach erfolgter Räumung sogar meinen Dank schuldig. Da es aber die Gerüchte dieses Mega-Projektes gibt, welches hier offenbar gebaut werden soll und vielleicht mal wieder, wie es in Costa Rica scheinbar oft der Fall ist, Menschen für Touismus- oder Kommerz-Projekte aus dem weg geräumt werden, weiß ich nicht was ich von diesem Fall halten soll.

Würde einfach nur die Siedlung geräumt und wieder Wald angepflanzt, wäre das für mich eine erstrebenswerte Lösung. Wäre zwar schade für die Kinder, die hier, vielleicht ohne es zu Wissen, illegal aufgewachsen sind und schon wieder selber Kinder haben, aber illegal ist nun mal illegal. Aber die Situation ist vermutlich komplizierter ... angeblich existierte dieses Dorf sogar schon bevor das Waldschutzgebiet überhaupt gegründet wurde.

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3 Kommentare

Kommentar von: petra [Besucher]

hi maurice, das klingt ja wirklich spannend! das penas blancas auf der nicaraguanischen seite ist aber legal oder? und was für eine art von projekt ist es denn, was dort realisiert werden soll?
viele grüße, petra

Kommentar von: ana [Besucher]

“illegal ist nun mal illegal”

obwohl…
“In Costa Rica scheinen aber aus illegalen Einwandern legale Bürger zu werden, wenn diese sich über Jahrzehnte im Land aufgehalten haben”

“angeblich existierte dieses Dorf sogar schon bevor das Waldschutzgebiet überhaupt gegründet wurde”

Illegalität beruht auf Konventionen, und die sind sogar veränderlich.

Literaturempfehlungen:
Heinrich Mann: Der Untertan
Franz Kafka: Der Process

Erhellende Lektüre wünscht,
Ana

Kommentar von: Maurice [Besucher]

Hi Petra,
Danke für deinen Kommentar, und sorry für die späte Antwort, ich bekomme leider keine Nachricht wenn ich einen Kommentar zu einem Blog habe. Vielleicht könnte man hier mal eine Direkt-Verlinkung zu meiner Email-Adresse einbauen. Das Mega-Projekt das dort angeblich realisiert werden soll, soll aus Hotelkomplexen und natürlich Fastfood usw. bestehen. Die LKW-Fahrer stehen hier meist kilometerweit und stunden- vielleicht sogar tagelang im Stau, weil der Grenzübergang sehr klein ist. Diese werden natürlich als willkommene Einnahmequelle gesehen.
Das Penas Blancas auf der Seite Nicaraguas ist vollkommen legal. Jeder Tourist der nach Nicaragua einreist “darf” diese Stadt mit einem Dollar unterstützen.

@ Ana
“Der Untertan” kenn ich sehr gut. Das hat meine Entscheidungsfindung in der Sache aber leider auch nicht einfacher gemacht. Es geht hier zwar auch um legal oder illegal, aber für mich in erster Linie um Mensch oder Wald. Ist eine Entscheidung die sicher nicht jedem einfach fallen würde, auch nicht nach gelesenen Lektüren.


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