Unser Dorf soll schöner werden!

von manali_12  

Hier in San Ramón, dem Stadtteil von Río Claro, in dem ich seit über einem Jahr lebe, gibt es, wie in den meisten ländlichen Gegenden Costa Ricas wenig Bewusstsein über den Umgang mit Müll und der Umwelt.

Die örtliche Müllabfuhr fährt nicht alle Straßen des Dorfs an und vielerorts kann man seinen Haushaltsmüll daher nicht in seinem „Müllkorb“ vor dem eigenen Haus ablegen, sondern muss ihn einige Meter weit an die nächste Ecke tragen – möglichst nicht zu früh. (Wegen der hungrigen Hunde, die die Platiktüten gern zerfetzen und den Müll im näheren Umkreis verteilen, sobald sie etwas Leckeres darin vermuten.) Und nicht zu spät. (Denn dann ist die Müllabfuhr weg und der Müll, der eine Woche liegen bleibt, fällt nicht nur den Hunden zum Opfer, sondern wird anschließend auch noch von den strömenden Regengüssen durch die Straßen geschwemmt. Mit etwas Glück reicht es also nicht aus, sein eigenes Grundstück nicht zu verschmutzen, weil man durch die abfließenden Regenmassen regelmäßig mit Müll von den Nachbargundstücken versorgt wird.)

Öffentliche Mülleimer existieren kaum, und so bleibt nach einem Sonntagnachmittag auf und um den Fußballplatz alles liegen, was die kickbegeisterte Bevölkerung mitgebracht hat, um sich den Nachmittag über zu versorgen: Platikteller und -löffel, Getränkeflaschen und Dosen, etc. Wenn es nicht verbrannt wird, denn auch dazu wird der Fußballplatz auch gerne genutzt – wer möchte den giftigen Qualm schon gerne neben seinem Haus aufsteigen sehen und seinen eigenen Grund mit festgeschmolzener Plastikmasse verunstalten? In aller Unverschämtheit werden nicht mehr brauchbare Plastikmöbel an einen der Schatten spendenden Bäume gelehnt und am helllichten Tag angezündet.

In einem konkreten Fall, den ich vor einiger Zeit beobachtete, und die in aller Öffentlichkeit agierenden Übeltäter auf ihr Verhalten ansprach, zeigten sie keinerlei Schuldbewusstsein oder Einsehen in die negativen Konsequenzen ihres Handelns. Ein anderes reales Beispiel ist der Fall einer jungen Frau, der auf der Straße ein Kugelschreiber HERUNTERFIEL, „Du hast einen Stift verloren!“ rief man ihr hinterher, und die Antwort lautete: „Der geht nicht mehr.“ In diesem Fall war ausnahmsweise sogar einer der wenigen öffentlichen Mülleimer der Stadt in wenigen Metern Entfernung ZUM GREIFEN NAH... Aber wo ein flächendeckendes Angebot an Müllentsorgungsbehältern nicht die Regel ist, gewöhnen sich die Menschen auch kaum daran, die wenigen vorhandenen Ausnahmen zu nutzen.

Was nicht mehr gebraucht aber auch nicht verbrannt wird, landet oft auf der Straße oder im Graben, oder eben im Fluss. Da verrottet es dann fröhlich vor sich hin und verpestet seine Umgebung. In Kooperation mit der Umweltinitiative der staatlichen Fernuniversität UNED haben die Kinder der seit etwa 10 Jahren aktiven örtlichen Umweltgruppe CAPA Schilder entworfen und hergestellt. Die Botschaften auf den Schildern fordern zu Umweltbewusstsein auf und sprechen sich gegen die Verschmutzung eben dieser aus.

An diesem Samstag Morgen wurden die Schilder im Ort aufgestellt. Typisch costaricanisch trommelte die Leiterin der Kindergruppe etwa 20 Minuten vor Acht also ein paar Leute zusammen, um Acht sollte es vorm Gemeindehaus, wo die Schilder gelagert waren, losgehen. Da ich die Vortage erkältet verbracht und für den Samstag nicht mit Arbeit gerechnet hatte, war ich gerade erst aufgestanden. Schnell brühte ich einen Kaffee auf und schlang etwas Pinto herunter, kam gegen zehn nach Acht am Gemeindehaus an und: Ganz untypisch costaricanisch waren die Freiwilligen, mit mir gerechnet eine Gruppe aus drei Männern, vier Frauen und etwa fünf Kindern schon dabei, sich mit einem Handkarren, Schaufeln und dem ersten Schild auf den Weg zum Bach zu machen: „No contaminemos nuestra quebrada“ - „Wir wollen unseren Bach nicht verschmutzen.“

Ganz unbürokratisch wurde am Straßenrand, das heißt, auf öffentlichem Raum, einfach begonnen, zwei Löcher zu graben, um die etwa 2,20m hohen Pfosten für die aus Holz gestalteten Schilder darin zu versenken. Zwei weitere Schilder wurden an diesem Tag auf die gleiche Art und Weise im Dorf aufgestellt und zum Schutz vor Randalierern mit Zement im Boden befestigt. Natürlich nur von den Männern. Denn während die Leiterin der Umweltgruppe die Aktion koordinierte und die zwei jungen Frauen, die die Schilder gemalt hatten, Fotos schossen, sich im Schatten sitzend über die Hitze beschwerten oder Wasser tranken, fiel ich mal wieder aus meiner Geschlechterrolle, mischte mich unter die Männer und grub mit, bevor ich gegen 14h verschwitzt, erschöpft und sonnenverbrannt, zu einem wohlverdienten Mittagessen kam.

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3 Kommentare

Kommentar von: Sarah [Besucher]

Da bin ich ja mal gespannt, ob die Schilder tatsächlich eine Wirkung haben. Zumindest vllt schon so weit, dass den Leuten klar wird, dass es nicht ganz normal ist, seinen Müll einfach auf den Boden zu werfen.
Vllt könnte man da ja auch mal eine Aktion starten, dass man Müll- und Abfalwirtschaftslämter anschreibt und sie um “Mülleimerspenden” bittet.

Kommentar von: Magda [Besucher]

ist ja toll, wenn sich da wenigstens ein paar Leute einsetzten.^^ Hoffentlich hilfts bisschen was

Kommentar von: manali [Besucher]

Es ist tatsächlich ziemlich schwierig, das Problem anzugehen. Es kann eigentlich nur in Kombination mit verschiedenen Akteuren gelöst werden - Denn Mülleimer, die ungenutzt in der Gegend rumstehen, oder nicht geleert werden, sind wenig sinnvoll.
Man muss also auf drei Ebenen gleichzeitig ansetzen:
1) flächendeckendes Mülleimerangebot schaffen
2) Entsorgung: der hineingeworfene Müll muss regelmäßig (und fachgerecht…) von der Müllabfuhr entsorgt werden.
3) Bildungsarbeit zur Müllentsorgung: den Menschen beibringen, die Mülleimer auch zu nutzen.

Was den letzten Punkt betrifft, so hat zumindest das Schild am Fußballplaz („Lasst es uns den Erwachsenen beibringen: Nicht verschmutzen.“) schon für empörte Reaktionen der (erwachsenen) Anwohner gesorgt - es seien die Kinder und Jugendlichen, nicht die Erwachsenen, die den Müll hinterlassen würden, behaupten die Anwohner. Möglicherweise allerdings haben sie dieses unverantwortliche Verhalten von ihrer Elterngeneration übernommen?


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