Bauwut

von 13 fabian  


Halterung für Gummistiefel und Werkzeug

Die Menschen haben in den letzten Jahrhunderten die entferntesten Winkel der Erde bereist, kartiert, ausgebeutet oder unter Naturschutz gestellt. Mit einer schier unaufhaltbaren Bauwut haben sie Hotelkomplexe am noch so entlegensten Strand errichtet und Basislager auf jedem noch so unbezwingbaren Berg. Doch darum soll es hier nicht gehen. In diesem kleinen Bericht geht es um die "Bauwut", die mich gepackt hat, nachdem ich in meiner Einsatzstelle angekommen bin, auf der Finca von Fedeagua, auf der ich jetzt lebe.

Bauwut, das klingt nach großen Maschinen, nach viel Lärm und Schmutz. Nach "echten Männern". Die Realität hier schaut etwas anders aus. Es geht eher darum, mit dem Material, das sich irgendwo auf der Finca finden lässt, etwas halbwegs Brauchbares und Dauerhaftes zu "bauen" (bzw. zusammenzuschustern). Die größten Maschinen sind Flex (zum Schleifen) und Handkreissäge. Lärm machen sie auf jeden Fall. Schmutz gibt es jedoch kaum. Es wird größtenteils mit Holz gearbeitet, das anfallende Sägemehl wird für den Kompost verwendet oder unter die Erde von neuen Pflanzbeeten gemischt.

Die einzelnen Bestandteile einer Konstruktion darf man nie aus den Augen lassen oder man muss sie hoch genug lagern. Unser Hund Rumbo ist nämlich stets auf der Suche nach Spielzeug und verschleppt dieses am liebsten an Orte, an denen mensch sie NICHT finden kann. So musste schon das ein oder andere Teil neu zugesägt und in Handarbeit abgeschliffen werden, weil es plötzlich wie vom Erdboden (aka Rumbo) verschluckt war. (Natürlich musste NIE ein Teil neu gemacht werden, weil es etwa vom Erbauer zu unstabil oder unpassend hergestellt wurde!) Um dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen: die verschleppten Holzteile werden sich, verteilt auf der ganzen Finca, langsam zersetzen und Nährstoffe freisetzen. Rumbo trägt also dazu bei, dass sich die Bodenqualität unsere Finca verbessert! Ob er das bewusst macht oder nicht, entzieht sich allerdings unserem Wissen.

Nachdem endlich alle Teile fertiggestellt und so zusammengefügt wurden, dass sie nicht mehr auseinander fallen (wichtig!), kann das Produkt an den Ort seiner Bestimmung gebracht werden und seine Praxistauglichkeit beweisen. Meist stellt sich heraus, dass es nicht so einfach funktioniert, wie man es sich gedacht hat. Also zurück in die Montageabteilung, ausbessern, neuer Test. Die meisten Sachen funktionieren dann. Manchmal braucht es noch ein paar kleine Modifikationen vor Ort mit Nägeln, Hammer, Schnüren, Klebeband oder Gewalt. Oder mit allem. Dabei habe ich die wichtige Lektion gelernt, dass man sich den Einsatzort des zu bauenden Gegenstandes erst ganz genau anschauen und vor allem ausmessen sollte. Nichts ist ärgerlicher, als nach einem Vormittag harter Arbeit festzustellen, dass das Werkstück nie und nimmer an seinen Bestimmungsort passen kann...


Klobürstenhalter

Klopapierspender mit Vorratshalterung hinten

Das Werkstück, auf das ich vielleicht am meisten stolz bin, ist der Halter für die Klobürste. Das mag für den durchschnittlichen Deutschen verwunderlich klingen. Tatsache ist, dass es der erste Klobürstenhalter ist, den ich in Costa Rica gesehen habe. Bisher lagen die Klobürsten entweder auf dem Boden, standen in der Ecke oder es gab keine Klobürste. Auch ein Klopapierspender ist hier ein seltener Anblick, meist steht die Rolle hinter einem, auf dem Spülwasserbehälter. Man muss sich umständlich umdrehen oder blind hinter sich greifen, um die Rolle zu fassen zu bekommen. Vielleicht dient es aber auch als Rückengymnastik und man muss die Rolle rechtsherum nach vorne holen und linksherum wieder hinten abstellen. Jedenfalls habe ich mich für die Gemütlichkeit entschieden und einen Spender in angenehmer Position angebracht. Die Gymnastik kann man ja trotzdem machen.

Die Ergebnisse meines Werkens sind nun hier zu sehen. Wie man sieht, kann man ohne nennenswerte Erfahrungen im Bereich Handwerk oder Konstruktion doch etwas Brauchbares zustande bringen. Es ist wahrlich kein Hexenwerk. Die Kosten für Überwindung, Experimentierfreude und Zeitaufwand sind sicherlich höher als die Materialkosten. Das Werkzeug und ein paar Nägel kann man sich zur Not vom Nachbarn leihen. Aber das zufriedenstellende Gefühl, das selbst vollbrachte Werk dauerhaft (!) funktionstüchtig im Einsatz zu sehen, ist den Aufwand auf jeden Fall wert! Ich hoffe die Bilder inspirieren den ein oder anderen dazu, auch einmal etwas selbst zu bauen, anstatt Geld ins Maul des immer weiter wachsenden Konsum-Monsters zu werfen. Doch das Konsum-Monster ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.


Türknauf

Garderobe an der Tür

Schwebende Kleiderstange

Regal

Nachttisch

Wäscheständer

Bohnengerüst

















































































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2 Kommentare

Kommentar von: Magda [Besucher]

Respekt! Sieht ja alles ganz gut aus(besonders cool ist der Türknauf) Mein Problem hier in Deutschland ist leider: Woher das Holz nehmen? geht ja auch wieder zum Konsummonster…

Kommentar von: Sarah [Besucher]

Da kann man doch nur sagen “Bravo!” :) werde mir auf jeden Fall ein Beispiel nehmen und ab jetzt überlegen, ob ich mir wirklich etwas kaufen muss oder doch eher selber bauen kann. Obwohl in Deutschland die Verlockung natürlich sehr groß ist, einfach in den Supermarkt neben an zu gehen, v.a. weil es ja auch viel weniger Zeit kostet. Aber bei Sachen, die man nicht sofort braucht, ist es ja eine Überlegung wert!


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