[Wahl] Modedroge für Guanacaste

von 13 fabian  

Kurz vor den Wahlen ist bei uns nur noch eines wichtig: mehr Stoff. Von guter Qualität muss er sein, damit wir ihn leicht weiterverarbeiten und veredeln können. Minderwertiger Stoff führt zu Verzögerungen in der Produktion, zu einem minderwertigen Produkt und zu Unzufriedenheit bei unseren Abnehmern, die über die ganze Provinz (Bundesland) Guanacaste verteilt sind.

Alles Dinge, die wir tunlichst vermeiden müssen. Manchmal haben wir auf die Qualität der Rohware allerdings keinen Einfluss, da sie uns von externen Zulieferern besorgt wird. Normal kommt sie hier in unauffälliges schwarzes Plastik verpackt an, ca. 10 kg pro Paket.

Wenn neue Rohware ankommt, kann die Weiterverarbeitung starten. Die einzelnen Schritte kann ich hier aus naheliegenden Gründen nicht beschreiben. Die Lieferung wird zunächst in kleinere Einheiten unterteilt, je nachdem wie die Bestellungen aussehen. In einem weiteren Schritt wird das Produkt mit einem Schriftzug versehen, damit jeder weiß, woher es stammt. Außerdem garantiert unser Name die Qualität unserer Produkte. Zuletzt wird noch das äußere Erscheinungsbild ansprechend gestaltet, auch hier werden die Ansprüche in der heutigen Zeit immer höher. Am Ende werden die einzelnen Einheiten entsprechend den Bestellungen zu verschiedenen Paketen zusammengestellt und ausgeliefert oder direkt hier abgeholt.

In Häusern, an öffentlichen Orten, an Autos, überall kann man unsere Produkte mittlerweile finden. Die Menschen verstecken sie nicht mehr, sondern stellen sie mit Stolz zur Schau. Aber ob die ganzen Fahnen, T-Shirts, Aufkleber, Tassen und Plakate der Partei "Frente Amplio" nach den Wahlen noch lange zu sehen sein werden, das wissen wir nicht. Wir sind uns bewusst, dass wir eine "Modedroge" herstellen, die nicht mehr lange nachgefragt werden wird. Wie viele moderne Konsum- oder Modeartikel sind auch unsere Produkte nicht auf eine lange Lebenszeit ausgelegt. Im Moment jedoch scheint die "Sucht" nach unseren Produkten unstillbar und nur wenige Tage vor der Wahl produzieren wir fast rund um die Uhr auf Hochtouren. Zuschneiden, bedrucken, trocknen, nähen, abzählen. Alles muss koordiniert werden, auch Essen und Schlafen sollte eingeplant werden.

Auch wenn die letzte Zeit nicht sehr abwechslungsreich war, hielt sie doch einige überraschende und lehrreiche Erkenntnisse bereit. Viel wurde uns versprochen. So viel Stoff dann und dann, so viele Helfer und Nähmaschinen dann und dann, so viele Fahnen, die dann und dann fertig sein müssen und abgeholt werden. Auf all die Versprechen kann man sich nicht verlassen. Wenn man wirklich will, dass etwas zu einer bestimmten Zeit hier ist, muss man es selber holen. Und selbst dann hat man keine 100%ige Sicherheit. Sicherheit, ja, absolute Sicherheit, hat man erst, wenn der Stoff, die Helfer oder die Nähmaschinen wirklich da sind. Doch selbst dann kann man nicht wissen, ob der Stoff gut ist, ob die Helfer helfen oder die Nähmaschine funktioniert. So haben wir uns mittlerweile ein extrem hohes Maß an Toleranz gegenüber Faktoren zugelegt, die wir nicht selbst in der Hand haben. Und auch eine gesunde Portion Misstrauen gegenüber jeglichen Versprechen, die uns gemacht werden. Und zu guter Letzt kann ich jetzt mit einer Nähmaschine nähen und kenne mich ein bisschen mit dem Innenleben von Nähmaschinen aus, da immer wieder irgendwo etwas klemmt (vor allem bei dem älteren der beiden Modelle, das noch vollkommen mechanisch funktioniert).


Anwendung eines Produktes

Fertiges Produkt

Gestaltung des äußeren Erscheinungsbildes

Vor der Auslieferung
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1 Kommentar

Kommentar von: Magda [Besucher]

Fleißig fleißig! Ich hab auch mal nen Nähkurs gemacht, daher kenne ich den Schmerz, wenn z.b. der Unterfaden komplett verwurschtelt ist oder die Nähmaschiene mittendrin einfach mal komplett spinnt… Aber da hast du recht, einfach nicht aufregen, reparieren und weitermachen. Sonst schafft man es nie :)


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