[Wahl] Wie ich die Wahl erlebt habe…

von 13 corinna  

Nur die Woche, wo ich in einem abgelegeneren Dorf mitgeholfen habe, hatte ich das Gefühl, das zumindest manche Leute sich nicht wirklich für die Wahl interessieren. Aber kein Wunder, wenn man eher damit beschäftigt ist, dass man genügend Essen auf dem Tisch hat und auch abgelegener wohnend irgendwie mehr Distanz zu allgemein gesellschaftlichen Problemen hat.

Dass alle Costa-Ricaner sich nicht für die Wahl interessieren, kann ich aber nicht bestätigen. Ich habe sehr erfreut festgestellt, dass meine Familie tatsächlich informiert war, sie über die Kandidaten Bescheid wussten und sogar miteinander darüber diskutiert haben. Und auch schon vor der Wahl wurde gerne mal eine Sendung zum Thema im Fernsehen geschaut. Für meine Gastmutter stand schon Wochen vorher fest, wen sie wählt und sie wusste auch warum. Öfters habe ich auch Flaggen der jeweiligen Parteien an den Häusern gesehen und auch an Autos, für jeden sichtbar, was die Leute wählen werden.

Außerdem kamen im Fernsehen ständig irgendwelche Sendungen zum Thema, die bei mir in der Familie ja auch geschaut wurden. Auch gab es Wahl-Werbespots, wie man sie aus Deutschland kennt. Wobei mich bei den Werbespots teils doch sehr gewundert hat, dass manche Parteien sich darin schon fast darauf konzentriert haben, eine andere Partei schlecht zu machen. So wurde Frente Amplio und ihr Präsidentschafts-Kandidat schlecht gemacht und Maria Villalta als böser böser Kommunist dargestellt. Es gab aber guterweise auch Sendungen in denen diskutiert wurde, die ein wenig neutraler anmuteten. Bemerkenswert fand ich auch als ich auf mein costa-ricanisches Handy ein paar Tage vor der Wahl eine SMS bekam zur Erinnerung an die Wahlen und mit einer Nummer, über die man sich kostenlos über die Wahllokale informieren konnte.

Am Wahltag
Da es ein Sonntag war, hatte ich ein wenig länger geschlafen, wobei mir klar war, dass meine Familie sicher schon länger auf den Beinen ist. Als ich zum Frühstück gegangen bin, hab ich meine Gastmutter gefragt, ob sie schon Wählen waren. Die prompte Antwort war, nein, ABER nachher, wenn ihr Mann von der Arbeit kommt, fahren sie sofort wählen. Sie wusste auch, dass es nur bis 18 Uhr geht, nicht dass man noch nachher zu spät im Wahllokal auftaucht. Und es war aber auch gar keine Frage, dass sie auf jeden fall Wählen geht. Sie wusste ja auch schon, was sie wählt. Und erzählte auch direkt, wenn es zur Stichwahl kommt je nachdem zwischen welchen beiden Präsidentschafts-Kandidaten, wen sie dann wählen wird und erklärte auch gleich warum.

Man sah den Wahl-Tag lang auch noch vermehrt Autos mit Fahnen der Parteien vorbei düsen. Manche dann hupend und rufend. Und zumindest in meinem Dorf schien es doch sehr, dass jeder Bescheid weiß, dass Wahlen sind. Auch im Fernsehen gab es kaum eine andere Sendung.

Abends dann wurde auch sofort nach Ende der Wahlen das Ergebnis im Fernsehen verfolgt. Ein, zwei Stunden nach 18 Uhr waren die ersten Hochrechnungen für einige Gebiete schon bekannt und es wurde überlegt, wie das Ergebnis wohl aussehen könnte. Es war spannend zwischen drei Parteien. Und klar, dass wenn eine nicht mindestens 40 % erreicht, es nochmal eine Stichwahl zwischen den zwei stärksten geben würde. Da ich aber auch aus Deutschland schon bestens kannte, dass am Wahlabend das Endergebnis noch nicht feststehen wird, bin ich recht bald in mein Apartment zurück. Und höre da! Mein Nachbar hatte offenbar ebenfalls den Fernseher an und verfolgte die Wahlergebnisse. Wie ich hören konnte, diskutierte er sogar mit jemanden am Telefon darüber. Und dank lautem Fernseher konnte ich auch ständig die neuen Hochrechnungen mitbekommen. Bis es spät und ruhig wurde.

Nächster Morgen. Erste Frage des Tages.. UND? Wie schaut es mit den Ergebnissen aus? Leider nicht das erhoffte Ergebnis. Aber vor allem auch keine Partei mit den nötigen 40 % - von daher wird es, wie meine Gastmutter immer bestens informiert auch wusste, im April dann zu einer Stichwahl zwischen den beiden stärksten Parteien, Acción Ciudadana (PAC) und Liberación Nacional (PLN), kommen.

Nun da die Wahl schon ein paar Tage her ist, habe ich bisher nicht mehr viel davon gehört. Außer, dass es jetzt wohl Verhandlungen unter den Parteien gibt, ob nicht andere Parteien bei ihren Wählern sich stark machen, für eine der beiden Parteien, die in der Stichwahl sind. Das habe ich allerdings auch von meiner Freiwilligen-Kollegin, Miriam gehört. Gut, meine Gastmutter zumindest weiß ja auch schon, wen sie dann wählen wird. Jetzt heißt es den April abwarten.

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4 Kommentare

Kommentar von: Corinna [Besucher]  

kann mich direkt selbst nochmal korrigieren.. im Punkt,dass ich nix mehr gehört habe seit Tagen.. vorhin im Fernsehen war das Wahl-Ergebnis Thema.. und kurz nachdem ich diesen Blog abgeschickt habe, haben sich meine Gastmutter und mein Nachbar über die Wahlen unterhalten..

Kommentar von: Magda [Besucher]

Also ich habe gelesen, dass es eine Wahlbeteiligung von ca 50% gab. Bei der letzen Bundestagswahl hier waren es ungefähr 73%, aber das hängt ja nicht nur mit Interesselosigkeit zusammen. Manche Leute werden wohl auch wie du schon meintest andere Probleme haben, oder Probleme zu einem Wahllokal zu kommen…
Gibts in Costa Rica eigentlich auch Briefwahl?

Kommentar von: manali [Besucher]

Briefwahl gibt es hier in Costa Rica nicht, dafür aber: Transport am Wahltag per Bus oder “Sammeltaxi” zum Wahllokal - organisiert von den jeweiligen Parteien (!!!), die natürlich ein starkes Interesse darn haben, ihre Wähler zum Wahllokal zu schaffen, finanziert durch die Parteien heißt aber wohl auch, dass die Qualität und Quantität des Transports abhängig von den Finanzen der Parteien ist. Funktionierte hier an meinem Wohnort eher nur lokal oder regional beschränkt, (wobei mir gerüchteweise auch von größeren Parteien zu Ohren kam, dass sie Busfahrkarten hatten, um einige Wähler von Süd nach Nord quer durchs Land zu schaffen).

Aber eigentlich ist es auch nicht so schwer, auch ohne den Zwang durch Meldegesetz wie in Deutschland, sich bei einem Umzug oder im Vorfeld der Wahl einen neuen Personalausweis mit neuem, nahegelegenem Wahllokal ausstellen zu lassen, wenn man zum Wählen nicht weit fahren mag.

Kommentar von: Corinna [Besucher]  

wenn ich es mitbekommen habe, konnte man zumindest wohl auch als im Ausland-lebender Costaricaner über die jeweilige Botschaft wählen?!


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