Besuch bei "El Centro Verde", dem "Grünen Zentrum"

von 13 fabian  


Brasilianischer Spinat

Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr wollte ich nutzen, um ein Projekt kennenzulernen, das sich mit nachhaltiger, alternativer Lebensmittelproduktion beschäftigt. Nach einigen Internetrecherchen habe ich einige Projekte kontaktiert. Wegen der finanziellen und zeitlichen Einschränkung habe ich mich für "El Centro Verde" (Das Grüne Zentrum) entschieden, etwa zwei Stunden Busfahrt von meinem Wohnort entfernt.

Schon im Vorfeld hat mich der Chef des Zentrums, Tom (60 Jahre, ein US-Amerikaner, der seit 20 Jahren in Costa Rica arbeitet und lebt), informiert, dass in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr im nahegelegenen Dorf ein mehrtägiges Dorffest stattfindet. Außerdem wird in Costa Rica in dieser Zeit generell eher weniger gearbeitet oder Urlaub gemacht. Mit meinem Vorhaben bei der praktischen Arbeit zu helfen und dabei Neues zu lernen, passte das leider nicht ganz überein. Ich dachte mir jedoch "Besser als nichts." und ließ es mit Hoffnung auf einen Versuch ankommen. Schließlich kann man aus allen Erfahrungen lernen, es kommt nur auf die eigene Einstellung und die Bereitschaft, auch aus negativen Erfahrungen positive Erkenntnisse zu ziehen.


Curcuma Knollen: getrocknet und gemahlen macht es curry gelb.

Mittags kam ich beim "Grünen Zentrum" an und wurde herzlich von Reese, einem 32-jährigen Praktikanten aus den USA empfangen. Er zeigt mir die Räumlichkeiten und wollte mich auch gleich Tom, dem Chef, vorstellen. Dieser hielt jedoch, wie schon von Reese vorhergesagt, seine mittägliche Siesta (während der Trockenzeit eine der angenehmsten Möglichkeiten, die Mittagshitze zu überbrücken). Dann zeigte mir Reese das Gelände, ca. zwei Hektar ebene Fläche, die für Nahrungsmittelproduktion genutzt werden und noch einmal eine vergleichbar große Fläche am Hang mit Wald, im unteren Bereich ein wenig terrassiert und bepflanzt. Später am Tag habe ich dann noch zwei weitere Praktikanten kennengelernt, Christoph und Sarah aus Frankreich und England, beide um die 30. Die beiden sind einige Monate in Mittelamerika unterwegs, um sich einige Projekte anzusehen. Zurück in Frankreich wollen sie vielleicht selbst etwas starten, in Richtung Gärtnerei und Landwirtschaft. Auch den Chef lerne ich noch kennen, das erste Mal sehe ich ihn, als ich mit den anderen auf der Terrasse sitze. Als Reese ihn erblickt, sagt er "Er ist so witzig!". Einige Sekunden später weiß ich, was er meint: Tom taucht samt kurzer Hose, oben ohne, in einen Wassertank aus Beton. Meine fragenden Blicke werden sogleich beantwortet: das Wasser ist nur zur Bewässerung der Pflanzen, nicht für den Gebrauch in den Häusern. Kurz darauf lerne ich ihn auch persönlich kennen, er erzählt mir ein bisschen von seinem Projekt, ich erzähle von meiner Arbeit als Freiwilliger.

Am Abend geht es dann gemeinsam auf den ersten Abend des Dorffestes. Alles ist kunterbunt beleuchtet. Es gibt Essens- und Süßigkeitenstände, einige kleine Fahrgeschäfte, ein Riesenrad, eine Hüpfburg, ein großes Zelt mit Bar, Tischen und Tanzfläche. Ich fühle mich etwas wie auf einem Jahrmarkt, das Fest ist gut besucht. Der große Unterschied zu einem deutschen Jahrmarkt war jedoch die hölzerne Stierkampfarena, mit Zuschauerrängen außen herum. Am ersten Abend war der Eintritt frei. Es kamen nur junge Stiere zum Einsatz, vielleicht ein bis eineinhalb Jahre alt und etwa 1,30m bis 1,60m Schulterhöhe. Genauso jung und unerfahren wie die Stiere waren ihre "Reiter", ausschließlich männliche Jugendliche, etwa zwischen 13 und 18 Jahren alt, ausgestattet mit Helm und einer gepolsterten Weste. Als wenn das nicht schon genug gewesen wäre, war die Rodeo-Arena auch noch für das Publikum frei zugänglich. Männliche Abenteuerlustige zwischen zehn und 40 Jahren waren vertreten, die halbmutigen saßen auf den Holzbarrikaden um die Arena und traten den Stieren auf den Rücken, wenn sie außen im Kreis liefen und ängstlich nach einem Ausgang aus der Arena suchten, nachdem sie ihren Reiter meist recht schnell abgeworfen hatten. An den 30 bis 40 Hobby-Torreros zeigten sie nur selten Interesse. Nur wenige Mal kam es zu wirklich brenzligen Situationen, wobei etwa die Hälfte auf einem betrunkenen Mann entfielen, der zwei Mal kopfüber durch ein Fenster in der Barrikade direkt ins Erste-Hilfe-Zimmer geschoben wurde. Obwohl ein Stier recht grob über ihn hinweggetrampelt war, kehrte er jedes Mal wieder in die Arena zurück. Insgesamt gefiel mir das ganze Schauspiel nicht gut: die Tiere wurden nicht verletzt, doch fühlten sie sich sichtlich unwohl und ängstlich; die Torreros wollten wohl irgendjemandem oder sich selbst etwas beweisen und riskierten dabei ihre Gesundheit; die Zuschauer schienen nur darauf zu warten, dass etwas Spektakuläres (Körperkontakt zwischen Mensch und Tier) passiert, obwohl dies auf Kosten der Gesundheit der Torreros geht.


Pflanzbeete in leerem Teich. Vorne rechts Basilikum mit Stroh als Mulch.

Zum Glück hielt mein Besuch auch noch schönere Seiten bereit: am nächsten Morgen um acht Uhr ging es ab an den Strand, um die verhältnismäßig kühlen Morgenstunden für ein erfrischendes Bad im Meer zu nutzen. Außerdem konnte ich in den nächsten Tagen noch interessante Gespräche über (nachhaltige, alternative) Lebensmittelproduktion und Permakultur führen. Auch über Möglichkeiten, um mit der etwa sechsmonatigen Trockenzeit in Guanacaste besser zurechtzukommen, redete ich mit Tom. Darüber habe ich viel in einem Buch gelesen, das sich mit der "Ernte" von Wasser beschäftigt. Durch entsprechende Methoden oder Maßnahmen, können Gelände und Boden viel mehr Wasser speichern und so längere Trockenperioden besser überstehen. Außerdem kann dadurch Erosion durch abfließende Wassermassen verhindert und ein Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet werden. Das versickernde Wasser füllt zudem den Grundwasserspiegel vor Ort auf, dadurch kann die Verfügbarkeit von Trinkwasser verbessert werden (ansonsten würde es wahrscheinlich in die Kanalisation oder in einen Bach/Fluss fließen und aus der eigenen Region wegfließen).

Auf dem Gelände selbst wurde tatsächlich nicht so viel gearbeitet, die Hitze war auch ab zehn oder elf Uhr schon nicht mehr zum Arbeiten im Freien empfehlenswert. Mit Tom bin ich ein paar Mal über das Gelände gelaufen und er hat mir einige Sachen erklärt. Beispielsweise gab es ein Teichsystem, in dem jetzt in der Trockenzeit Beete angelegt wurden, weil die Becken komplett ausgetrocknet waren. In der Regenzeit sind sie ganz gefüllt und können zur Produktion von Wassertieren und Biomasse (Algen, Wasserpflanzen) benutzt werden. Nur leider müssen alle Nutzpflanzen bewässert werden, weil sie sonst die lange, heiße Zeit ohne Regen nicht überstehen. Es gibt auch viele (Koch-)Bananenpflanzen auf dem Gelände. Die jungen Sprösslinge werden auch verkauft, die Bananen mehr für den Eigenverbrauch genutzt. Außerdem gibt es eine Baumschule (Verkauf und Eigenbedarf) und es wird Kompost produziert, der auch verkauft wird.


Schlauch zur Tröpfenbewässerung.

Yuca (Maniok) als lebendes Gerüst für Bohnen.

Während den Tagen im Grünen Zentrum ist mir bewusst geworden, wie schwierig die Situation für die Produktion von Lebensmitteln in Guanacaste ist: im Winter (Regenzeit) regnet es fast jeden Tag einige Stunden stark; im Sommer (Trockenzeit) gibt es sechs Monate lang keinen nennenswerten Niederschlag. Man muss also im Winter einen Wasserüberschuss und im Sommer einen Wassermangel managen. Es ist sogar vergleichbar mit der Situation in Mittel-/Nordeuropa, wo ein Teil des Jahres (Winter) nicht für die Produktion genutzt werden kann (von beheizten Gewächshäusern einmal abgesehen). Für die Tiere hier muss also im Winter ein Überschuss an Futter für den Sommer produziert werden, wenn das Gras auf der Weide abgeweidet ist und erst wieder wächst, wenn der Regen einsetzt. Für die pflanzliche Produktion bedeutet es, dass man entweder genug Wasser zur Bewässerung speichern muss oder die Wasserversorgung stabil genug sein muss, wenn man auch im Sommer produzieren will. Falls beides nicht der Fall ist, ruht die pflanzliche Produktion. Einige Bäume (z.B. Mangos, Cashew, Orange, Sternfrucht, auch Bananen) produzieren im Sommer auch ohne Bewässerung. Im Winter müssen Pflanzen und Boden dann vor den starken Regenfällen und eventuellen Wasserfluten geschützt werden.

Trotz tropischem Klima also doch keine so paradiesischen Bedingungen für Gärtner und Landwirte hier in Guanacaste/Costa Rica!

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