Jeder wie er möchte, oder nicht?

von 18 lisa  


Maske in Rey Curré

Was passiert, wenn ich auf einmal jeden Tag mit Indischen Gewändern herumlaufe? Was würden meine Mitmenschen denken und noch viel wichtiger, was würden die Menschen sagen, die wirklich zu der Kultur gehören und sich damit identifizieren? Genauso mit den Ngöbe-Indigenen im Süden Costa Ricas.

Viele von ihnen tragen ihre traditionellen Kleider immer noch mit Stolz, wenn auch meistens nur zu Veranstaltungen. Wenige sind so konsequent wie meine Gastmutter und tragen sie in allen Lebenssituationen. Ich bin vor vier Monaten in meiner Einsatzstelle angekommen und war fasziniert von ihren Kleidern und den traditionellen Taschen die sie häkeln. Mir wurde auch gleich angeboten ein Kleid für mich zu nähen.


Doña Luisa geht meist auch barfuss

Das hat mich ins grübeln gebracht. Ich wusste, dass meine Vorfreiwilligen beide Kleider hatten und sie auch zu Veranstaltungen gerne trugen, doch es kam mir komisch vor. Ein Jahr in einer anderen Kultur leben und sich dann damit zu identifizieren und denken dass man dazugehört?

Ich habe noch viel darüber nachgedacht und konnte aber zu keinem Schluss kommen, bis ich mit zwei anderen Freiwilligen darüber redete. Es ging um Tattoos und welche Muster oder Abbildungen man sich stechen lassen könnte. Eine Maske der Brunca-Indigenen? Ist das dann aber nicht genauso wie mit den Kleidern? Ist man genug mit der Kultur verbunden, sodass man sich das erlauben kann? Ich hätte lange Zeit „Nein“ gesagt, doch wieso muss man sich denn verbunden fühlen? Kann man die Sachen nicht auch tragen, nur weil man sie schön findet? Respektiert man die Kultur nicht auch dadurch, dass man ihre Kleidung und Kunst schön findet und sie selbst am Körper tragen möchte?

Ich meine Dreadlocks, chinesische Schriftzeichen und Tortillas kommen auch aus anderen Kulturen und werden auf der ganzen Welt angewendet. Wann ist es ‚erlaubt‘ und wann überschreitet man ethische/kulturelle Grenzen?


Maske

In Deutschland würde ich behaupten, dass die Menschen sowieso viel individueller leben und keine große kulturelle Dazugehörigkeit verspüren, weswegen sie sich aus allen Kulturen etwas abschauen was sie schön finden. Doch ist das in Ordnung? Was würden wir denn denken, wenn wir eine Ngöbe-Indigene in Dirndl sehen?

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, da ich mich auch nicht unbedingt mit dem Dirndl identifiziere… aber ich habe mal ein paar Menschen aus dem Indigenendorf Rey Curré gefragt, die zu den Bruncas gehören. Hier findet jedes Jahr ein Festival statt, wofür sie wunderschöne Masken aus Holz anfertigen und sich damit verkleiden. Während der vier Tage, kämpfen sie gegen einen Stier (auch eine verkleidete Person) und zeigen den Kampf gegen die Spanier, die hier als Kolonisten ankamen und viele der Indigenen umgebracht haben.

Folgende Frage stellte ich ihnen:

Was denkst du, wenn du einen Touristen mit einem Tattoo von euren Masken siehst? Oder vielleicht mit einem Kleid der Ngöbe-indigenen?

Emanuel – es ist schon so dass er erst denkt, dass es komisch ist wenn er einen Fremden mit der typischen Maske der Diablitos sieht und doch eigentlich gar nicht zu seiner Gruppe gehört, doch im zweiten Moment ist es ok, weil jeder dass tragen darf was er mag.

Donna Freddy – „Wenn die Menschen wissen welche Geschichte dahintersteckt und sich damit auseinandergesetzt haben und es ihren Freunden erzählen können, ist es ok. Es ist doch irgendwie merkwürdig, da es zu meiner Kultur gehört. Ein sehr umstrittenes Thema“, sagt sie. „Mit einer Windrose ist es z.B. was anderes, da sie auf der ganzen Welt bekannt ist und jeder ihre Bedeutung kennt, doch dies ist anders bei den Masken.“


Einige Masken sind bunt bemalt.

Jaíme - „Es ist schön zu sehen, wenn Leute unsere Masken als Tattoo tragen, weil dann werden sie in die Welt herausgetragen. Doch sollte die Maske von einem Indigenen gemalt und am besten noch tätowiert werden, da sie jedes Detail kennen und wissen wie man sie traditionell herstellt. Niemand sollte die Masken weiterproduzieren und sie wegen des Geldes verkaufen ob in Holz oder auf der Haut, weil sie damit den Brunca-indigenen ihre Idee und ihre Arbeit wegnehmen würden.“

Ich finde es schön zu hören, dass die Befragten es nicht verabscheuen und sich sogar über das Interesse freuen, das Außenstehend mit dem Tragen zeigen.

Ich glaube mittlerweile finde ich den Gedanken auch gar nicht so abwegig ein Kleid der Ngöbe-indigenen zu tragen, weil sie schön sind, von ihnen hergestellt wurden und man sie mit dem Kauf unterstützt. Irgendwo darf ja auch jeder das anziehen was er möchte, jedoch ist es immer gut, ein wenig auf den zu Ursprung achten.

BlogNo:05

Noch kein Feedback


Formular wird geladen...