Ich wollte schon immer mal Polizist sein

von 19 lukas  

Es ist schon wieder diese magische Zeit im Jahr, Anfang Dezember, die Menschen sind in der Stadt, erledigen die letzten Aufgaben des Jahres, Vorfreude auf die Feiertage liegt in der Luft und der Wahlkampf beginnt in Costa Rica. Es werden Parteifahnen aufgehangen, Flyer verteilt und selbst der öffentlickeitsscheue Bürgermeister von Nicoya muss jetzt seine Volksnähe zeigen.

In diesem riesigen Chaos, das von Heuchelei und Lügen bestimmt wird, muss sich auch die Alianza por Nicoya (Allianz für Nicoya), ein Parteienbund aus den drei Parteien: Frente Amplio (Sozialisten), dem PAC ( Regierungspartei Costa Ricas, deren politische Ansichten vergleichbar sind mit der SPD in Deutschland ) und dem Partido Nicoyano ( lokale Splitterpartei, die linke Ansichten vertritt ) behaupten.

Da könnte man sich jetzt die Frage stellen, warum lässt sich die SPD Costa Ricas auf ein Bündnis mit den Sozialisten ein? Wie bereits geschrieben, Guanacaste ist das Bayern Costa Ricas, normalerweise wählen die Menschen hier Konservativ oder Liberal. Deshalb haben sich die links eingestellten Parteien zusammengetan um gemeinsam, mit einem Vorsitzenden bei den Wahlen anzutreten. Langer Rede gar kein Sinn, es war Wahlkampfauftakt und ich war dabei. Auch wenn es mir verboten ist, selbst Wahlkampf zu machen (ich darf nicht sagen "wählt die Allianz"), darf ich doch bei der Organisation mithelfen. Das mache ich sehr gerne und die Kameraden freuen sich wenn ein Gringo mithilft.


Ein kleiner Teil der wartenden Menge

Am Wahlkampfauftakt wurde eine Karawane ( ein Straßenumzug, der aus sechzig Autos bestand ) organisiert. Es gab dabei dann nur ein Problem: die Polizei hatte versprochen, den Verkehr zu managen - sie kam aber einfach nicht. Was sollten wir tun? Zweihundert Menschen hatten sich schon am Startpunkt versammelt und wurden immer ungeduldiger. Nach einer halben Stunde kam der Spitzenkandidat der Allianz auf mich und einen anderen Mann zu und sagte:,, Die Polizei kommt nicht mehr, könnt ihr euch um den Verkehr kümmern?" Da sagt man doch nicht Nein. Und so sind wir beiden dann immer vor der Karawane hergefahren und haben den Verkehr gemanagt.

Man hat natürlich Angst, denn wer hat schon mal den Verkehr an einer dreispurigen Kreuzung navigiert? Weder mein Begleiter noch nicht, bis dahin zumindest.

Während dieser Aktion haben sich einige meiner Vorurteile bestätigt. Zuerst: Auf die Polizei kann man sich in Costa Rica nicht verlassen. Des weiteren sind Taxifahrer Rambos. Und zu guter letzt, im Straßenverkehr von Costa Rica herrscht eine Mischung aus Anarchie und totalem Krieg.


Dafür hat's sich gelohnt: Kundgebung der Alianza nach der Karawane mit Suray (meiner Gastmutter und Kandidatin der Koalition) und Luis (Organisator der Karawane)

Und dieses Krisengebiet sollten wir dann kontrollieren. Überraschung: es hat (am Anfang) überhaupt nicht geklappt und aus der einen Karawane sind drei geworden. Später haben wir dann eine Kreuzung komplett gesperrt, dass sich die gesamte Karawane wieder sammeln konnte. Ab diesem Augenblick lief es dann wieder. Doch es gab einige brenzlige Situationen: So habe ich zum Beispiel einer Autofahrerin gezeigt, sie solle anhalten. Sie hat den Kopf geschüttelt und Gas gegeben. Einige Taxifahrer dachten auch, ihr Auto sei eine Bowlingkugel und wir die Kegel. Es ist übrigens ein ungutes Gefühl, wenn man dann von einer Motorhaube gerammt wird oder wenn für dich ein Hupenkonzert veranstaltet wird. Ich verstehe jetzt auch warum die Polizei nicht aufgetaucht ist. Zumindest ist alles gut gelaufen und die Veranstaltung war ein Erfolg. Außerdem weiß ich jetzt, dass ich nicht Polizist werden will. Also eine Menge neuer Erfahrungen für einen Nachmittag.

In diesem Sinne

"Warum sollten wir eigentlich den Verkehr organisieren?"
"Ihr wart die einzigen Dummen, die nicht direkt Nein gesagt haben"

Erklärung von Luis (Organisator der Karawane), warum wir auserkoren waren, den Verkehr zu regeln.

BlogNo:13

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