Tierhaltung in Costa Rica - trittst du noch oder schlägst du schon?

von 14 alice

Gleich vorweg: Das wird jetzt ein ziemlich kritischer Artikel, deshalb will ich vorab sagen, dass man das natürlich nicht verallgemeinern kann. Ich möchte nur von meinen Erfahrungen hier auf dem Land berichten, und auch da gibt es Leute, die ihre Tiere gut behandeln. Aber es sind mir doch gleich große Unterschiede zwischen der Tierhaltung hier und in Deutschland aufgefallen.

Wir Deutschen neigen ja generell dazu, unsere kleinen Lieblinge zu verhätscheln, zu verwöhnen und pflegen und sie natürlich als vollwertiges Familienmitglied anzusehen. Als ich mit dieser Einstellung hier in die Gastfamilie gekommen bin und erfahren habe, dass diese eine Katze besitzen, war ich überglücklich (denn ich hatte tatsächlich am meisten Angst, meine Katzen zuhause zu vermissen). Nichtsahnend wollte ich sie streicheln und habe mich doch etwas gewundert, als sie vor Schreck weggelaufen ist. Das sind die Tiere hier nämlich nicht gewöhnt-dass sie jemand streichelt.

Ein Haustier besitzen bedeutet hier auf dem Land soviel wie: irgendeinem Tier (das meist nicht mal einen Namen hat) einmal am Tag Essensreste hinzuwerfen, vorzugsweise vor die Tür, denn Hunde dürfen zum Beispiel nicht ins Haus.

In Costa Rica gibt es haufenweise herrenlose Hunde und Katzen, die auf der Straße leben, sowohl auf dem Land als auch in den Städten. Und hier auf dem Land besitzt JEDER mindestens einen Hund oder eine Katze oder mehrere… oder mehrere von beidem. Ist ja auch kein Problem, man nimmt sich irgendwo einen Welpen mit, wenn dieser Glück hat, darf er vor der Tür schlafen und bekommt eben ab und zu Essensreste zugeworfen. Wenn er Pech hat, wird er an einer Kette (meist nicht länger als ein Meter) vor dem Haus oder Stall angebunden und nie wieder losgemacht. Als ich einmal versucht habe, mit so einem armen Hund der Nachbarn spazieren zu gehen, hat er mich vor Freude fast umgerissen, da er es schon nicht mehr gewöhnt war, zu rennen. Das Spazierengehen glich dann auch eher einem Marathon.

Katzen haben es da ein bisschen besser: Die Katze hier im Haus frisst alles, von Reis über Kartoffeln bis zu Kürbisschalen. Sie darf sogar mit ins Haus, ihr wird jedoch nicht weiter Beachtung geschenkt. Was vielleicht sogar manchmal besser für die Tiere ist, denn häufig werden sie sonst getreten, geschlagen oder mit Gegenständen beworfen.

Vögel sind ebenfalls beliebte Haustiere, die in viel zu kleinen Käfigen vor die Tür gehangen werden. (Und mit viel zu klein meine ich so klein, dass sie nicht einmal ihre Flügel ausstrecken können!)

Das Problem ist, dass hier keiner seine Tiere kastrieren lässt. Der Hund bekommt Junge, diese werden dann mit dem Auto einen Kilometer weiter ausgesetzt. So kommen einem hier auf den Wegen oftmals ganze wildlebende Hunderudel entgegen, vor denen ich schon manchmal Respekt habe. Aber die Tiere kastrieren zu lassen ist teuer und viel Aufwand, deshalb kümmert das die Leute hier wenig.

Der eigentliche Anlass, warum ich diesen Artikel schreiben wollte, ist jedoch folgender: Die letzten Wochen ist hier ein junger, streunender Hund herumgelaufen. Dieser sah gepflegt und relativ gut genährt aus, hat aber anscheinend niemandem gehört. Er hat am Anfang auch keinen gestört, da er sowohl brav gegenüber den Kindern als auch den anderen Hunden war. Nach ein paar Tagen hat er jedoch ein Huhn vom Nachbarn gerissen, da er wahrscheinlich Hunger hatte und der Nachbar seine Hühner immer frei auf der Straße herumlaufen lässt. Dieser Vorgang hat sich die Woche darauf wiederholt, so dass der Nachbar das auch mitbekommen hat. Zumindest nachdem ihn alle angerufen haben, um ihn vor dem Hund zu warnen. Ich wollte mit dem Nachbarn reden, dass er doch bitte seine Hühner einsperren soll, da sie auch öfter mal bei uns ins Haus kommen und meine Katze auch schon einmal ein Küken im Maul hatte (was wir ihm aber zum Glück wieder entreißen konnten). Und der arme Hund kann ja nichts dafür, wenn er Hunger und niemand ihn erzogen hat.

Als ich am nächsten Tag jedoch von der Arbeit nach Hause gekommen bin, hatte sich das Problem schon „erledigt“. Beziehungsweise, besser gesagt: man hatte das Problem erledigt! Und für alle war das vollkommen verständlich, dass man diesen Hund beseitigen muss.

Alle meine Versuche, mit ihnen darüber zu reden, sind kläglich gescheitert und wurden nur belächelt…“ist doch schließlich nur ein Hund!“ Ich verstehe bis heute nicht, warum der Mann seine Hühner nicht einzäunt (das macht man hier allgemein nicht, Tiere einzäunen…außer vielleicht Haustiere!). Es werden ja mit Sicherheit noch mehr streunende Tiere kommen und da sind so frei herumlaufende, dicke Hühner ein willkommenes Geschenk. Oder es könnte ein Auto eines der Hühner überfahren. Aber nein, lieber 2 Hühner und den Hund opfern, als einen Zaun zu bauen.

Auch haben sie daraufhin noch weitere schöne Geschichten zu ihren Haustieren erzählt, z.B. dass der Nachbar seine letzte Hündin leider umbringen musste, weil sie trächtig war. Das wäre nämlich schon der zweite Wurf gewesen (den ersten musste er ja schon aussetzen und darauf hatte er jetzt keine Lust mehr, natürlich verständlich!). Also warum nicht die eigene Hündin mit Welpen im Bauch töten? Ich verstehe es nicht!!!


Nutztiere werden aber zum Glück besser behandelt. Zumindest sind die Kühe hier, wo ich arbeite, rundum glücklich und zufrieden. Sie dürfen frei herumlaufen (und zwar wirklich frei, es gibt keinen Zaun und jeden morgen müssen sie erst mal mit dem Pferd gesucht werden), bekommen frisches Wasser, frisches Grünfutter und zusätzliches Kraftfutter und werden, wenn sie krank sind oder Wunden haben, auch bestens versorgt.

Jeder hält hier Tiere, auch wenn er überhaupt keine Tiere mag. Ich verstehe auch, dass sich Hunde super als Wachhunde für Haus und Ställe eignen, trotzdem sollte man ihnen genug Auslauf und Aufmerksamkeit schenken. Was mich vor allem erschreckt, sind die Kinder hier. Denn auch sie behandeln die Tiere kaum besser als die Erwachsenen, verscheuchen und schlagen sie. Dieses Verhalten schauen sie sich sicher von den Eltern ab, trotzdem habe ich die Hoffnung, hier vielleicht noch einmal mit den Kindern darüber reden zu können, da ihre Meinung noch nicht so gefestigt ist, wie die ihrer Eltern.

Denn obwohl diese hier auf dem Land alle streng katholisch sind, und ich sie immer davon zu überzeugen versuche, dass Tiere ebenfalls Geschöpfe Gottes sind und ein Recht auf Leben haben, scheinen sie das nicht weiter zu beachten. Ich komme mir oft etwas hilflos vor, denn ich würde hier gerne etwas verändern, weiß aber noch nicht so recht, wie. Alle Tiere zu adoptieren ist nämlich auch keine Lösung.


Doch damit habe ich schon angefangen und mir nach den ersten 2 Monaten, die ich in Costa Rica verbracht habe, eine kleine Katze vom Markt in San José mitgebracht. Der Kleine wird nach Strich und Faden verwöhnt und geliebt (auch von einigen Costa Ricanern, da er, ganz untypisch für die Tiere hier, nämlich zahm ist) und es fällt mir jetzt schon schwer, an den Abschied in 7 Monaten von ihm zu denken.

BlogNo:05

1 Kommentar

Kommentar von: Marit [Besucher]

Ja schon krass. Hier auf der Feria gibt es einen Stand “pet in love", hier können kleidungsstücke für Hunde und Katzen erworben werden. Hunde, die Kleidungsstücke tragen, werden in Deutschland ja eher schräg angeschaut bzw. die Besitzer. Emilia, die Besitzerin des Standes meinte, dass es einen starken Unterschied zwischen den Tieren auf dem Land und denen in der Stadt gibt. Während Hunde auf dem Land eher als Wachtiere und “Nutztiere” gelten, sind die Hunde, die in der Stadt gehalten werden, teil der Familie und werden betätschelt und verwöhnt. Aber die Mehrheit in Costa Rica behandelt die Tiere wahrscheinlich schon eher so wie du es beschreibst.


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