Ernährungsethik – Was is(s)t etisch?

von 15 eike  

Ich muss sagen, dass ich mich mit dieser Frage selbst noch nicht so wirklich konfrontiert habe, bis mich letztens eine Situation hier in Costa Rica zum Nachdenken darüber brachte. Nach meiner Ankunft in San José kaufte ich mir in einem kleinen Örtchen eine Banane, um meinen von Flugzeugfraß geschädigten Magen zu befriedigen. Diese Banane sollte 30 Colones kosten. Um zu bezahlen suchte ich in meiner Bauchtasche zwischen Scheinen und Hartgeld nach irgendeiner Münze die der Zahl nahe kam.

Schließlich fand ich eine 25 Colones–Münze und als ich diese in meiner Hand hielt, nahm sich der Verkäufer diese und zeigte mir mit einer Geste dass das genügt. Ich bedankte mich bei ihm, nahm stolz meinen ersten Einkauf in die Hand und ging aus diesen kleinen Markt raus, wo die anderen Freiwilligen auf mich warteten. Auf diesem Weg rechnete ich den Preis der Banane auf Euro um und kam erstaunlicherweise auf circa 5 Cent. Stolz über meinen Schnapper berichtete ich meinen Mitfreiwilligen über diesen unglaublichen Tiefpreis und meinte aus Spaß, dass ich mich bei dem Preis wohl das ganze Jahr von Bananen ernähren würde. Daraufhin kam von einer Freiwilligen ein etwas entsetzter Blick mit der Aussage „Eike, aber denke doch mal an die Bananenplantagen“.

Ich kam ins Grübeln. Innerlich wollte ich mich rechtfertigen für meine Aussage „In Costa Rica gibt es doch bestimmt kaum oder keine Alternative!“, „Woher will sie wissen, ob Bananenplantagen = schlecht sind?“ und „Wenn Bananenplantagen=schlecht sind, dann kann ich bestimmt sowieso nichts dazu beitragen!“. Ich verdrängte meine Gedanken zunächst und wir gingen weiter. Trotzdem fielen mir meine Gedanken abends wieder ein und beschäftigten mich.

Ich begann mich an eine Dokumentation zu erinnern. Die Verhältnisse der Plantagenarbeiter in dieser Dokumentation ließen sehr zu wünschen übrig. Zuerst erklärte ein Plantagenarbeiter, dass er fürs Überleben circa 400$ bräuchte, für das Schulgeld der Kinder, die Verpflegung und die Miete. Leider verdiente er gerade mal 230$ pro Monat, obwohl der Mindestlohn bei 290$ pro Monat lag. Dies funktioniert, weil die Unternehmen keine Arbeiter fest mit Arbeitsverträgen anstellt, sondern nur Tagelöhner arbeiten lässt. So kann ein Arbeiter beispielsweise schon 10 Jahre für eine Plantage arbeiten, bekommt aber immer noch den gleichen Lohn wie gerade eingestellte Arbeiter.

Die Spritzmittel, die verwendet werden, sind stark giftig, viel eingesetzt und sind in der EU oft verboten zu nutzen. Paradoxerweise werden diese trotzdem in Deutschland hergestellt. Um Zeit und Arbeiter zu sparen, werden diese Spritzmittel mit Flugzeugen auf den Plantagen versprüht, was eigentlich verboten ist - aber trotzdem passierte ständig, dass während die Plantage bespritzt wurde, die Arbeiter auf den Plantagen arbeiten mussten. Die Arbeiter sind nicht darüber aufgeklärt, dass diese stark gesundheitsschädigend sind und schwere Krankheiten verursachen können. Aber nicht nur die Arbeiter, sondern auch Familienhäuser oder Schulen liegen innerhalb dieser Plantagen. Da es für die Unternehmer zu aufwändig wäre über diese Häuser die Spritzmittel auszusparen, werden diese gleich mitbesprüht, was sich wiederum auch wieder auf die Gesundheit der Bewohner auswirkt.

Auch wenn das nicht schon belastend genug für die Anwohner ist, werden durch die Spritzmittel, die oft für die Bewohner essentiellen Gewässer, verseucht. Nachdem mir diese Erinnerungen mit Bildern wieder hochkamen, konnte ich den Kommentar der Mitfreiwilligen schon wieder verstehen.

Allerdings bleiben immer noch meine Fragen offen. Die erste ist: „Gibt es wirklich eine Alternative (für jeden)“. In Deutschland würde ich sagen „Ja klar, ich kaufe entweder Bioprodukte mit höheren Standards für Arbeiter und weniger Spritzmitteleinsatz oder eben ich kaufe regionale und andere Produkte aus Deutschland, denn die Standards sind hier um einiges höher. Aufgrund des Mindestlohns kann jeder Mitarbeiter eine gewisse Lebensgrundlage finanziert bekommen und der Gebrauch von Spritzmitteln wird rechtlich begrenzt und kontrolliert (Angaben ohne Gewähr, Schwarze Schafe gibt es immer!).

Allerdings bin ich gerade in Costa Rica und abgesehen von dem Eigenanbau kenne ich noch keine bessere Alternative. Aber sobald ich demnächst in eine Gastfamilie komme und in Supermärkte sehe, werde dieser Frage auf den Grund gehen können.

Die zweite Frage beantwortet sich fast schon mit der ersten: „Kann ich wirklich etwas dazu beitragen, wenn das nun so schlecht sein soll?“. Ich denke „Ja“, denn du kannst dein Einkaufsverhalten ändern und damit zeigen, dass du Wert auf eine nachhaltige und ethischere Landwirtschaft legst und dass du diese Riesenplantagen nicht unterstützen möchtest. Mit deinem Einkauf beziehst du gleichzeitig Stellung über deine Ansicht von Produktion und nun mal ehrlich, die 20 Cent mehr für ein Kilo Tomaten oder die Fahrradtour zum nächsten Bauern schadet uns allen nichts (Angaben ohne Gewähr).

Und nun auch noch ein Tipp von einem sehr weisen Mann den ich hier kennen lernen durfte „Sei kein Konsument, sei dir über dich und dein Handeln bewusst und lasse dich und dein Handeln nicht von dem System und der Wirtschaft bestimmen!“

Auch wenn dies eigentlich der Schluss dieses Blockeintrags ist, habe ich noch weitere Gedanken, die mir durch den Kopf gehen als ich über diese Dokumentation nachgedacht habe, die ich jetzt einfach noch einmal niederschreiben möchte, denn ich habe mich schon öfter diese Frage gestellt: „Kann ich dieser Dokumentation wirklich meinen vollen Glauben schenken oder ist mit geschickter Formulierung vielleicht gerade mal ein schwarzes Schaf dokumentiert und dramatisiert worden?“ Auf diese Frage habe ich leider keine Antwort für euch. Ich schätze, man sollte immer kritisch bleiben und seinen Glauben oft nur mit Vorsicht verschenken.

Quelle: Film „Der Preis der Bananen“

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