Riteve, der Tico-Tüv

von sven_10  

Man gewinnt in mittelamerikanischen Ländern den Eindruck, auf Fahrsicherheit und Verkehrsregeln wird nicht viel gegeben. Ich sah 14-jährige Jungs auf Motorrädern - natürlich ohne Helm - die ihre Mütter zum Einkaufen fuhren. Oder schrottreife Laster, die die Campesinos (Farmer) in ihren Dörfern mit Gemüse beliefern. Ebenso knattern regelmäßig Quad- und Motorcrossfahrer durch unser Dorf und gehen meistens an der Bar noch ein paar Bier trinken. Doch dies spielt sich alles abseits der geteerten Straßen ab. Hier trifft man selten Polizisten, die sich für die Fahrtauglichkeit von Vehikeln oder deren Fahrer interessieren.

Auf den Careteras (ähnlich unseren Bundesstraßen) wird hingegen viel kontrolliert. Ständig sehe ich die Policia Transito Wagen anhalten und überprüfen. Auch Touristen werden gestoppt. Gefragt wird nach Führerschein, Mautplakette und Straßenzulassung durch die (oder den) Riteve. Das ist das costaricanische Pendant zu unserem Tüv. Die ganze Prozedur verläuft ähnlich wie in Deutschland, es wird auch deutsche Prüftechnik eingesetzt. Allerdings ist die Haupuntersuchung jedes Jahr fällig. Die Kosten für eine normale Untersuchung mit Abgastest, technischer Überprüfung (Lichter, Gurte, Fahrwerk, Bremsen) und dem Zertifikat zur Straßentauglichkeit liegen bei etwa 30 $. Als der Riteve 1998 eingeführt wurde, führte das erstmal zu spontanen Straßenblockaden und der damalige Präsident wurde zur Lockerung der Prüfkriterien gezwungen. Diese wurden jedoch in den folgenden Jahren schrittweise erhöht und haben nun deutsches Niveau.

Für unsere Baumpflanzaktionen sind motorisierte Fahrzeuge zum Betreten und Verlassen des Korridors, sowie zum Transport der Bäume unerlässlich. Arbofilia besitzt derzeit 2 eigene Fahrzeuge. Einen Landcruiser Baujahr 1977, und einen umgebauten Daihatsu. Ein Toyota Hilux kann ausgeliehen werden. Doch diese Autos, allesamt Nutzfahrzeuge mit Ladefläche, bedürfen ständiger Pflege und Wartung aufgrund der ungeteerten Kies- und Schlammstraßen, die in den Korridor führen.

Man fährt buchstäblich über Stock und Stein. Die Reifen, Federn und Bremsen werden strapaziert und unterliegen der Dauerbelastung. Daher ist der Termin bei der Riteve ein kritischer Zeitpunkt. Reparaturen, die bisher aufgeschoben wurden, sind nun fällig.

Miguel, der Chef von Arbofilia ist selbsterlernter Mechaniker und kümmert sich wahrhaft aufopferungsvoll um die Fahrzeuge, was jedoch leider nur im Motorraum sichtbar wird. So sieht der Motor des alten Landcruisers vorbildlich aus - kein einziger Schlauch leckt, der Motor glänzt - doch die Fahrerkabine ist ein Mülleimer und Ersatzteillager. Zusammen mit ihm sollte ich Kleinigkeiten an dem Auto reparieren. Ein Gurt war auszutauschen, ein paar Lichter auszuwechseln und die Bremsen nachzuziehen. Alles in allem nicht so schlimm dachte ich, doch ich hasse es Autos zu reparieren. Mein Bruder - KFZ-Mechatroniker - kann das bezeugen. Für die kleinste Reperatur muss man in den unerreichbaren Winkeln der Karosserie rumhantieren, selbst beim Glühbirnen oder Reifen wechseln wird man von oben bis unten dreckig...

So hatte ich das Pech 3 Tage mit Miguel an den Autos rumzuschrauben um schließlich morgens um 3 Uhr zum weit entfernten Riteve loszufahren. Da an den Bremsen noch einiges zu tun war, was ohne Hebebühne kaum möglich ist, mussten wir noch bei einer Werkstatt halten. 3 Mechaniker plagten sich über 6 Stunden mit dem maroden Bremssystem herum, doch das Ganze war überraschend günstig. So bezahlten wir nur rund 220 $ für die Arbeitszeit und neue Bremsbacken.

Während wir warteten, wechselten wir noch ein paar Glühbirnen und angerostete Kabel der Frontblinker aus. Doch all das half uns letztendlich nicht viel, da bei der Riteve andere gravierende Mängel festgestellt wurden, die man selbst als erfahrener Fahrer kaum bemerkt. So ist der Fahrzeugrahmen des Landcruisers verzogen, die vorderen Kugellager in schlechtem Zustand. Weitere Beanstandungen gab es bei den Abgaswerten. Sprich: nicht bestanden!

Das war erstmal sehr deprimierend. Also zurück in den Korridor um weiterzuschrauben. Auf der Fahrt zurück riss uns noch der Keilriemen, was aufgrund des Ausfalles der Kühlung schnell zum Kolbenfresser führen kann. Wieder auf der Straße fiel uns ein beißender Geruch von verbranntem Gummi auf. Die Mechaniker vom Vormittag hatten die Bremsen zu straff gezogen, was zu ständiger Reibung an den Felgen führte. Die Arbeiter der Tankstelle, an der wir dann die überhitzten Reifen "löschten" kriegten sich nicht mehr ein...

Glücklicherweise muss ich nicht mehr weiter mitschrauben, da ich die nächsten Tage beim Bäume pflanzen eingesetzt werde, doch es bleibt zu hoffen, dass der Landcruiser bald wieder läuft, da er die meisten Bäume transportieren kann. Die anderen Fahrzeuge fassen nur die Hälfte und der Datsun hat keinen 4x4 -Antrieb.

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