Geldneurosen, oder wie ich lernte, den Wohlstand zu lieben

von frank_10  

Die Welt geht unter! Schon wieder? Eigentlich tut sie das ständig, die menschliche Definition dazu ändert sich nur. Waren es früher göttliche Apokalypse oder Weltkriege sind es heute Atomkatastrophe und Finanzkrise. Und mittendrin Milliarden Suchende, die sich nach einem unbeschwerten Leben und unbeschränkter Freiheit sehnen.

Dabei kann es nebenbei schon mal passieren, dass wir in Rekordzeit die meisten natürlichen Ressourcen dieser Erde aufbrauchen und Millionen von anderen Lebewesen in nicht artgerechten Lebensumständen ausbeuten oder gar ausrotten. Frei nach dem Motto: Mach Dir der Erde untertan, der Mensch ist schließlich die Krönung der Schöpfung. Wozu gibt es schließlich Museen mit exotischen Viechern?

Seltsamerweise gibt es aber dennoch Deppen namens „ForestGuardians“ (wie mich und meine GenossInnen hier), die im Rahmen ihres weltwärts-Dienstes freiwillig seltene Bäume in den costaricanischen Boden pflanzen, den Plastikmüll aufsammeln und einen bewussteren und zukunftfähigeren Lebenswandel lehren. Dabei gibt es doch zu Hause leckeres Essen, weniger Stress, viel Urlaub und bei der Arbeit einen geregelten 8h-Tag mit zwei Tagen Wochenende anstatt Selbstaufopferung für eigene Überzeugungen.

Doch wie finanzieren wir Gutmenschen uns eigentlich? Investieren Firmen und Regierungen nicht lieber in tolle Entwicklungsprojekte statt in Treehugger? So ein Blue Motion Hybridfahrzeug rettet super das Klima oder ein riesiger Staudamm ist doch voll öko und liefert genug Strom für zigtausend Fernseher während ein tolles Badegebiet über dem bis dahin unnützen Naturreservat entsteht!

Nichtsdestotrotz entkommen wir „ForestGuardians“ und unsere Entsendeorganisation Pro REGENWALD nicht der unsichtBaren Hand des Kapitalismus: schließlich muss irgendwie das Essen sowie die lokale Bespaßung bezahlt werden. Funktionierende Selbstversorgung gibt es selbst bei den Indigenen hier nicht mehr, also kommt man oft nicht drumherum bei den costaricanischen WalMart-Ablegern zu unverschämt günstigen Preisen einzukaufen. Umweltschäden und Sozialabgaben wurden glücklicherweise vorher outgesourced.

In der Tat gibt es durch das „weltwärts“-Programm Unterstützung für uns Diener für eine bessere Zukunft. Leider reicht diese Unterstützung vorne und hinten nicht und wir sollen nun auch noch zur Mitfinanzierung unserer eigenen Arbeit beitragen. Der deutsche Almosenfond, der bisher nicht in Banken- und €urorettung geflossen ist, kann sich derzeit nicht leisten, den freiwilligen und hochmotivierten Arbeitseinsatz junger (oder auch älterer Menschen) gänzlich abzusichern. Etwas Moral gönnt man sich bei all den bö(r)sen-orientierten Sachzwängen zwar - aber halt zuwenig um wirklich zu überleben.

Beim Fundraising für den deshalb obligatorischen Eigenanteil stößt der gemeine Umweltschützer allerdings schnell auf Barrieren der Kommunikation oder selbstregulierenden Realität. Wie soll man einen nur halbbezahlten Leiharbeiter anschnorren, dessen Arbeitgeber sich im Konkurrenzkampf mit lohndumpenden Billigproduzenten in China und Indien sieht? Oder die Eltern, die einen das ganze Leben lang schon mit durchgefüttert haben und einen längst auch in der finanziellen Unabhängigkeit sehen wollen?

Komischerweise gibt es trotzdem alleinerziehende Mütter, arme Rentner oder Selbstständige, die spenden oder selbst bei Anderen für Naturschutz werben. Ziemliche Masochisten? Oder Leute, die wissen, dass es ohne Dienst für die Zukunft/Gesellschaft/Erde nicht mehr lange gut gehen wird?

Doch wer weiß, eventuell wächst gerade eine neue Generation heran, welche weiser und entschlossener ist, die Probleme aller Menschen gemeinsam zu lösen und nicht gegeneinander anzugehen. Da ist so ein deutscher Atomausstieg nach 30-40 Jahren ein ganz seltener Lichtblick und sollte der gleiche persönliche wie politische Einsatz bei der weitaus schwierigeren Entwicklungsproblematik zustande kommen, ist unser aller Einsatz nicht umsonst gewesen.

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